Der Landedemonstrator EDM (Entry, Descent and Landing Demonstrator Modul) des europäischen Mars-Programms ExoMars erhielt zu Ehren eines italienischen Astronomen, der durch die Kartierung des roten Planeten im 19. Jahrhundert bekannt wurde, den Namen Schiaparelli. 2016 soll der Lander zusammen mit einem Orbiter Richtung Mars starten.
Quelle: ESA.
ExoMars ist aktuell ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA) und der russischen Raumfahrbehörde Roskosmos. In seinem Rahmen sollen 2016 und 2018 unbemannte Missionen zum Mars aufbrechen. Vereinbart ist ein Transport ins All auf russischen Proton-Raketen.
Ein Orbiter zur Spurengasuntersuchung, der Trace Gas Orbiter (TGO), und Schiaparelli sind für den Start 2016 vorgesehen, 2018 ist der Start eines Rovers samt Überflugeinheit und russischer Landeplattform geplant. Orbiter und Rover haben die Aufgabe, gemeinsam nach Anzeichen von vergangenem und vielleicht derzeit vorhandenem Leben auf dem Mars zu suchen.
Schiaparelli fällt der Job zu, das Funktionieren von Schlüsseltechnologien für eine Landung zu demonstrieren, und dabei nach dem Eintritt in die Marsatmosphäre eine kontrollierte weiche Landung hinzulegen. Erreicht Schiaparelli die Atmosphäre, wird er sich mit voraussichtlich rund 21.000 km/h bewegen. In der Atmosphäre kann sich seine schützende Außenhülle bis auf rund 1.250 Grad Celsius aufheizen. Fallschirme und Bremstriebwerke haben den Lander dann auf unter 15 km/h zu verzögern, bevor er auf der Oberfläche des Mars aufsetzen kann. Vom Eintritt in die Marsatmosphäre bis zum Bodenkontakt wird der Lander laut Plan weniger als acht Flugminuten brauchen.
Beim Eintritt in die Marsatmosphäre und dem Flug durch sie soll Schiaparelli Messwerte sammeln, und darüber hinaus auch noch für eine gewisse Zeit nach dem Aufsetzen in einem Gebiet mit der Bezeichnung Meridiani Planum. Die Mission, die 2016 beginnt, wird den Mars höchstwahrscheinlich während einer Periode saisonaler marsweiter Staubstürme erreichen. Von den Messungen des Landers verspricht man sich wesentliche Informationen zur Verbesserung des Modells der Marsatmosphäre und zu den Mechanismen, die zur Bildung von Staubstürmen führen.
Vorgeschlagen wurde die Namensgebung für den Lander von einer Gruppe italienischer Wissenschaftler dem Leiter der italienischen Raumfahrtagentur, der die Idee an die ESA weitergab. Im ExoMars-Programm steuert Italien unter den beteiligten ESA-Partnern den größten Anteil bei. Mit dem Namen für den Lander ehrt die ESA den italienische Astronomen Schiaparelli, dessen Tätigkeit im Bereich der Planetenwissenschaften und der Wissenschaftskommunikation weltweit wahrgenommen wurde.
Giovanni Virginio Schiaparelli (14. März 1835 – 4. Juli 1910) widmete einen großen Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit der Erfassung und Katalogisierung von Oberflächenstrukturen des Mars. Während der Großen Opposition im Jahr 1877, als der Mars der Erde recht nahe kam, beobachtete der Astronom durch ein Teleskop ein Netzwerk linienartiger Strukturen auf der Marsoberfläche, und hielt es in einer Anzahl Zeichnungen fest. Seiner Vorstellung nach handelte es sich bei diesen Strukturen um natürliche, wasserführende Rinnen, er bezeichnete sie daher mit dem entsprechenden italienischen Wort „canali“.
Bei Übersetzungen ins Englische wurde oft das äquivalente Wort für Kanäle („canals“) verwendet, was zu verständlichen Spekulationen führte, ob vielleicht eine intelligente Zivilisation auf dem Mars Erbauerin eines künstlichen Netzwerks von Wasserwegen sei.
Tatsächlich ergaben sich viele der linienartigen Strukturen, die Schiaparelli und andere Beobachter, unter ihnen nennenswert Percival Lowell, festzustellen meinten, durch optische Illusionen, verursacht durch die bei der Beobachtung mit dem Auge auftretende korrelierte Reizung benachbarter Sehzellen. Später angefertigte Photographien der Marsorberfläche gaben die fraglichen Strukturen nicht wieder. Als ab 1960 die ersten Raumsonden den Mars untersuchten, bestätigte sich, dass der Mars ein kalter und trockener Ort ist, eine Erkenntnis, die sich bis heute nicht geändert hat.
Schiaparellis Vorstellung von wasserführenden Strukturen hat sich aber insofern bestätigt, als dass man sich heute sicher ist, dass in auf Mars tatsächlich vorhandenen Tälern und Rinnen zu lange vergangenen Zeiten Wasser floss. Eine Reihe von Bezeichnungen, die Schiaparelli anderen Oberflächenstrukturen gab, sind übrigens heute noch in Gebrauch.
Der in Savigliano bei Cuneo geborene Astronom ist auch dafür bekannt, herausgefunden zu haben, dass jährlich wiederkehrende Meteoritenschauer aus bestimmten Himmelsregionen in einem Zusammenhang mit den Orbit der Erde um die Sonne kreuzenden Kometen stehen, und Bruchstücken letzterer, die sich auf Kollisionskurs mit der Erde befinden.
Auch die Rotationsperioden der Planeten Merkur und Venus zu bestimmen gelang Schiaparelli, der davon überzeugt war, wie wichtig es ist, Wissen breiten Bevölkerungsschichten nahe zu bringen. Er ist Autor zahlreicher astronomischer Abhandlungen und hielt des öfteren öffentliche Vorträge.