ExoMars auf dem Weg zum Roten Planeten

Am 14. März 2016 wurde der ExoMars Trace Gas Orbiter auf einer Proton-Rakete gestartet. Die Mission soll unter anderem das Geheimnis um das Methan auf dem roten Planeten lüften.

Ein Beitrag von Viktoria Schöneich. Quelle: ESA.

Künstlerische Darstellung der Separation der Nutzlastverkleidung
(Bild: ESA/ATG medialab)
Künstlerische Darstellung der Separation
der Nutzlastverkleidung
(Bild: ESA/ATG medialab)

ExoMars ist eine Mission der ESA, die zunächst in Zusammenarbeit mit der NASA geplant war. Nachdem sich die amerikanische Weltraumagentur 2011 aus Kostengründen aus dem Projekt zurückziehen musste, ging die ESA eine Kooperation mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos ein. Die Mission, die nach Spuren von vergangenem oder gar aktuellem Leben auf dem Mars suchen soll, wird mit zwei Raumfahrzeugen durchgeführt: dem ExoMars Rover, der 2018 zum Mars fliegen soll und dem ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO), der am 14.3. gestartet wurde und dem Rover als Relais dienen soll. Die ESA stellt wesentliche Teile der Raumfahrzeuge bereit, Roskosmos beteiligt sich an einem Teil der Instrumente und startet die Mission auf ihren Proton-Raketen.

Um 10:31 Uhr deutscher Zeit (MEZ) hob die Proton mit einer Breeze-M Oberstufe ab. Nach etwa 10 Minuten begann die Oberstufe mit dem Einschuss in eine Mars-Transferbahn und trennte sich um 21:13 Uhr vom Trace Gas Orbiter. Die Zielgeschwindigkeit wurde mit einer Genauigkeit von 1,5 m/s erreicht. Anschließend entfaltete der Orbiter seine Solarpaneele und führte die ersten kritischen Systemchecks durch, die dem Orbiter generell eine gute Verfassung bescheinigten. Es konnte allerdings eine erhöhte Wärmebelastung auf das Haupttriebwerk des TGO, das den Einschuss in den Marsorbit bewerkstelligen soll, festgestellt werden. Nach Absprache mit dem Hersteller des Triebwerks, Thales Alenia Space, wurde der Orbiter um einige Grad geneigt, um das Triebwerk aus der direkten Sonneneinstrahlung zu entfernen, was das Problem lösen konnte. Die kommenden zwei Wochen sollen weitere Systemchecks folgen.

Der Einschuss in den Marsorbit ist für den 19. Oktober 2016 geplant. Zunächst befindet sich TGO in einem elliptischen Orbit. Von dort aus wird die Marsatmosphäre genutzt werden, um die Höhe so weit zu verringern, bis sich die Raumsonde in einer Höhe von 400 km in einem kreisförmigen Orbit befindet (Aerobraking). Anfang 2017 soll dann mit der wissenschaftlichen Mission begonnen werden, die zunächst bis 2022 andauern soll.

Der ExoMars TGO und einige Instrumente
(Bild: ESA)
Der ExoMars TGO und einige Instrumente
(Bild: ESA)

Wissenschaft mit ExoMars
An Bord von ExoMars befinden sich Spektrometer für verschiedene Wellenlängen, mit denen die Spurengase und die Chemie der Atmosphäre untersucht werden sollen. Weiterhin soll mit einem Neutronendetektor Wassereis auf der Marsoberfläche bis zu einer Tiefe von einem Meter ausfindig gemacht werden. Für hochauflösende Stereoaufnahmen ist eine Farbkamera an Bord; hiermit sollen insbesondere die Regionen fotografiert werden, über denen interessante Spurengase gefunden wurden.

Untersucht werden Spurengase, die weniger als 1% Anteil an der Marsatmosphäre haben: Methan, Wasserdampf, Stickstoffdioxid und Acetylen. Eine besondere Aufmerksamkeit ist dem Methanvorkommen auf dem Mars gewidmet. Mit bodengestützen Teleskopen konnten vor einiger Zeit Spuren von Methan in der Atmosphäre des roten Planeten nachgewiesen werden, die jedoch zeitlich und örtlich stark begrenzt waren. Das Gas entsteht auf der Erde bei geologischen oder biologischen Prozessen und dürfte auf dem geologisch inaktiven Mars eigentlich nicht vorhanden sein. Entsprechend sorgte die Entdeckung für Überraschung. Tatsächlich ist das Methanvorkommen auf dem Mars zeitlich und örtlich variabel.

Methan gilt als so genannter „Biomarker“: Gase, die einen starken Hinweis auf Leben liefern, wie wir es kennen. Zu dieser Gruppe zählen z.B. auch Sauerstoff und Wasserdampf. Biomarker sind Gase, die nach einiger Zeit durch chemische Prozesse aus einer Atmosphäre verschwinden sollten und deswegen kontinuierlich nachgebildet werden müssen, um weiterhin vorhanden zu sein. Da dies auch durch andere Prozesse passieren kann, bedeutet die Anwesenheit dieser Gase aber nicht zwangsläufig die Anwesenheit von Leben.

