2. April 2019 – Eine Deep-Space-Antenne am DLR-Standort Weilheim bei München könnte das Problem ausreichender Kapazitäten bei aktuellen und zukünftigen Weltraummissionen der ESA lösen. Eine Information der Europäischen Raumfahrtagentur (European Space Agency, ESA).
Quelle: ESA.
In diesem und in den nächsten Jahren startet die ESA einige Missionen in unser Sonnensystem, zum Mars, zum Merkur und zum Jupiter. Alle Flüge haben eines gemeinsam: Sie benötigen die große Kapazitäten von Bodenstationen, um die enormen Mengen an wissenschaftlichen Daten herunterzuladen und es den Missionscontrollern zu ermöglichen, Befehle zu senden.
ESA-Bodenstationsnetzwerk ESTRACK
Die ESA verfügt bereits über drei hochmoderne Bodenstationen – erkennbar an ihren riesigen Antennen mit einem Durchmesser von 35 Metern – in Australien, Spanien und Argentinien. Diese Länder befinden sich im Abstand von jeweils rund 120° Länge über den Globus verteilt, so dass durch die drei Stationen eine globale Abdeckung für Missionen gewährleistet ist, die in praktisch jede Richtung in unserem Sonnensystem unterwegs sind.
„Die Stationen wurden zwischen 2002 und 2012 gebaut und stoßen beim Versenden und Empfangen von Daten bald an ihre Kapazitätsgrenze. Der Grund hierfür sind ehrgeizige Missionen wie die aktuell durchgeführten BepiColombo, ExoMars und Juice sowie die Tatsache, dass alle diese neueren Raumfahrzeuge enorme Mengen an wissenschaftlichen Daten herunterladen können“, erklärt Pier Bargellini, der für den Betrieb der Bodeneinrichtungen der ESA verantwortlich ist.
Zusätzliche Unterstützung: DLR-Funkstation erhält Signale von aktuellen ESA-Missionen
Um die Herausforderung zu meistern, haben die Ingenieure der ESA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) damit begonnen, die Möglichkeit zu prüfen, eine bestehende 30 m-Parabolantenne in Weilheim, 60 Kilometer südwestlich von München, zu nutzen. Damit sollen zusätzliche Trackingkapazitäten auf dem europäischen Längengrad bereitgestellt werden.
Dies könnte einen Teil der Kapazitätsprobleme auf dem europäischen Kontinent lösen, da die bereits bestehende europäische Infrastruktur effizient genutzt und gleichzeitig der Bedarf an kostspieligen Neukonstruktionen verringert wird.
Das DLR in Weilheim verfügt über eine Reihe von Antennen unterschiedlicher Größe. Die Bodenstation wird im 24 Stunden-Schichtdienst an sieben Tagen pro Woche betrieben. Sie unterstützt erdnahe Missionen wie TerraSAR-X, TanDEM-X und GRACE Follow On, die vom Deutschen Raumflug-Kontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen aus gesteuert werden. Die kleineren Antennen werden auch zur Unterstützung von ESA-Missionen im Erdorbit, wie beispielsweise Integral, verwendet.
Die größte Antenne mit einem Durchmesser von 30 Metern hat bereits in der Vergangenheit ESA-Missionen unterstützt und wird heute eingesetzt, wenn das DLR mit Partneragenturen zusammenarbeitet, z.B. beim Download von Daten von der japanischen Hayabusa 2-Mission. In jüngster Zeit wurde sie zudem für den Empfang von Signalen von globalen Navigationssatelliten wie GPS und Galileo verwendet.
Bei den ersten Tests, die in den letzten Monaten von DLR- und ESA-Ingenieuren durchgeführt wurden, konnte nachgewiesen werden, dass die hochmoderne Funkstation in der Lage ist, Signale von aktuellen ESA-Missionen wie Gaia und Mars Express zu empfangen.
DLR und ESA testen gemeinsam die Weilheimer Antenne für ESA-Missionen
„Da die 30-m-Antenne für Sonnen- und Weltraummissionen konzipiert wurde, freuen wir uns, dass ESA daran interessiert ist, sie wieder für ihren ursprünglichen Zweck zu verwenden“, erklärt Rolf Kozlowski, Leiter der Organisationseinheit „Kommunikation und Bodenstationen“ des DLR.
„Die Integration der Antenne in das ESA-Netzwerk wäre eine anspruchsvolle, aber lohnende Aufgabe für das DLR.“
„Abgesehen von der Empfangsfunktionalität kann die Antenne so ausgebaut werden, dass die Übertragungskapazitäten erweitert werden. Dank ihrer allgemeinen Eigenschaften eignet sich die Antenne perfekt zur Unterstützung von Missionen auf Monddistanz oder sogar Missionen zu den Lagrange-Punkten.“
Neben der Unterstützung zukünftiger ESA- und europäischer Missionen könnte das DLR nach dem Ausbau der Antenne auch die Nutzung für eigene zukünftige Missionen oder für solche von Partnerorganisationen ausweiten.
Solche Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit sind im Bereich des Satellitenbetriebs üblich und die „Antennenzeit“ wird in der Regel stundenweise vergeben oder erfolgt im Austausch für die Weitergabe der wissenschaftlichen Daten einer Mission.
Ingenieure beider Agenturen werden die Weilheimer Antenne weiterhin testen. Das Ziel besteht darin, zu beweisen, dass sie als funktionale Kommunikationsunterstützung für ESA-Missionen wie Gaia und Mars Express dienen kann.
Bündelung der Kompetenzen
Gemeinsame Aktivitäten der ESA und der nationalen Raumfahrtbehörden im Kommunikationsbereich sind Beispiele dafür, wie die europäische Raumfahrt durch den Aufbau eines „Netzwerks von Kontrollzentren“ noch leistungsfähiger und stärker werden kann.
Durch die Bündelung der Kompetenzen der von der ESA betriebenen Kontrollzentren und von Forschungseinrichtungen wie dem DLR und ihren Bodenstationen werden Ressourcen ergänzt und gemeinsam genutzt. Davon können europäische Missionen, Industrie- und Weltraumunternehmen insgesamt profitieren, sodass Europa noch wettbewerbsfähiger und für internationale Partnerschaften im Weltraum attraktiver wird.
„Der Ausbau der Weilheimer Antenne auf volle Weltraumkapazität ist eine gute Idee, die nicht nur die ESA, sondern auch das DLR selbst, Partneragenturen und neue kommerzielle Raumfahrtakteure unterstützen wird“, erklärt Rolf Densing, ESA-Direktor für Missionsbetrieb.
„Und es bietet den europäischen Steuerzahlern einen hervorragenden wissenschaftlichen Ertrag.“