Expedition 27

Mission der ISS-Expedition 27

Mit dem Ablegen von Sojus-TMA 01M begann am 16. März 2011 offiziell die zweimonatige Dauer der Langzeitbesatzung 27. Am Tag zuvor hatte die Besatzung ihr neustes Mitglied Robonaut 2, welcher mit dem PMM Leonardo angeliefert wurde, begrüßt. Robonaut 2 wurde aus seiner Transportbox befreit und nach einer ersten Inspektion auf einem festen Sockel im Destiny-Modul arretiert. Von seinem Betrieb erhoffen sich die Ingenieure am Boden Erkenntnisse zur Nutzbarkeit von R2 bei Schwerelosigkeit innerhalb der Station, aber auch weiterführend für Einsätze und Unterstützungsleistungen bei Außeneinsätzen.

ESA
JoKe beschleunigt die ISS.
(Bild: ESA)

Am 18. März 2011 erfolgte eine planmäßige Zündung von zwei Haupttriebwerken des europäischen Versorgungsraumschiffes ATV 2, welches den Namen des deutschen Astronomen und Mathematikers Johannes Kepler trägt. Dafür feuerten die ATV-OCS (Orbital Control System) genannten Einheiten 14 Minuten und 43 Sekunden und beschleunigten die ISS damit um 2,22 Meter pro Sekunde. Dabei erhöhte sich die durchschnittliche Umlaufbahn der ISS um 3,8 Kilometer auf 353,7 Kilometer. Die Aufrechterhaltung der geforderten Raumlage der ISS wurde mit den Triebwerken zur Lageregelung des russischen Swesda-Moduls und des Transporters Progress-M 09M gewährleistet.

Besatzungsmitglieder
v.l.: Ronald Garan, Paolo Nespoli, Alexander Samokutjajew, Catherine Coleman, Andrej Borissenko und Kommandant Dmitri Kondratjew
Bilder: NASA

In den nächsten Tagen beschäftigten sich die drei verbliebenen Raumfahrer unter anderem mit dem Fachtransfer zwischen den angekoppelten Versorgern und der ISS. Kommandant Dmitri Kondratjew entlud den russischen Frachter Progress-M 09M und befüllte ihn im Gegenzug mit Müll und nicht mehr benötigter Ausrüstung. Paolo Nespoli und Catherine Coleman be- und entluden das europäische ATV 2 „Johannes Kepler“ und den japanischen Versorger HTV 2 mit dem klangvollen Namen „Kounotori“. Zur gleichen Zeit vermeldete das Kontrollzentrum in Tsukuba die Wiederaufnahme der Überwachung des japanischen Stationsteils. Nach und nach konnten die Experimental-Racks im Kibo-Modul hochgefahren werden. Ebenfalls übernahm die japanische Missionsleitung die Führung zu den Prozeduren für HTV 2, welche dem Verlassen der ISS vorweg gehen. Es wurden finale Frachttransporte vorgenommen, Arbeitsabläufe mit Canadarm2 geprobt und das Verriegeln der Luken zum HTV 2 vorbereitet. Catherine Coleman machte sich mit der Installation eines REBR (Re-Entry Breakup Recorder) in HTV 2 und ATV 2 vertraut. Dieses zwei Kilogramm wiegende Gerät ist mit GPS, Temperatur- und Beschleunigungssensoren, einem Datenrekorder und einem Iridium-Modem ausgestattet und soll während des Wiedereintrittes der Raumfahrzeuge Daten zur Erde senden. Alle drei Besatzungsmitglieder unterzogen sich einer weiteren Vertiefung der Kenntnisse zu den Notfallprozeduren für das neue Stationsmodul Leonardo, das vor einigen Wochen während STS-133 angekoppelt wurde.

Flugingenieur Paolo Nespoli widmete sich der Hardware des ESA-Experimentes GeoFlow II, welche mit dem ATV 2 zu ISS geliefert wurde. Er baute sie im Fluid Science Lab (FSL) des Columbus-Moduls ein. Ziel der wissenschaftlichen Experimente unter Schwerelosigkeit ist es, in den nächsten Monaten Phänomene im Inneren der Erde zu untersuchen. Zum Einsatz kommt hier ein Minimodel der Erde, in dem die Schichten der Erde nachgebildet sind und den entsprechenden Temperaturverhältnissen ausgesetzt werden. Weiter kann bei dem Versuchsaufbau Schwerkraft und Erdrotation simuliert werden. Für eine neue Versuchsreihe richtete Paolo Nespoli die Apparatur zum Verdampfen (Boiling Experiment Facility = BXF) in der Handschuhbox MSG (Microgravity Science Glovebox) des Destiny-Moduls ein. Mit der BXF sollen Studien zu Wärmeleitung und Kondensationsprozessen unterstützt werden. Die dabei gewonnen Erkenntnisse könnten bei effizienteren Kühlsystemen neuer Raumfahrzeuge und anderen Anwendungen auf der Erde genutzt werden.