Die Entdeckung von Leben auf dem Mars in Form von Mikroben wäre sicherlich eine Sensation. Aber auch andere mögliche Ursachen versprechen interessante Einblicke. Geologische Aktivität auf dem Mars würde unser Bild vom roten Planeten revolutionieren. Einige Modelle prognostizieren aktiven Vulkanismus auf dem bisher als geologisch tot angenommenen Mars. Ein anderes Szenario zur Entstehung von Methan setzt flüssiges Wasser voraus, eine weitere Zutat für Leben.

Landesequenz Schiaparelli
(Bild: ESA)
Landesequenz Schiaparelli
(Bild: ESA)

Europas erste Landung auf dem Mars?

Erster Höhepunkt der Mission wird die Landung des Entry, Descent and Landing Demonstrator Module (EDM) Schiaparelli sein. Dabei handelt es sich um eine Kapsel von 1,65 m Durchmesser mit einer Masse von 600 kg. Das EDM wird kurz vor Erreichen der Marsumlaufbahn am 16. Oktober 2016 vom TGO getrennt und drei Tage lang im Hibernation Modus verharren, um Energie zu sparen. Am 19. Oktober 2016 wird sich Schiaparelli in einer Höhe von 122,5 km Höhe aktivieren und in die Marsatmosphäre eintreten. In 11 km Höhe wird schließlich der Fallschirm entfaltet, bei 7 km der Hitzeschild abgetrennt, damit das Höhenradar freie Sicht zum Boden hat. Neben der Höhe soll auch die Horizontalgeschwindigkeit gemessen werden. Diese Daten sind wichtig für den Einsatz der Flüssigtriebwerke, die nach Abtrennen des Fallschirms zum Einsatz kommen werden. Die Triebwerke verlangsamen Schiaparelli schließlich auf etwas mehr als 1 m/s in 2 m Höhe. Dort schalten sich die Triebwerke ab und der Lander fällt zu Boden. Der Aufprall wird durch dämpfende Elemente in der Struktur abgefedert.

Bis zum 23. Oktober 2016 wird Schiaparelli die Marsoberfläche untersuchen, bevor dem batteriebetriebenen Lander die Energie ausgehen wird. Bereits während des Abstiegs sollen Daten zur Atmosphäre gesammelt werden, die unter anderem die Frage beantworten sollen, wie Staubstürme auf dem Mars entstehen. Schiaparelli wird in einem Gebiet landen, in dem sich spezielle Eisenoxide befinden, die auf der Erde ausschließlich in Verbindung mit flüssigem Wasser entstehen. Die Hauptmission besteht allerdings in der Technologiedemonstration der Landesysteme und des Landemanövers; der Großteil der gesammelten Daten wird also vermutlich Lage-, Beschleunigungs- und Hitzeschilddaten sein. Nachdem der Lander inaktiv geworden ist, werden Würfeleckenreflektoren als Reflektor dienen: zum einen für die Entfernungsmessung, zum anderen, um zu beobachten, wie sich Staub auf ihnen ablagert und von den Marswinden weggeblasen wird.

Landungen auf dem Mars gelten als besondere Herausforderung, weil die Marsatmosphäre zwar dicht genug ist, um einen Lander ohne Hitzeschutz stark zu beschädigen, aber doch zu dünn ist, um alleine mit Fallschirmen eine ausreichende Abbremsung für die meisten Fahrzeuge zu erreichen. Zudem ist das CO2, aus dem der Großteil der Marsatmosphäre besteht, sowie in der Luft liegender Staub, eine Herausforderung für Hitzeschutzsysteme und deren Qualifizierung. Die Landesysteme muten deswegen oftmals kreativ an, so wurden die Zwillingsrover Spirit und Opportunity mit einem Airbagsystem abgebremst (Lithobreaking). Unvergessen ist auch das waghalsige Skycrane-Manöver, mit dem die NASA 2012 den Rover Curiosity landete. Bisher sind nur den USA erfolgreiche Missionen auf der Marsoberfläche gelungen. Aus diesem Grund hat Schiaparelli für die europäische Raumfahrt neben der wissenschaftlichen vor allem eine technische und politische Bedeutung.

ExoMars sticht unter den zahlreichen Missionen zu unserem Nachbarplaneten als Mission hervor, die explizit nach Spuren von vergangenem oder gar aktuellem Leben suchen soll, zum ersten Mal nach den Viking-Sonden der 70er Jahre. Doch selbst wenn kein Leben gefunden werden sollte, die Untersuchung von Spurengasen wird sicherlich dazu beitragen, unser Verständnis vom roten Planeten erheblich zu erweitern.

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