Vor fünf Jahren, in der Nacht zum 1. März 2002, startete der größte Umweltsatellit der Welt mit einer Ariane 5 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guayana. Seither umkreist ENVISAT (Enviromental Satellite) 14 Mal am Tag die Erde in einer Höhe von rund 800 Kilometern und sammelt dabei Daten über den Zustand von Ozeanen, Landmassen, Gletschern und der Atmosphäre. Eine Information des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle. DLR.
Von den zehn wissenschaftlichen Instrumenten an Bord stammen zwei aus Deutschland: das Interferometer MIPAS (Michelson Interferometer for passive Atmospheric Spounding) und der Atmosphärensensor SCIAMACHY (Scanning Imaging Spectrometer for Atmospheric Chartography), der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in deutsch-niederländischer Kooperation beigesteuert wurde.
ENVISAT ist eine europäische Erfolgsgeschichte
In seinen ersten fünf Jahren hat der von der Europäischen Weltraumorganisation ESA betriebene Umweltsatellit ENVISAT rund 500 Terabyte an Daten gesammelt. Diese Datenmenge entspricht in etwa einem Turm aus DVDs in der Höhe des Kölner Doms. Die Daten werden zu über 50 verschiedenen Informations-Produkten verarbeitet. Messungen der drei atmosphärischen Sensoren sowie des Radar-Instruments werden dabei unter anderem im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR in Oberpfaffenhofen ausgewertet. Mehrere Tausend Forscher weltweit befassen sich mit den Daten des Umweltsatelliten. Bislang gab es zu ENVISAT über 1300 Forschungsvorhaben.
Atmosphären-„Spion“ SCIAMACHY überwacht die Atmosphäre
SCIAMACHY vergleicht direktes Sonnenlicht mit dem durch die Atmosphäre geschwächten Sonnenlicht. Die in der Luft enthaltenen Gase hinterlassen im Spektrum charakteristische „Fingerabdrücke“. Das erlaubt den Forschern, genaue Rückschlüsse auf die Konzentration von Luftschadstoffen zu ziehen. Neben Stickstoffdioxid konnten mit SCIAMACHY über ein Dutzend weiterer Spurengase der Erdatmosphäre global vermessen werden. Dies ermöglichte es deutschen Wissenschaftlern, die ersten weltweiten Karten der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan zu erstellen.
Rückgang von Luftschadstoffen in den USA nachgewiesen
Ein deutsch-amerikanisches Wissenschaftsteam konnte kürzlich anhand von SCIAMACHY-Daten in einigen Bereichen der USA einen Rückgang des Luftschadstoffs Stickstoffdioxid um bis zu 35 Prozent im Vergleich zu 1999 nachweisen. Stickstoffdioxid reizt die Atemwege, verursacht Sommersmog und Sauren Regen. Hauptquelle sind Verbrennungsvorgänge, zum Beispiel in der Industrie und in Motoren. Grund für die Abnahme der Stickstoffdioxid-Konzentration sind neu installierte Abgas-Kontrollsysteme bei drei großen Kraftwerken. Die Untersuchung der Wissenschaftler zeigt, wie erfolgreich Maßnahmen zur Reinigung von Kraftwerk-Abgasen sein können. In Gebieten der USA, in denen die Luft vor allem durch den Straßenverkehr mit Stickoxiden belastet wird, konnten die Forscher hingegen keine Verbesserungen feststellen.
Regenwälder stoßen Treibhausgas Methan aus
Für eine weitere Überraschung sorgten Daten von SCIAMACHY, die eine ungewöhnlich hohe Konzentration von Methan über den tropischen Regenwäldern zeigten. Alle gängigen Modellrechnungen hatten wesentlich niedrigere Werte vorausgesagt. Methan ist zusammen mit Kohlendioxid eines der wichtigsten Treibhausgase. Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass sich die Regenwälder rein positiv auf den Anteil der Treibhausgase auswirken, da sie Kohlendioxid speichern. Ursache für die hohe Methankonzentration konnte nur ein bis dahin unbekannter biologischer Vorgang sein, bei dem das Gas durch Regenwaldpflanzen produziert wurde. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg entdeckten den unbekannten Prozess bei Labormessungen.
Auch für die Zukunft ist gesorgt
Im Programm „Lebender Planet“ der ESA sind bereits sechs weitere Wissenschaftssatelliten in Arbeit. Einige Instrumenten-Konzepte von ENVISAT sollen auch im Rahmen des GMES-Programms (Global Monitoring for Environment and Security) realisiert werden. GMES ist eine gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation ESA für Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung.