ESO: Teilt dieser Exoplanet seine Umlaufbahn mit einem Verwandten?

Astronominnen und Astronomen haben mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) einen möglichen „Geschwisterplaneten“ entdeckt, der einen fernen Stern umkreist. Eine Pressemitteilung des ESO Science Outreach Network (ESON).

Quelle: ESON 19. Juli 2023.

Dieses Bild, aufgenommen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), an dem die ESO beteiligt ist, zeigt das junge Planetensystem PDS 70, das fast 400 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Im Zentrum des Systems befindet sich ein Stern, der aber in dem Bild nicht zu sehen ist. Das Signal im Zentrum stammt von einer inneren Scheibe aus Gas und Staub. Um diesen Stern kreist der Planet PDS 70 b (durch einen gelben Kreis hervorgehoben). Auf derselben Umlaufbahn wie PDS 70 b, die durch eine durchgezogene gelbe Ellipse gekennzeichnet ist, haben die Astronominnen und Astronomen eine Trümmerwolke (eingekreist durch eine gelb gepunktete Linie) entdeckt, bei der es sich um die Bausteine eines neuen Planeten oder um die Überreste eines bereits entstandenen Planeten handeln könnte. Die ringförmige Struktur, die das Bild dominiert, gehört zu einer zirkumstellare Scheibe aus Material, aus der sich Planeten bilden. Es gibt tatsächlich einen weiteren Planeten in diesem System: PDS 70 c, zu sehen auf 3 Uhr direkt neben dem inneren Rand der Scheibe. (Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO) /Balsalobre-Ruza et al.)
Dieses Bild, aufgenommen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), an dem die ESO beteiligt ist, zeigt das junge Planetensystem PDS 70, das fast 400 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Im Zentrum des Systems befindet sich ein Stern, der aber in dem Bild nicht zu sehen ist. Das Signal im Zentrum stammt von einer inneren Scheibe aus Gas und Staub. Um diesen Stern kreist der Planet PDS 70 b (durch einen gelben Kreis hervorgehoben). Auf derselben Umlaufbahn wie PDS 70 b, die durch eine durchgezogene gelbe Ellipse gekennzeichnet ist, haben die Astronominnen und Astronomen eine Trümmerwolke (eingekreist durch eine gelb gepunktete Linie) entdeckt, bei der es sich um die Bausteine eines neuen Planeten oder um die Überreste eines bereits entstandenen Planeten handeln könnte. Die ringförmige Struktur, die das Bild dominiert, gehört zu einer zirkumstellare Scheibe aus Material, aus der sich Planeten bilden. Es gibt tatsächlich einen weiteren Planeten in diesem System: PDS 70 c, zu sehen auf 3 Uhr direkt neben dem inneren Rand der Scheibe. (Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO) /Balsalobre-Ruza et al.)

19. JUli 2023 – Das Team spürte eine Trümmerwolke auf, die sich die Umlaufbahn mit diesem Planeten teilen könnte. Dabei handelt es sich ihrer Meinung nach um die Bausteine eines neuen Planeten oder um die Überreste eines bereits entstandenen Planeten. Sollte sich diese Entdeckung bestätigen, wäre dies der bisher stärkste Beleg dafür, dass sich zwei Exoplaneten eine Umlaufbahn teilen können.

„Vor zwei Jahrzehnten wurde theoretisch vorhergesagt, dass Planetenpaare mit ähnlicher Masse die gleiche Umlaufbahn um ihren Stern haben könnten, die so genannten trojanischen oder co-orbitalen Planeten. Zum ersten Mal haben wir Hinweise gefunden, die für diese Idee sprechen“, sagt Olga Balsalobre-Ruza, Studentin am Zentrum für Astrobiologie in Madrid, Spanien, die die heute in Astronomy & Astrophysics veröffentlichte Studie geleitet hat.