NASA
HTV 2 entfernt sich von der ISS
(Bild: NASA)

Am 28. März 2011 gegen 15:43 Uhr MESZ wurde HTV 2 mit dem Stationsarm vom erdzugewandten Kopplungsstutzen (Nadir) des Harmony-Moduls gelöst. Den Roboticarm aus kanadischer Herstellung kontrollierten Paolo Nespoli und Catherine Coleman, welche zuvor die Luken am HTV schlossen, die Stromverbindungen trennten, eine Thermal-Abdeckung installierten und die Dichtigkeitsprüfung durchführten. In einer zweistündigen Operation bewegten die beiden Raumfahrer von Cupola aus den mit Müll und nicht mehr benötigten Ausrüstungsgegenständen gefüllten Transporter in die Aussetzposition rund 10 Meter unterhalb der Station. Das GO zur Trennung von HTV 2 und dem Stationsarm wurde gegen 17:35 Uhr erteilt und so löste sich der japanische Versorger zehn Minuten später endgültig von der ISS. Kurz darauf entfernte er sich autonom, aber von Paolo Nespoli per Kontrollstation (Control Panel) verfolgt, von dem Orbitalkomplex. Nachdem das HTV 2 erfolgreich ausgesetzt worden, gab es einige Tätigkeiten der Nachbereitung. So fuhren Paolo Nespoli und Catherine Coleman die Systeme der Arbeitstationen des Stationsarms in Cupola und Destiny herunter, deinstallierten ein DCP-Kabel sowie die Foto- und Videoausrüstung. Erst am Tag darauf verstaute Catherine Coleman die Kommandokonsole des Transporters, da das japanische Kontrollzentrum in Tsukuba einen neuen Transponder während der Abreise von HTV 2 überprüfen wollte. Am 30. März 2011 vermeldete die japanische Weltraumorganisation JAXA den erfolgreichen und destruktiven Wiedereintritt von HTV 2 in die Erdatmosphäre. Nach 67 Tagen im All trat HTV 2 gegen 05:09 Uhr MESZ in 120 Kilometer Höhe über der Ostküste von Neuseeland in die oberen Schichten der Atmosphäre ein und alle nicht verglühten Teile gingen über dem südlichen Pazifik nieder.

Am gleichen Tag, nach den morgendlichen Planungskonferenzen mit der Bodenkontrolle, richtete Catherine Coleman eine erste Testreihe des NANOSKELETON-2-Experimentes im Kibo-Modul ein. Dieses in der Zellbiologie-Vorrichtung durchgeführte JAXA-Experiment dient der Erforschung des Einflusses der Schwerkraft auf den Ölfluss plus die Ablagerung und Verbindung von Kristallen in der Schwerelosigkeit. Dmitri Kondratjew betreute die beiden Experimente RUSALKA und RELAXATION. Ersteres dient der Ermittlung des Methan- und Kohlenstoffdioxidgehaltes der Erde aus der Ferne, wobei auch eine Kamera und verschiedene Geräte zum Einsatz kamen. Bei RELAXATION, womit man Strahlenmuster der Erdionosphäre beobachtet, werden mit einem UV-Spektrometer die chemolumineszenten Reaktionen im Xenon-Plasma studiert, welche von Zündungen zweier Plasma-Kontaktor-Elemente am Z1-Gittersegment herrühren.

ESA
Paolo Nespoli trainiert auf dem Fahrradergometer CEVIS in Destiny.
(Bild: ESA)

Am 30. März 2011 nahmen Paolo Nespoli und Catherine Coleman an einer Live-Schaltung zur Abschlussfeier der „Mission X: Trainieren wie ein Astronaut“ im Astronautenzentrum (EAC) in Köln teil. Bei dieser Mission, wobei ESA-Astronaut Paolo Nespoli als Botschafter fungierte, ging es darum, Kindern und Schülern die Themen Gesundheit, Wohlergehen und Ernährung näher zu bringen. Initiiert durch die ESA und mehrere nationale Raumfahrtbehörden haben Kinder aus neun Ländern ab Januar 2011 mehrere Wochen lang gesunde und aktive Lebensweisen erlernt. Gruppen von Schülern (8-12 Jahre alt) studierten Grundsätze vom gesunden Essen, übten wissenschaftliches Denken und Zusammenarbeit. Dazu sollten sie an Schulungen mit praktischer Ausbildung teilnehmen, um Kraft, Ausdauer, Koordination, Gleichgewicht und Raumbewusstsein zu trainieren. Bei all diesen Aktivitäten konkurrierten sie um Punkte mit anderen Gruppen und sollten sich von den Perspektiven der Raumfahrt leiten lassen. Beide Astronauten gratulierten 100 anwesenden deutschen Schülern, aber auch insgesamt 3.800 Kindern weltweit zu ihrem Erfolg. An dem Programm beteiligten sich auch andere Astronauten aus den USA, Japan und Europa mit persönlichen Erfahrungsberichten.

Am Morgen des 02. April 2011 musste die ISS wegen einer möglichen Gefährdung durch Weltraumschrott ein Ausweichmanöver durchführen. Seit mehreren Tagen beobachteten die Bodenstationen Trümmerstücke, welche aus der Kollision eines russischen Satelliten Kosmos 2.251 mit dem Iridium-33-Satelliten im Februar 2009 hervorgegangen sind und die Station in einer Entfernung von zehn Kilometern passieren könnten. Man entschloss sich, ein DAM (Debris Avoidance Maneuver) genanntes Manöver durchzuführen und informierte die Besatzung der ISS. Während der Schlafperiode der drei Raumfahrer wurden die Triebwerke von ATV 2 um 04:36 Uhr MESZ gezündet. Das Delta-v betrug dabei 0,5 Meter pro Sekunde, die Triebwerke des Swesda-Moduls übernahmen die Gier- und Nick-Kontrolle und Progress-M 09M sorgte für die Kontrolle des Rollens. Um Schwingen an der Station vor dem DAM zu vermeiden, wurde ein geplanter Effizienztest der russischen Solarpanele abgesagt.

