Um den Kontakt zu den neusten Raumsonden zu halten, baut die ESA ein eigenes Deep Space Network auf. Die erste Station eröffnete in Australien.
Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: ESA.
In Zukunft müssen sich die Außerirdischen in Acht nehmen, wollten sie auch weiterhin unentdeckt bleiben, denn am 5. März wird an der Westküste Australiens die größte und leistungsfähigste Antenne des Europäischen Satellitenkontrollzentrums ESOC, die Deep Space Ground Station (DSGS) in New Norcia in einer feierlichen Zeremonie in Betrieb genommen. Europas Kronjuwel dient der Absicherung der anspruchsvollen interplanetaren Missionen der ESA. Die Herausforderungen bei der Realisierung waren gewaltig. Ein internationales Spezialistenteam der ESA und des Hauptauftragnehmers SED Systems aus Kanada löste alle Aufgaben mit Bravour. Die Ausrichtgenauigkeit der 35-Meter-Riesenschüssel ist weltweit einmalig.
Technisches Meisterwerk
Die technischen Daten dieses Meisterwerkes menschlicher Ingenieurkunst sind beeindruckend. 630 Tonnen bringt der Parabolspiegel mit einem Durchmesser von 35 Metern auf die Waage, 540 Tonnen entfallen dabei auf den drehbaren Teil. Für den Empfang der schwachen Signale von Millionen Kilometern entfernten Raumflugkörpern muss die Riesenschüssel auf Bruchteile einer Winkelsekunde exakt ausgerichtet und dann mit deren Flugbewegung nachgeführt werden. Die Metall-Späher im Weltraum haben aus Gewichtsgründen nur Sende- und Empfangseinrichtungen geringer Leistung an Bord. Deshalb ist auf der Erde ein umso größerer Aufwand erforderlich, um die schwachen Signale einzufangen. Bereits ein Ausrichtfehler der Antenne in Millimetergröße kann den Zusammenbruch der mühsam hergestellten Verbindung bewirken. Die Konstruktion der mechanischen Strukturen und der elektronischen Nachführ- und Regelungssysteme mußte deshalb auf eine weltweit einmalige Ausricht- und Nachführgenauigkeit des Systems ausgelegt werden. Beim Empfang von Signalen im X-Band (8 GHz) bedeutet das einen maximalen Winkelfehler von 0,011 Grad. Außerdem sind noch äußere Einflüsse, wie Wind oder Verformungen durch Temperatureinflüsse zu eliminieren.
Das schwache Signal aus dem Parabolspiegel wird durch ein Labyrinth von verschiedenen Reflektoren zu den elektronischen Empfängern geleitet, wo die weitere Signalverarbeitung erfolgt. Diese kühlt man mit flüssigem Helium auf 15 Kelvin herunter, um das Rauschen der elektronischen Bauelemente zu unterdrücken. Anschließend filtern Nachfolge-Einrichtungen die gesendeten Daten aus dem Empfangssignal, welche dann nach Darmstadt zum ESOC weitergeleitet werden. Zum Senden von Daten an die metallenen Botschafter im Weltraum wurden schließlich leistungsstarke Sender von 20 Kilowatt entwickelt und in das Gesamtsystem integriert.
Hightech aus Deutschland
Aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrungen im Großantennenbau wurde die Vertex Antennentechnik GmbH aus Deutschland als wichtigster Unterauftragnehmer mit der Fertigung der gesamten Mechanik der Antenne einschließlich des Parabolspiegels sowie den umfangreichen Nachführ- und Regelsystemen betraut. Was in der Fertigungsstätte in Duisburg zunächst wie grober Stahlbau aussieht, ist in Wirklichkeit Präzisionsarbeit vom Feinsten. Die mechanischen Elemente des Parabolspiegels und der Bewegungsmechanik mit teilweise gewaltigen Ausmaßen müssen dennoch an kritischen Stellen auf Bruchteile von Millimetern genau bearbeitet werden. Denn im Zusammenwirken mit modernsten Mess- und Antriebssystemen sind später 540 Tonnen Masse auf Milliwinkelsekunden exakt zu positionieren.
Filigraner geht es in der Fertigungs-Abteilung der Steuer- und Regeleinrichtungen für die Antennenposition zu. Hier integrieren Hard- und Softwarespezialisten Verstärker, Computer und anderes Hightech-Equipment zu dem komplexen Steuer- und Regelsystem des Antennenriesen. Bei der Realisierung des anspruchsvollen Auftrags waren weitere deutsche Unternehmen eingebunden. So lieferte beispielsweise die Firma Heidenhain ein Schlüsselelement für die genaue Antennenpositionierung, einen optischen Drehgeber.
Erste Signale von Mars Express und SMART-1
DSGS-1, die erste Antenne für interplanetare Missionen der ESA, wird vom Bodenkontrollzentrum der Europäischen Raumfahrtorganisation, dem European Space Operations Centre (ESOC), in Darmstadt betrieben. Die ersten Signale im operativen Betrieb wird die Antennenanlage von New Norcia noch in diesem Jahr von Mars Express, der europäischen Marssonde und von der ESA-Mondsonde SMART-1 einfangen. Voraussichtlich Anfang 2004 wird dann als besondere technische Herausforderung die Kometensonde Rosetta hinzukommen. Nach umfangreichen Tests seit Mitte 2002 hat die Superschüssel des ESOC nachgewiesen, dass sie künftig alle an sie gestellten Aufgaben erfüllen kann. Dabei wurden u.a. Signale der amerikanischen Weltraum-Sonde Stardust in guter Qualität empfangen.
Aber das ist erst der Anfang, denn die ESA plant in der Zukunft ein ganzes Antennen-Netzwerk für interplanetare Missionen zu errichten. So soll 2005 bei Cebreros in Spanien eine ähnliche Station errichtet werden und eine dritte Einrichtung ist für 2006 in Chile oder Südafrika vorgesehen.