Europas Countdown zum Mars

Am 2. Juni 2003 wird sich mit Mars Express zum ersten Mal ein europäisches Raumfahrzeug auf dem Weg zu unserem Nachbarplaneten machen.

Autor: Michael Stein.

Außer verschiedenen Messinstrumenten wird mit Beagle 2 auch ein Lander an Bord sein, der ganz nach dem Vorbild der 1997 erfolgreich auf dem Mars gelandeten NASA-Mission Mars Pathfinder in überdimensionale Airbags eingehüllt auf dem Marsboden auftreffen wird und anschließend für einige Monate verschiedene Messdaten von der Marsoberfläche zur Erde übermitteln soll. Durch die konsequente Nutzung der Rosetta-Plattform und die Nutzung von Reserveinstrumenten der gescheiterten russisch-europäischen Mars-Mission Mars 96 konnte Mars Express in rekordverdächtig kurzer Zeit und zu vergleichsweise geringen Kosten entwickelt und gebaut werden.

Mars Express im Marsorbit. Die beiden langen Antennen gehören zum MARSIS-Radar, das nach Wasser im Marsboden suchen soll.
(Grafik: ESA)

Ziele der Mission
Mars Express‘ wichtigste Aufgabe ist die Suche nach Wasservorkommen im Marsboden. Daneben dient die Raumsonde auch zum Transport des britischen Mars-Landers Beagle 2, der sich kurz vor Ankunft beim Planeten von seinem Mutterschiff trennen und fünf Tage später auf dem Mars landen wird. Insgesamt sind sechs Messinstrumente und Kameras an Bord von Mars Express untergebracht. Außer der Suche nach Wasser soll die Marssonde Informationen über die Struktur und Zusammensetzung der Marsoberfläche liefern, die extrem dünne Marsatmosphäre untersuchen und Aufschluss über die Wechselwirkung der oberen Atmosphärenschichten mit dem so genannten „Sonnenwind“ geben.

Schon während seiner auf zunächst ein Marsjahr (= etwa zwei Erdenjahre) angesetzten wissenschaftlichen Beobachtungsmission und darüber hinaus bis mindestens 2007 soll Mars Express in seiner Umlaufbahn auch als Relaisstation zur Datenübermittlung für auf der Oberfläche operierende Mars-Lander dienen. Zu Beginn seiner Mission wird sein wichtigster „Kunde“ natürlich Beagle 2 sein, aber bei Bedarf kann er auch Daten der beiden ungefähr zur selben Zeit wie Mars Express beim Roten Planeten eintreffenden amerikanischen Mars-Rover zur Erde weiterleiten. (Umgekehrt ist übrigens die seit Oktober 2001 im Marsorbit befindliche amerikanische Raumsonde 2001 Mars Odyssey auch in der Lage, Beagle 2-Daten zu empfangen.)

Der von Mars Express quasi „huckepack“ transportierte Lander Beagle 2 soll vor allem nach Spuren von Leben und Wasser in den obersten Bodenschichten suchen. Dazu wird er mit Hilfe einer kleinen, „Maulwurf“ genannten Sonde Bodenproben aus bis zu 1,5 Metern Tiefe untersuchen. Daneben wird Beagle 2 Aufnahmen seiner Umgebung machen sowie mit Hilfe eines Mikroskops auch detaillierte geochemische Untersuchungen an Gesteinsproben durchführen.

Der Reiseverlauf

Der Lander Beagle 2 trennt sich fünf Tage vor der Ankunft beim Mars vom Mutterschiff Mars Express.
(Grafik: ESA)

ie Mars Express-Mission startete am 2. Juni 2003 vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus. Nachdem die Raumsonde von einer russischen Sojus-Rakete in einen niedrigen Erdorbit transportiert worden ist, zündete zu einem bestimmten Zeitpunkt die Fregat-Oberstufe und brachte das Raumfahrzeug auf den Weg zum Mars. Während der interplanetaren Reise wird für mehrere Monate bis auf regelmäßige Systemüberprüfungen und einzelne Kursanpassungen wenig passieren.