NASA
Dmitri Kondratjew öffnet die Luke zu Sojus-TMA 21
(Bild: NASA)

Am 07. April 2011 in den frühen Morgenstunden unserer Zeit erreichte Sojus-TMA 21 mit dem Namen “Gagarin“ die Internationale Raumstation. An Bord befanden sich Sojus-Kommandant Alexander Samokutjajew, Andrei Borissenko und Ronald Garan. Sie gelangten zuvor nach rund zwei Tagen Anflug und mehreren Bahnkorrekturmanövern mit Sojus-TMA 21, im ISS-Flugplan auch 26S genannt, in Sichtweite der Station. Nach weiteren Flugmanövern umkreiste das bemannte Raumschiff den Orbitalkomplex bis es die Ausrichtung zum Kopplungsmanöver am russischen Kopplungs- und Schleusenmodul Poisk eingenommen hatte. Sojus-Kommandant Alexander Samokutjajew, unterstützt von seinen beiden Kollegen, kontrollierte fortlaufend die Endannäherung. Der von oben in Richtung Station ausgeführte Anflug mit anschließendem Kopplungsvorgang endete um 01:09 Uhr MESZ als die ISS gerade die chilenischen Anden überflog. Die feste Verbindung zwischen den Raumfahrzeugen konnte rund 20 Minuten später mit dem Schließen der Andockklammern am russischen Kopplungsadapter SSWP G4000 hergestellt werden. Die nun folgenden Prozeduren dienten der Dichtigkeitsprüfung zwischen Sojus und der ISS. Sie dauerten fast drei Stunden. Somit öffneten sich, nach einem positiven Ergebnis der Dichtigkeitsprüfung, die Luken zwischen den Raumfahrzeugen gegen 04:13 Uhr MESZ. Kurz darauf schwebten die drei Neuankömmlinge in ihr neues Zuhause und wurden dort von der Stammbesatzung herzlich begrüßt.

NASA-TV
Die vollständige Besatzung der ISS spricht aus Kibo mit der Bodenstation
(Bild: NASA-TV)

Kurz nach der Ankunft der drei neuen Mitglieder der Langzeitbesatzung 27 begannen diese auch gleich mit wichtigen Arbeiten. So hatten die beiden russischen Raumfahrer Andrej Borisjenko und Alexander Samokutjajew die Aufgabe, ihr Raumschiff „Gagarin“ zu sichern und in die ISS-Struktur einzubinden. Sie fuhren einige Systeme herunter und installierten externe Lüftung & Heizung. Ein geringer Frachtanteil der Sojus besteht aus zeitnah zu entladenden Gütern. So wurden umgehend nach der Ankunft ein neuer Satz für das Experiment BTKh-29 ZHENSHEN-2 (Ginseng-2) in das Poisk-Modul transportiert, ein neuer Aufbau des BTKh-42-STRUKTURA-Wissenschaftsexperiments (Struktur) entladen und ebenfalls in Poisk eingebaut und eine neue Lieferung für das Strahlungsmessexperiment Matroschka-R entnommen. Die Installation in dem korpusähnlichen System erfolgte sogleich durch die Besatzung. Hier möchte man die Belastung eines menschlichen Körpers durch Energie- und Teilchenstrahlung genauer ermitteln und deren Folgen besser abschätzen. Ronald Garan bereitete währenddessen die Schlafquartiere vor, er rüstete sie mit Schlafsäcken aus und brachte persönliche Fracht in die Kabinen.

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Die Besatzung mit einem Foto von Juri Gagarin

Die nächsten Tage standen ganz im Zeichen des „Tag der Raumfahrt“ zum 50. Jahrestag des ersten Menschen im All, Juri Gagarin. Die Besatzung bereitete etliche Pressetermine vor, da am 12. April einige Aufzeichnungen aber auch Live-Schaltungen zu den Feierlichkeiten in Russland, den USA und anderen Ländern geplant waren. Im Vorfeld gab es einen weiteren Höhepunkt, in Gedenken an Juri Gagarin und seinen Flug spielten Catherine Coleman und Ian Anderson, Gründer der Rockband Jethro Tull, ein gemeinsames Duett auf der Flöte. Die Hauptfeierlichkeiten zum „Tag der Raumfahrt“ fanden im Moskauer Kreml, der Stadt Koroljow nahe Moskau und vor Angehörigen des RKK Energija statt. Aber auch an anderen Orten der Welt wurde dieser Tag mit etlichen Events gefeiert. Amerika beging an diesem Tage ebenfalls ein Jubiläum, am 12. April 1981 startete das erste Space Shuttle Columbia mit John Young und Robert Crippen an Bord ins All.

Zum Anlass des „Tag der Raumfahrt“ aktivierten die russischen Besatzungsmitglieder den mit Progress-M 09M angelieferten Mikrosatelliten „Kedr“ innerhalb der ISS. In der Station wurde der Mikrosatellit mit einer 825M3-Orlan-Batterie betrieben, verwendete seinen 430-MHz-Sender und eine externe Antenne. Ursprünglich sollte dieser bei einem Außeneinsatz im Februar ins All entlassen werden und zum 50. Jahrestag des Erstfluges Juri Gagarins 1961 an die 25 Grußbotschaften in 15 Sprachen, etliche Fotos und wissenschaftliche Daten versenden. Dies geschah jetzt aus der Station heraus, „Kedr“ wird nun beim nächsten russischen Ausstieg im Juli seine eigentliche Mission beginnen. Grund für die Verschiebung des Aussetzens war eine unzureichende Batteriekapazität bis zum 12. April 2011.