Trojaner, Gesteinskörper auf der gleichen Umlaufbahn wie ein Planet, kommen in unserem eigenen Sonnensystem häufig vor [1]. Das berühmteste Beispiel sind die trojanischen Asteroiden des Jupiter – mehr als 12.000 Gesteinskörper, die sich auf der gleichen Umlaufbahn um die Sonne befinden wie der Gasriese. Astronomen haben vorausgesagt, dass Trojaner, insbesondere trojanische Planeten, auch um einen anderen Stern als unsere Sonne existieren könnten, aber es gibt nur wenige Beweise für sie. „Exotrojaner [trojanische Planeten außerhalb des Sonnensystems] waren bisher wie Einhörner: Theoretisch könnten sie existieren, aber niemand hat sie je entdeckt“, sagt Mitautor Jorge Lillo-Box, ein leitender Forscher am Zentrum für Astrobiologie.

Jetzt hat ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dank ALMA, an dem die ESO beteiligt ist, den bisher stärksten Beobachtungshinweis für die Existenz trojanischer Planeten gefunden – im System PDS 70. Dieser junge Stern beherbergt bekanntlich zwei riesige, jupiterähnliche Planeten, PDS 70 b und PDS 70 c. Bei der Analyse archivierter ALMA-Beobachtungen dieses Systems entdeckte das Team eine Trümmerwolke an der Stelle in der Umlaufbahn von PDS 70 b, an der Trojaner vermutet werden.

Trojaner befinden sich in zwei so genannten Lagrange-Zonen, ausgedehnten Regionen auf der Umlaufbahn eines Planeten, in denen die kombinierte Anziehungskraft des Sterns und des Planeten Material einfangen kann. Bei der Untersuchung dieser beiden Bereiche auf der Umlaufbahn von PDS 70 b entdeckten die Astronomen ein schwaches Signal, was darauf hindeutet, dass sich dort eine Trümmerwolke mit einer Masse befinden könnte, die etwa doppelt so groß ist wie die unseres Mondes.

Das Team ist der Ansicht, dass diese Trümmerwolke auf eine bereits existierende trojanische Welt in diesem System oder auf einen Planeten hinweisen könnte, der sich gerade bildet. „Wer könnte sich zwei Welten vorstellen, die sich die Dauer des Jahres und die Bedingungen für die Bewohnbarkeit teilen? Unsere Arbeit ist der erste Beweis dafür, dass diese Art von Welt existieren könnte“, sagt Balsalobre-Ruza. „Wir können uns vorstellen, dass ein Planet seine Umlaufbahn mit Tausenden von Asteroiden teilen kann, wie im Fall des Jupiters, aber es ist für mich verblüffend, dass Planeten dieselbe Umlaufbahn teilen könnten.“

„Unsere Forschung ist ein erster Schritt, um nach ko-orbitalen Planeten in einem sehr frühen Stadium ihrer Entstehung zu suchen“, sagt Mitautorin Nuria Huélamo, eine leitende Wissenschaftlerin am Zentrum für Astrobiologie. „Dies wirft neue Fragen zur Entstehung von Trojanern auf, wie sie sich entwickeln und wie häufig sie in verschiedenen Planetensystemen vorkommen“, fügt Itziar De Gregorio-Monsalvo, Leiterin des ESO-Büros für Wissenschaft in Chile, hinzu, die ebenfalls an dieser Untersuchung beteiligt war.

Dieses farbenfrohe Bild zeigt den Himmel um den schwach orangefarbenen Zwergstern PDS 70 (in der Bildmitte). Der hellblaue Stern rechts ist χ Centauri. (Bild: ESO/Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin)
Dieses farbenfrohe Bild zeigt den Himmel um den schwach orangefarbenen Zwergstern PDS 70 (in der Bildmitte). Der hellblaue Stern rechts ist χ Centauri. (Bild: ESO/Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin)

Um ihre Entdeckung vollständig zu bestätigen, wird das Team bis nach 2026 warten müssen. Dann wollen sie ALMA nutzen, um zu prüfen, ob sich sowohl PDS 70 b als auch seine Geschwisterwolke aus Trümmern auf ihrer gemeinsamen Umlaufbahn um den Stern deutlich bewegen. „Dies wäre ein Durchbruch auf dem Gebiet der Exoplaneten“, sagt Balsalobre-Ruza.

