Unter der Eisdecke von Jupiters Mond Europa wird schon lange ein Ozean aus flüssigem Wasser vermutet. Die Auswertung der Bilddaten von Voyager, Galileo und New Horizons ergab ein weiteres Indiz für diese These. Gleichzeitig werden die Oberflächenformationen durch ein neues Modell erklärt.
Ein Beitrag von Daniel Schiller. Quelle: Lunar and Planetary Institute.
Auf den Aufnahmen der Mondoberfläche wurden zwei kreisförmige, 2.500 km durchmessende Regionen entdeckt, in denen ausgeprägte Vertiefungen mit bis zu 40 km Breite, mehreren Hundert Kilometern Länge und 500 m Höhe auftreten. Die beiden Gebiete liegen sich auf Europa, abseits von Polachse und Äquatorlinie, genau gegenüber. Zur Erklärung wurden Modelle mit starken Verformungen durch Gezeitenkräfte und nicht-synchroner Rotation des Eispanzers vorgeschlagen, mit denen bisher andere Eigenschaften von Europas Oberfläche erklärt werden konnten. Trotzdem war es so nicht möglich, die kreisförmigen Regionen zu erklären.
Als weiteres Modell wurde schon 1989 eine Theorie der Polwanderung (TPW, True Polar Wander, wahre polare Verschiebung) zur Erklärung vorgeschlagen. Dabei rotiert der Felskern des Mondes stabil und stetig, während der geschlossene Eispanzer davon entkoppelt rotiert und „kippen“ kann. Voraussetzung für diese Entkopplung ist ein Ozean aus flüssigem Wasser, auf dem der Eispanzer schwimmt. Die Änderung der Rotation des Eises kann durch lolake Änderungen der Eisdicke angeregt werden.
Die Verifikation dieses Modells beanspruchte einen langen Zeitraum, da eine möglichst globale Kartierung der Oberfläche notwendig war. Erst mit der Galileo-Mission war dies möglich, obwohl durch technische Probleme eine vollständige Kartierung nicht durchgeführt werden konnte.
Außerdem konnten auf dem vorhandenen Bildmaterial nicht alle Vertiefungen entdeckt werden, da diese sich nur während des lokalen Sonnenauf- und Sonnenuntergangs durch ihre Schatten verraten.
Durch diese neuen Indizien ergeben sich auch neue wissenschaftliche Ziele. Zum einen ist eine genauere Karte der Oberfläche von Interesse. Gleichzeitig ist die Mächtigkeit des Eispanzers weiterhin unbekannt. Schätzungen reichen von 6 km bis 20 km. Außerdem ist der Zeitpunkt des Kippens noch unbekannt. All dies kann nur durch neue Beobachtungen vor Ort aufgeklärt werden und ruft nach einer neuen Mission ins Jupitersystem.