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Paolo Nespoli und Ronald Garan arbeiten an ARED
(Bilder: NASA)

Nach diesem meist arbeitsfreien Feiertag stellte sich die Stammbesatzung wieder den ganz alltäglichen Dingen. So wurden an dem Universal-Trainingsgerät mit Namen ARED (Advanced Resistive Exercise Device) Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt, da das Gerät nach Problemen seit dem Wochenende außer Dienst gestellt war. Ebenso wurde wieder am Wasseraufbereitungssystem (WRS-2) im Rack 2 des Tranquility-Moduls gearbeitet. Catherine Coleman hat dabei eine mit dem ATV-2 angelieferte Filtereinheit ersetzt. Zuvor musste sie allerdings den Schmutzwassertank der Einheit mit einem Kompressor auf ein Niveau von 60 % auffüllen, um ein automatisches Entleeren in die Filtereinheit auszulösen und diese damit zu spülen. Dieser Vorgang wurde mehrmals wiederholt, die Toiletten- und Hygiene-Abteilung WHC (Waste & Hygiene Compartment) stand während dieser Zeit nicht zur Verfügung. Vorbereitend auf die STS-134-Mission der Endeavour wurde der Stationsarm Canadarm2 von der Bodenkontrolle mit dem Mobilen Transporter (MT) von der der Arbeitsseite 2 zur Arbeitsseite 7 bewegt. Um Vibrationen im Gittersegment zu vermeiden, waren die russischen Kontrolltriebwerke der Station bei diesem Vorgang deaktiviert. Weiter gingen die Astronauten zusammen mit der Bodenkontrolle die Liste der Frachttransfers während der STS-134-Mission durch. Sie sprachen ebenfalls mit drei Astronauten der Shuttle-Mission, Mike Fincke, Greg Chamitoff und Andrew Feustel, über deren Außeneinsätze und die dann anstehenden Prozeduren. Auf russischer Seite demontierten Andrej Borisjenko und Alexander Samokutjajew der Robotic-Arm des ROKVISS-Experiments (KONTUR), welcher bei einem russischen Außeneinsatz im November 2010 geborgen wurde. Dieser vom DLR entwickelte Arm dient der Erforschung und Entwicklung moderner Steuerungssoftware und Roboterkomponenten für den Einsatz im All. Jetzt wurde er, mit Unterstützung der Spezialisten am Boden, in Einzelteile zerlegt und für den Rücktransport zur Erde vorbereitet.

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Canadarm2 an der ISS

Am 19. April 2011 feiern die Betreiber der ISS, hauptsächlich die NASA und die kanadische Weltraumagentur CSA, eine Dekade fehlerfreien Betrieb des in Kanada hergestellten „Baukran der Station“. Seit nunmehr zehn Jahren ist der kanadische Roboterarm Canadarm2 an der Internationalen Raumstation im Einsatz. Seine erfolgreiche Nutzung und Größe ist bisher einmalig in der bemannten Raumfahrt. Konstruiert und gebaut wurde der Stationsroboterarm im Auftrag der CSA von dem Unternehmen MDA Space Missions. Er gelangte am 19. April 2001, während der STS-100-Mission mit der Endeavour, ins All und wurde an der ISS bei zwei Außeneinsätzen auf seine ersten Aufgaben vorbereitet. Zukünftig wird die Rolle des Stationsarms, nach dem Ende der Space-Shuttle-Flüge, eine etwas andere sein. Er wird seltener große Module bewegen und befestigen, eher werden seine Aufgaben in der Wartung der Station, Unterstützung bei Außeneinsätzen der ISS-Besatzung und Einfangen von Raumfahrzeugen bestehen. Der jetzige HTV-Versorger der JAXA und die zukünftigen Transportraumschiffe Dragon von Space Exploration Technologies (SpaceX) und Cygnus der Orbital Sciences Corporation (OSC) verfügen über keine automatischen Kopplungssysteme, sondern werden durch Canadarm2 eingefangen und angekoppelt. Alleine in dem Zeitraum Ende 2011 bis Anfang 2012 werden innerhalb von sieben Monaten sechs Raumfahrzeuge, beginnend mit Dragon geplant Oktober 2011, erwartet.

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Progress-M 09M beim Abflug von der ISS
(Bilder: NASA)

Am 23. April 2011 verließ der Frachter Progress-M 09M die Station, er war seit dem 30. Januar 2011 an der ISS angekoppelt. Das in der amerikanischen Zählweise Progress 41P genannte Raumfahrzeug brachte damals nach zweitägigem Flug 2,6 Tonnen Versorgungsgüter zur Internationalen Raumstation. Diese setzten sich zusammen aus 1.444 Kilogramm Trockenfracht (Ersatzteile, Lebensmittel, Ausrüstungsteile), 752 Kilogramm Treibstoff, 420 Kilogramm Wasser und 50 Kilogramm Sauerstoff. Darunter Experiment-Hardware für Foton-Gamma, Tipologija, SVCh-Radiometrie, Biodegradation und dem Minisatelliten Radioskaf-V oder auch „Kedr“. Das Kommando zum Lösen der festen Verbindungen am Kopplungs- und Ausstiegsmodul Pirs erfolgte drei Minuten vor dem Ablegen. Langsam entfernte sich das Raumschiff von der ISS. Die weitere Flugdauer in sicherer Entfernung von der Station betrug vier Tage. Dabei ist erneut das Experiment Radar-Progress zur Erforschung der Ionosphäre durchgeführt worden, bevor Progress-M 09M am 26. April 2011 planmäßig in der Erdatmosphäre verglüht ist.

Am 29. April 2011 um 16:28 Uhr MESZ erreichte ein neuer Raumfrachter die ISS und koppelte über der westlichen Mongolei am Kopplungs- und Ausstiegsmodul Pirs an. Progress-M 10M, in der ISS-Versorgung auch 42P genannt, hatte insgesamt mehr als 2,6 Tonnen trockene und flüssige Fracht an Bord. Diese teilte sich in 877 kg Treibstoff, 51 kg Sauerstoff, 420 kg Wasser sowie 1.297 kg feste Anteile auf. Unter diesen festen Frachtanteilen befanden sich 444 kg Ausrüstungsgüter für das amerikanische Segment. Spezielle Fracht waren diesmal Bakterien und Pilze, Samen von Zwergtomaten und Weizen sowie einige tierische Exemplare aus der Familie der Fruchtfliegen. Diese wurden im Swesda-Modul untergebracht und sollten einige Wochen später mit Sojus-TMA 20 zur Erde zurück kehren, um dort auf genetische Veränderungen untersucht zu werden. Die Bakterien und Pilze waren für ein Außenexperiment bestimmt. Sie wurden im Juli 2011 während eines Ausstieges zweier Kosmonauten an der Hülle der ISS befestigt, um ein Studium der Anpassung der Bakterien bei kosmischen Bedingungen durchzuführen. Als besondere Fracht für die sechs Mitglieder der Langzeitbesatzung 27 waren auch dieses Mal Geschenke und Sendungen von Familienangehörigen mit an Bord. Andrej Borisjenko, der am 17. April 47 Jahre alt wurde, kam so nun zu seinem verspäteten Geburtstagsgeschenk. Standardmäßig erhielten die Raumfahrer frisches Gemüse, Früchte, Gurken und Lieblingsdelikatessen. Zur Unterhaltung der Crew senden Psychologen regelmäßig DVDs und Bücher zur Station, mit dabei ein Buch der Brüder Arkadi und Boris Strugazki. Nachdem die festen Verbindungen zwischen den Raumfahrzeugen hergestellt wurden, folgte die Dichtigkeitsprüfung an dem Kopplungsstutzen. Nachdem diese erfolgreich war, konnten die Luken noch am gleichen Abend geöffnet und Progress-M 10M in die Stationsstruktur eingebunden werden. Dabei wurden seine Systeme deaktiviert, flexible Luftschläuche zur Belüftung und Heizung verlegt, Teile des Dockingmechanismus zur besseren Zugänglichkeit demontiert und eine schnell entfernbare Vorrichtung, welche den Dockingring versteifen soll, installiert. Die geplante Kopplungsdauer an der ISS soll fast sechs Monate betragen.

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Andreij Borisjenko arbeitet im Poisk-Modul an Coulomb Crystal

In der Woche darauf begannen die russischen Besatzungsmitglieder den in der letzten Woche eingetroffenen Raumfrachter Progress-M 10M zu entladen. Unter der Fracht befindet sich einiges an neuer Ausrüstung für russische Experimente wie Kaskade, Aseptik oder auch Tipologija. Alexander Samokutjajew begann auch gleich, mit Ersterem zu arbeiten. Kaskade untersucht die Anpassung von Mikroorganismen, Kleinsttieren und menschlichen Zellen in der Schwerelosigkeit. Dmitri Kondratjew hatte die Aufgabe, Fotos von dem Experiment zu machen. Unterstützend verwendete Andreij Borisjenko dabei Elemente der Aseptik-Prozeduren, um den Grad der Sterilisation der Kaskade-Handschuhbox zu bestimmen. Aseptik bewertet die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit von Methoden aseptische Bedingungen für biologische Experimente im All herzustellen. Andreij Borisjenko startete eine neue Serie des Coulomb-Crystal-Experimentes im Miniforschungsmodul Poisk. Hierbei geht es um die Erforschung der Dynamik und der strukturellen Eigenschaften eines Coulomb-Systems, welches mit aufgeladenen Makropartikeln in einem Magnetfeld entsteht. Bei Coulomb-Systemen handelt es sich um Strukturen nach dem physikalischen Gesetz, dass nach dem französischen Physiker Charles Augustin de Coulomb benannt wurde und die elektrostatischen Eigenschaften zwischen elektrisch aufgeladenen Partikeln erklärt. Das Coulombsche Gesetz bildete die Grundlage für die Elektrostatik.