Etwa einen Monat vor Ankunft beim Mars jedoch beginnen die Vorbereitungen für die Abtrennung von Beagle 2 von seinem Mutterschiff. Zu diesem Zweck wird der Kurs von Mars Express geringfügig verändert, so dass der antriebslose Lander sechs Tage vor Ankunft beim Mars nach seiner Abtrennung zielsicher auf das anvisierte Landegebiet in Äquatornähe zusteuert: In dieser Zeit ist der Mars-Lander taub und stumm, da sein Kommunikationssystem erst nach der Landung in Betrieb genommen werden kann und auch dann nur unter Nutzung von Mars Express oder 2001 Mars Odyssey als Relaisstation eine Verbindung zur Erde aufbauen kann. Die Abbremsung des Landers erfolgt beim Eintritt in die Marsatmosphäre, weswegen Beagle 2 auch mit einem Hitzeschild ausgestattet ist. Den letzten Teil seiner Reise wird der Lander an einem Fallschirm hängend zurücklegen, bevor sich kurz vor dem Aufprall auf die Oberfläche überdimensionale „Airbags“ entfalten, die die kleine, austernförmige Sonde (mit nur etwa einem Meter Durchmesser und 65 Kilogramm Gewicht!) vor Beschädigungen bei der Landung schützen sollen. Danach werden die Solarpaneele ausgeklappt, und anschließend wird Beagle 2 automatisch versuchen, mit Hilfe von 2001 Mars Odyssey eine Verbindung mit der Kontrollstation auf der Erde herzustellen. Die vorgesehene Landezone Isidis Planitia, ein flaches Sedimentbecken rund 10° nördlich des Marsäquators, wurde gewählt, weil sie einerseits wissenschaftlich interessant ist und andererseits den technischen Randbedingungen des Landers genügt: Sie liegt tief genug, um dem Fallschirm Zeit für eine ausreichende Abbremsung zu geben, und ist so äquatornah, dass die Solarzellen genug Strom für die Instrumente produzieren können. Außerdem beginnt kurz nach der Landung von Beagle 2 auf der Nordhalbkugel der Marsfrühling, was für die Versorgung des Landers mit Sonnenenergie natürlich vorteilhaft ist.

Mars Express wird nach der erfolgten Abtrennung des Landers wieder seinen ursprünglichen Kurs aufnehmen und nach sechs Tagen durch Zündung seines Haupttriebwerkes die Geschwindigkeit soweit reduzieren, dass er von der Gravitation des Planeten „eingefangen“ und auf eine – zunächst stark elliptische – Umlaufbahn gezwungen werden kann. Die Ankunft beim Mars ist für den 25. Dezember 2003 geplant: für alle am Projekt beteiligten wäre der Empfang einer Erfolgsmeldung sicher das schönste Weihnachtsgeschenk.

Der Mars-Lander Beagle 2 auf der Marsoberfläche. Am hier in aufrechter Position zu sehenden Arm sind alle Instrumente der Sonde angebracht.
(Grafik: ESA)

Nach der Ankunft
In den auf das Einschwenken in einen Marsorbit folgenden Tagen werden noch verschiedene Kurskorrekturen mit Hilfe der Mars Express-Triebwerke vorgenommen werden, bis die endgültige Umlaufbahn erreicht ist. Dabei handelt es sich um einen quasi-polaren elliptischen Orbit mit einer Umlaufdauer von 7,5 Stunden. Der höchste Punkt wird etwa 11.500 km über der Marsoberfläche liegen, während die Raumsonde im niedrigsten Punkt des Orbits nur 250 km von ihr entfernt sein wird. Bei jedem Umlauf wird rund eine Stunde für wissenschaftliche Beobachtungen und Messungen zur Verfügung stehen, während die verbleibende Zeit für die Übermittlung von Beobachtungsdaten zur Erde genutzt werden wird. Der Empfang von Daten des Landers Beagle 2 wird ebenfalls dann stattfinden, wenn Mars Express der Oberfläche am nächsten ist.

Beagle 2 wird nach der Landung automatisch seine fünf Solarpaneele aufklappen, um Energie produzieren zu können. Der nächste Schritt wird das Ausfahren eines kleinen Spiegels sein, um mit Hilfe dieses Spiegels und einer Panoramakamera ein erstes Foto der Landestelle aufzunehmen. Für die folgenden wissenschaftlichen Aufgaben des Landers – der sich im Gegensatz zu den amerikanischen Mars-Rovern nicht von der Stelle bewegen können wird – sind sechs Monate veranschlagt. Wie lange Beagle 2 tatsächlich Daten liefern wird hängt davon ab, wie lange seine Solarzellen ausreichenden Strom erzeugen können (durch den Staub in der Marsatmosphäre wird die Leistung der Solarzellen kontinuierlich schwächer werden) und wie lange seine Instrumente und Akkus der kalten Marsumgebung mit Temperaturen von bis zu -100° C widerstehen werden.

Wenn die Beobachtungsmission von Mars Express endgültig abgeschlossen sein sollte, wird der Orbiter noch einige Jahre lang als Relaisstation für zukünftige Mars-Lander zur Verfügung stehen. Sollte die Mission wie geplant ablaufen, dann wäre Europa ein gelungener Einstand in die Marsforschung mit Hilfe von Raumsonden gelungen – und wir dürften uns auf spannende Neuigkeiten und spektakuläre Bilder freuen.

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