„Die Zukunft dieses Themas ist sehr spannend, und wir freuen uns auf die für 2030 geplanten erweiterten ALMA-Möglichkeiten, die die Fähigkeit des Arrays, Trojaner in vielen anderen Sternen zu charakterisieren, dramatisch verbessern werden“, schließt De Gregorio-Monsalvo.

Endnoten
[1] Als die Asteroiden in der Umlaufbahn des Jupiters entdeckt wurden, benannte man sie nach den Helden des Trojanischen Krieges, woraus sich der Name Trojaner für diese Objekte ergab.

Diese Aufsuchkarte zeigt das südliche Sternbild Centaurus und markiert die Position der meisten Sterne, die in einer klaren, dunklen Nacht für das bloße Auge sichtbar sind. Der Zwergstern PDS 70 ist mit einem roten Kreis gekennzeichnet. (Bild: ESO, IAU and Sky & Telescope)
Diese Aufsuchkarte zeigt das südliche Sternbild Centaurus und markiert die Position der meisten Sterne, die in einer klaren, dunklen Nacht für das bloße Auge sichtbar sind. Der Zwergstern PDS 70 ist mit einem roten Kreis gekennzeichnet. (Bild: ESO, IAU and Sky & Telescope)

Weitere Informationen
Diese Forschungsarbeit wurde in einem Artikel vorgestellt, der in Astronomy & Astrophysics erscheint.

Das Team besteht aus O. Balsalobre-Ruza (Centro de Astrobiología [CAB], CSIC-INTA, Spanien), I. De Gregorio-Monsalvo (European Southern Observatory [ESO], Chile), J. Lillo-Box (CAB), N. Huélamo (CAB), Á. Ribas (Institut für Astronomie, Universität Cambridge, UK), M. Benisty (Laboratoire Lagrange, Université Côte d’Azur, CNRS, Observatoire de la Côte d’Azur, Frankreich und Univ. Grenoble Alpes, CNRS, IPAG, Frankreich), J. Bae (Department of Astronomy, University of Florida, USA), S. Facchini (Dipartimento di Fisica, Università degli Studi di Milano, Italien) und R. Teague (Department of Earth, Atmospheric, and Planetary Sciences, Massachusetts Institute of Technology, USA).

Über die ESO
Die Europäische Südsternwarte (ESO) befähigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit, die Geheimnisse des Universums zum Nutzen aller zu entdecken. Wir entwerfen, bauen und betreiben Observatorien von Weltrang, die Astronominnen und Astronomen nutzen, um spannende Fragen zu beantworten und die Faszination der Astronomie zu wecken, und wir fördern die internationale Zusammenarbeit in der Astronomie.

Die ESO wurde 1962 als zwischenstaatliche Organisation gegründet und wird heute von 16 Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich) sowie dem Gastland Chile und Australien als strategischem Partner unterstützt. Der Hauptsitz der ESO und ihr Besucherzentrum und Planetarium, die ESO Supernova, befinden sich in der Nähe von München in Deutschland, während die chilenische Atacama-Wüste, ein wunderbarer Ort mit einzigartigen Bedingungen für die Himmelsbeobachtung, unsere Teleskope beherbergt. Die ESO betreibt drei Beobachtungsstandorte: La Silla, Paranal und Chajnantor. Am Standort Paranal betreibt die ESO das Very Large Telescope und das dazugehörige Very Large Telescope Interferometer sowie Durchmusterungsteleskope wie z. B. VISTA. Ebenfalls am Paranal wird die ESO das Cherenkov Telescope Array South betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Observatorium der Welt. Zusammen mit internationalen Partnern betreibt die ESO auf Chajnantor APEX und ALMA, zwei Einrichtungen zur Beobachtung des Himmels im Millimeter- und Submillimeterbereich. Auf dem Cerro Armazones in der Nähe von Paranal bauen wir „das größte Auge der Welt am Himmel“ – das Extremely Large Telescope der ESO. Von unseren Büros in Santiago, Chile, aus unterstützen wir unsere Aktivitäten im Land und arbeiten mit chilenischen Partnern und der Gesellschaft zusammen.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

Forschungsartikel:
https://www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso2311/eso2311a.pdf

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