Ronald Garan arbeitete im japanischen Kibo-Labormodul. Dort wechselte er einen Ethernet-Hub und einen Multiplexer des Data-Management-Systems aus. Weiter betreute er das japanische CsPINS-Experiment, wo das Wachstum von Gurkenkeimlingen und deren Anpassung an die Mikrogravitation erforscht wird. Paolo Nespoli beschäftigte sich mit dem ALTEA-Experiment im Destiny-Modul. ALTEA (Anomalous Long Term Effects on Astronauts) erforscht die Langzeiteinflüsse von Strahlung auf den Menschen. Dabei geht es dieses Mal um die Installation des ALTEA Shield isotropic equipment im Express Rack 8. Hierbei wird die vorhandene ALTEA-Hardware mitverwendet, um die Strahlung im US-Laboratorium in 3D zu erforschen. Weiter werden die Abschirmungseigenschaften von verschiedenen Materialien in Bezug auf die Wahrnehmung von anomalen Lichtblitzen getestet.

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Paolo Nespoli arbeitet mit ALTEA
(Bilder: NASA)

Der Abflug von ATV 2 „Johannes Kepler“ ist für den 20. Juni 2011 vorgesehen. Zuvor wird der europäische Transporter noch einige Bahnanpassungen des Obitalkomplexes durchführen, eine davon erfolgte am 5. Mai 2011 um 13:20 Uhr MESZ. Die Triebwerke von ATV 2 wurden für vier Minuten und drei Sekunden planmäßig gezündet. Die mittlere Umlaufbahn der Station erhöhte sich um 1,04 Kilometer auf 346,1 Kilometer. Das Bahnanhebungsmanöver diente der Erhaltung der Flughöhe und optimiert die Umlaufbahn für die Landung von Sojus-TMA 20 am 24. Mai 2011.

Für die Bewohner der ISS begann ihre 8. Woche der Langzeitbesatzung 27. Die russischen

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Alexander Samokutjajew arbeitet am Bioemulsion-Experiment

Besatzungsmitglieder Alexander Samokutjajew und Andreij Borisjenko betreuten das Bioemulsion-Experiment im Docking- und Schleusenmodul Pirs. Dabei werden in einem Handschuhkasten (Glovebox) die Biomasse von Mikroorganismen und biologisch aktiven Substanzen ermittelt. Wissenschaftler erhoffen sich von den Ergebnissen, auf der Erde schnellere Technologien zu entwickeln, um Mikroorganismen-Biomasse und biologisch aktive Substanzen zu erhalten. Im Vorfeld ihrer Rückkehr zur Erde mit Sojus-TMA 20 begannen Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman sich darauf vorzubereiten. Dafür verpackten sie Fracht und Gegenstände, welche in der Rückkehreinheit transportiert werden sollen. Das beinhaltete 13 amerikanische und rund 60 russische Artikel. Um sich körperlich auf die Rückkehr in die Erdschwere vorzubereiten, hatte Dmitri Kondratjew in dieser Woche seine zweite Trainingseinheit mit der Tschibis-Anzughose. Hier wirkt ein Unterdruck auf den unteren Teil des Körpers, um bei den Beinmuskeln die Wirkung der Schwerkraft zu simulieren.

Ronald Garan, Paolo Nespoli und Catherine Coleman befassten sich etliche Stunden mit Transfer und Verpackungsarbeiten. Es wurde im Leonardo-Modul aufgeräumt und zwei nicht mehr benötigte RFTAs (Recycle Filter Tank Assemblies) im ATV 2 verstaut. Dort angekommen, wurden etliche temporär in JoKe gestaute und nicht mehr benötigte Sachen verpackt und in dem Frachter entsprechend festgezurrt. Zwei Stunden ihrer Arbeitszeit verwendete Catherine Coleman im Destiny-Modul für den Umbau der MERLIN-2-Gerätschaft (Microgravity Experiment Research Locker/Incubator 2) vom Express-Rack 8 in das Express-Rack 6. Sie versetzte dann die Hardware, verband diese mit entsprechenden Verkabelungen, installierte Sensoren plus Antikondensationsbeutel und konfigurierte die Schalter von MERLIN. Später am Tag prüfte sie den Status des Gerätes und fertigte einige Fotos zur Dokumentation an. MERLIN ist einer von mehreren Gefrierschränken auf der ISS. Neben den Gefriereinheiten MELFI (Minus Eighty-degree Laboratory Freezer for ISS) und GLACIER (General Laboratory Active Cryogenic ISS Experiment Refrigerator) können in MERLIN biologische Proben bei verschiedenen Temperaturen aufbewahrt werden.

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Die Besatzung der Endeavour wird auf der ISS begrüßt
(Bilder: NASA)

Das Space Shuttle Endeavour erreichte am 18. Mai 2011 um 12:14 Uhr MESZ unter der Kontrolle von Kommandant Mark Kelly die Internationale Raumstation. Es war, mit etwas mehr als zwei Wochen Verspätung, zwei Tage zuvor vom Startplatz 39A des Kennedy Space Center gestartet. An Bord befand sich die sechsköpfige Besatzung in Person Kommandant Mark Kelly, Pilot Gregory Johnson und den Missionsspezialisten Mike Fincke, Drew Feustel, Greg Chamitoff sowie Roberto Vittori, der die europäische Weltraumagentur ESA vertritt. Als Hauptfracht wurde das Alpha-Magnet-Spektrometers (AMS) und der Frachtträger Express Logistics Carrier 3 (ELC-3) zur Station geliefert. Das AMS, ein ca. eine Milliarde Euro teures Instrument, soll den Wissenschaftlern neue Erkenntnisse über die Struktur des Universums liefern, indem es mithilfe eines großen Magnetfelds Partikel in einen Detektor ablenkt und dort analysiert. Es wird erwartet das die Instrumente im AMS etwa 25.000 Partikel in der Sekunde messen werden. Die Daten werden am Boden dann von Wissenschaftlern aus 16 verschiedenen Ländern ausgewertet. Nach der Kopplung prüften beide Besatzungen das Andocksystem auf seine Dichtheit, bevor gegen 14:36 Uhr MESZ die Luken geöffnet wurden. Nach der üblichen Begrüßung führte Stationskommandant Dmitri Kondratjew ein Sicherheitsbriefing mit der Besatzung der Endeavour durch, damit die Astronauten bei einem eventuellen Notfall an Bord der Station schnell reagieren können. Anschließend nahmen die Astronauten die Arbeit auf und haben den Express Logistics Carrier 3 (ELC-3) aus der Ladebucht des Space Shuttle bewegt und an den Roboterarm der Raumstation übergeben. Mit dessen Hilfe wurde der Nutzlastträger mit seinen Ersatzteilen noch am selben Tag an dem P3-Gitterelement der Station installiert.

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AMS-2 am Shuttlearm
(Bild: NASA-TV)

Am nächsten Tag, den 19. Mai 2011, begann die Crew mit den Vorbereitungen um AMS-2 auf der Trägerstruktur der Raumstation zu installieren. Die Missionsspezialisten Andrew Feustel und Roberto Vittori, bedienten den Roboterarm des Space Shuttle, um das etwa 6,7 Tonnen wiegende Instrument aus der Ladebucht des Space Shuttle zu heben. Anschließend übergaben die beiden das Spektrometer an den Stationsarm, der von Gregory Johnson und Greg Chamitoff gesteuert wurde. Um 11:46 Uhr MESZ erreichte AMS-2 dann seinen endgültigen Platz auf der Außenseite der Raumstation. Kurze Zeit später konnte das Wissenschaftsteam rund um Dr. Samuel Ting vermelden, dass das Spektrometer einwandfrei funktioniert und bereits erste Daten zur Erde übermittelt. In den nächsten Wochen wird das Team das Instrument auf Herz und Nieren überprüfen, bevor anschließend am CERN-Institut in der Schweiz die wissenschaftliche Arbeit beginnt.

Am 20. Mai, dem Flugtag 5 der STS-14 Mission, erfolgte der erste von insgesamt vier Außenbordeinsätzen. Für die erste Aufgabe des Tages begaben sich die beiden Astronauten Andrew Feustel und Greg Chamitoff zum Express Logistics Carrier 2 (ELC-2), um dort zwei Materialexperimente, MISSE 7A und MISSE 7B, zu entfernen und diese in der Ladebucht des Space Shuttle zu verstauen. Dort werden sie zur Erde zurückkehren und von Wissenschaftlern ausgewertet. Andrew Feustels nächste Aufgabe führte ihn erneut zu ELC-2. Dort installierte er das neue Materialexperiment MISSE 8. Greg Chamitoff montierte derweil ein neues Licht an einem der CETA-Karren. Da er bei der Installation ein wenig Probleme hatte und Hilfe von Andrew Feustel benötigte, entschied man sich am Boden die Installation von Schutzabdeckungen am Steuerbord Solar Alpha Rotary Joint (SARJ), die nach dem normalen Zeitplan von Greg Chamitoff angebracht werden sollten, von Andrew Feustel ausführen zu lassen.

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Andrew Feustel beim Außeneinsatz
(Bild: NASA)

Am P3-Trägersegment der Raumstation installierten die beiden eine Überbrückung am Ammoniaksystem der Raumstation. Die beiden Astronauten bewegten sich dann zum amerikanischen Labor, um dort eine Antenne zu installieren. Allerdings fiel zu diesem Zeitpunkt der Sensor zur Kohlendioxidmessung in Greg Chamitoff Raumanzug aus. Nach den geltenden Flugregeln muss damit die Dauer des Außenbordeinsatzes verkürzt werden, um sicherzustellen, dass kein Risiko für den Astronauten besteht, eine Kohlendioxidvergiftung zu erleiden. Das Team entschied sich daher, die Installation der Antenne auf einen kommenden Einsatz zu verschieben. Die letzte Aufgabe des Tages trennte die beiden Astronauten, um verschiedenste Verbindungen an den P3/P4- und P1/P2-Trägersegmenten zu schließen. Anschließend begaben sich die beiden Astronauten wieder in die Luftschleuse Quest und beendeten den Einsatz.

Am nächsten Tag kam es zu einem weiterem Höhepunkt auf der ISS, Papst Benedikt XVI. nahm sich Zeit, um mit den zwölf Raumfahrern an Bord der Raumstation zu sprechen und übermittelte ihnen seine Grüße. In einer kurzen Ansprache an die Besatzung betonte er den Nutzen der Raumfahrt für alle Menschen auf der Erde und bemerkte wie unsinnig Kriege auf unseren Planeten erscheinen, wenn man die Schönheit der Erde aus dem All sieht. Anschließend stellte er der Crew noch einige Fragen.

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Andrew Feustel schmiert den Greifmechanismus von DEXTRE
(Bild: NASA-TV)

Am 22. Mai 2011 fand der zweite Außenbordeinsatz der STS-134 Mission mit den Astronauten Andrew Feustel und Micke Fincke statt. Die erste Aufgabe des Tages führte die beiden Astronauten zum P3/P4 Trägersegment der Raumstation, wo sie die Leitungen des Kühlsystems der Raumstation neu anordneten. Nach erledigter Arbeit am P3/P4 Segment, trennten sich die beiden Astronauten. Andrew Feustel begab sich zum P5/P6 Segment, um dort einige Schnellverschlüsse an einem Paneel umzulegen. In der Zwischenzeit arbeitete Mike Fincke am P1 Segment, um dort die sogenannte Ammonia Tank Assembly (ATA) mit Ammoniak aufzufüllen. Anschließend begab sich Mike Fincke zum Linken Solar Alpha Rotary Joint (SARJ), wo er anfing vier Schutzabdeckungen zu entfernen. Nach Abschluss der Arbeiten am P5/P6 Segment unterstützte Andrew Feustel ihn dabei und so konnten beide mit dem Schmieren des Drehlagers beginnen. Das Schmieren der Drehlager soll das SARJ vor exzessiver Abnutzung zu schützen. Da nur die Hälfte der Schutzabdeckungen entfernt wurde, bearbeitete Mike Fincke nur eine Seite des Drehlagers.

Die Astronauten widmeten sich danach weitere Aufgaben, während die Bodenkontrolle in Houston das SARJ um 180 Grad drehte. Andrew Feustel begab sich wieder zur Ammonia Tank Assembly (ATA), um dort die Leitungen zu entlüfteten. Mike Ficke installierte derweil zwei Träger für Haltestangen am S1 Segment der Raumstation. Die Haltestangen werden notwenig, falls in Zukunft einmal die Radiatoren der Station ausgestauscht werden müssen. Feustels nächste Aufgabe war die Installation einer Schutzabdeckung am Roboter DEXTRE und das Schmieren des Greifmechanismus am Roboter. Anschließend begaben sich beide Astronauten wieder zum SARJ und schmierten dort den zweiten Teil des Drehlagers. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit entschied man sich nur drei der insgesamt vier Schutzabdeckungen zu installieren und die vierte Abdeckung ins Innere der Station mitzunehmen. Mit über acht Stunden Dauer war es der sechst längste Außenbordeinsatz der Geschichte.

NASA-TV
ISS mit dem Space-Shuttle von der Sojus-TMA 20 aus gesehen
(Bild: NASA-TV)

Am späten Abend des 23. Mai 2011 endete die Zeit der Langzeitbesatzung 27 mit der Abkopplung von Sojus-TMA 20 und der Rückkehr von Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman zur Erde. Zuvor verabschiedeten sich die drei Rückkehrer von ihren auf der ISS verbleibenden Kollegen und schlossen gegen 20:45 Uhr MESZ die Luken des Raumfahrzeuges. Die Abkopplung erfolgte dann um 23:35 Uhr MESZ und Sojus-TMA 20 mit Kommandant Dmitri Kondratjew an den Kontrollen entfernte sich vom Kopplungs- und Forschungsmodul Rasswjet. In 180-200 Metern Entfernung von der Station stoppte Sojus-TMA 20, um eine wohl einmalige Foto- und Videoaufzeichnung der ISS mit einem angekoppelten Space-Shuttle, Progress und Sojus Raumschiffen und dem europäischen ATV-2 JoKe durchzuführen. Ermöglicht wurde dies durch die Genehmigung eines DDO durch die NASA, einem Docken oder Abdocken eines russischen Sojus- oder Progress-Raumschiffes während der Kopplung einer Raumfähre. Auch die russische Seite stimmte dieser Aktion nach längerer Prüfung und einer Umplanung der Sojus-Aktivitäten zu. Von ca. 0 Uhr bis 00:30 Uhr MESZ wurde nun die Raumstation etwas gedreht, um der Besatzung von Sojus-TMA 20 die Möglichkeit zu geben, den Obitalkomplex aus verschiedenen Blickwinkeln aufzunehmen. Anschließend begannen Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman mit den Vorbereitung auf die Rückkehr zur Erde.

ESA
Glücklich und aufrecht gelandet, Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman
(Bild: ESA)

Nach etwa drei Stunden weiteren Flug und einigen Bahnmanövern wurden die Bremstriebwerke gegen 03:36 Uhr MESZ für einige Minuten aktiviert, um die endgültige Rückkehr zur Erde einzuleiten. Die Landung von Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman erfolgte am 24. Mai 2011 um 04:27 Uhr MESZ im vorhergesehenen Landegebiet, 147 Kilometer von der Stadt Schesqasghan in Kasachstan entfernt. Alle drei Besatzungsmitglieder überstanden Rückkehr und Landung in gesundheitlich gutem Zustand. Von Ärzten und Betreuungspersonal umgeben, auf speziellen Sitzen und in Decken eingehüllt, wurden erste medizinische Werte geprüft. Das russische Personal entlud währenddessen die wissenschaftliche Fracht, welche mit dem Landemodul zur Erde gelangte. Dmitri Kondratjew, Paolo Nespoli und Catherine Coleman wurden nach der Bergung zuerst nach Qostanai/Kasachstan gebracht, um dann entweder in das russische Kosmonauten-Ausbildungszentrum nahe Moskau oder in die USA weiterzureisen. Als nächstes werden die Raumfahrer Sergei Wolkow, Satoshi Furukawa und Mike Fossum mit Sojus-TMA 02M am 7. Juni zur ISS aufbrechen und die gestern begonnene Expedition 28 verstärken.

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