Analyse der ersten Beobachtungen gibt Aufschluss über die Entwicklung des Perseus-Galaxienhaufens. Eine Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE).
Quelle: MPE 23. Mai 2024.
23. Mai 2024 – Heute veröffentlicht die ESA-Weltraummission Euclid fünf neue, spektaktuläre Ansichten des Universums. Die noch nie zuvor gezeigten Bilder zeigen, dass Euclid in der Lage ist, die Geheimnisse des Kosmos zu entschlüsseln, und ermöglichen es den Wissenschaftlern, nach fremden Planeten zu suchen, Galaxien mit dem Gravitationslinseneffekt zur Untersuchung geheimnisvoller Materie zu nutzen und die Entwicklung des Universums zu erforschen. Die neuen Bilder begleiten die ersten wissenschaftlichen Daten der Mission, die ebenfalls heute veröffentlicht wurden, sowie mehrere wissenschaftliche Arbeiten. Im Fokus der ersten Datenanalyse stand unter anderem der Perseus-Galaxienhaufen, bei dem Wissenschaftler unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching das schwache Licht innerhalb des Galaxienhaufens untersuchten.
Im Vorfeld der anstehenden Euclid-Hauptdurchmusterung beobachtete das Weltraumteleskop 17 astronomische Objekte, von nahen Gas- und Staubwolken bis hin zu weit entfernten Galaxienhaufen. Euclid wird die verborgenen, netzartigen Stukturen des Kosmos aufzeichnen, Milliarden von Galaxien in mehr als einem Drittel des Himmels kartieren, erforschen, wie sich unser Universum im Laufe der kosmischen Geschichte entwickelt hat, und die geheimnisvollsten seiner grundlegenden Bestandteile untersuchen: dunkle Energie und dunkle Materie.
Die Bilder sind weit mehr als nur schöne Schnappschüsse. Dank der neuartigen Beobachtungsmöglichkeiten von Euclid enthüllen sie neue physikalische Eigenschaften des Universums, die in einer Reihe von Veröffentlichungen der Euclid-Kollaboration näher erläutert werden (siehe ESA-Pressemitteilung). Euclid erstellte den neuen Katalog an nur einem einzigen Tag und entdeckte dabei mehr als elf Millionen Objekte im sichtbaren Licht und weitere fünf Millionen im Infrarotlicht. Daneben werden in fünf weiteren Arbeiten wichtige Aspekte der Euclid-Mission näher beschrieben.
Euclids Bild des Perseus-Galaxienhaufens wurde vor nur sechs Monaten als eines der ersten Bilder des Weltraumteleskops veröffentlicht. Perseus ist eines der spektakulärsten Objekte in unserer kosmischen Nachbarschaft: Er befindet sich in einer Entfernung von „nur“ 240 Millionen Lichtjahren (bei einer Rotverschiebung von z = 0,018) und ist der hellste Röntgenhaufen. Mit seiner hohen Gesamtmasse von 650 Billionen Sonnenmassen bindet seine Schwerkraft Tausende von Galaxien aneinander.
Zum ersten Mal konnte ein Team angeführt vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik nun auch das diffuse Licht aus dem Perseus-Galaxienhaufen bis in die Randbereiche des Haufens analysieren. „Euclid bietet sowohl die nötige Empfindlichkeit als auch ein großes Gesichtsfeld, um das schwache Licht im Perseus-Haufen aufzufangen,“ sagt Matthias Kluge, Hauptautor der Studie, die nun zusammen mit 14 anderen Arbeiten veröffentlicht wurde. „Dieses Licht ist etwa 100.000-mal schwächer im Infraroten als der dunkelste Nachthimmel auf der Erde. Trotzdem macht es aufgrund seiner großen Ausdehnung rund 20% der Gesamt-Leuchtkraft des Haufens aus.“
Darüber hinaus nutzte das Team die hervorragenden Abbildungseigenschaften von Euclid im sichtbaren Licht – vergleichbar mit denen des Hubble-Weltraumteleskops – um 50.000 frei fliegende Kugelsternhaufen zu entdecken. Die Eigenschaften der Kugelsternhaufen und die bläuliche Farbe des diffusen Lichts deuten auf einen gemeinsamen Ursprung hin: Zum einen stammen sie aus den metallarmen Außenbereichen massereicher Haufengalaxien, die durch die Gezeitenkräfte des Haufens abgestreift wurden. Zum anderen steigt mit zunehmender Entfernung vom Haufenzentrum der Anteil der Zwerggalaxien, die ebenfalls durch die starken Gezeitenkräfte vollständig zerrissen wurden.
In einer weiteren Studie wurden zahlreiche noch existierende Zwerggalaxien im Perseus-Haufen nachgewiesen. Raphael Zöller vom MPE und der LMU war maßgeblich an den Messungen beteiligt: „Euclid befindet sich am zweiten Lagrange-Punkt weit außerhalb der Erdatmosphäre. Dank des dunklen Bildhintergrundes, der exzellenten Bildauflösung und des großen Gesichtsfeldes konnten wir 1100 Zwerggalaxien nachweisen, darunter Hunderte mit viel schwächerer Leuchtkraft als jemals zuvor im Perseus-Galaxienhaufen.“
Hintergrundinformationen
Euclid ist eine Weltraummission der Europäischen Weltraumagentur (ESA) mit Beiträgen der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Im „Cosmic Vision“-Programm der ESA ist es die zweite M-Klasse-Mission.
VIS und NISP wurden von einem Konsortium aus Wissenschaftlern und Ingenieurinnen aus 17 Ländern entwickelt und gebaut, viele aus Europa, aber auch aus den USA, Kanada und Japan. Aus Deutschland beteiligen sich das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching, die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, die Universität Bonn (UB), die Ruhr-Universität Bochum (RUB) sowie die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn.
Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert die deutschen ESA-Beiträge und stellt darüber hinaus aus dem Nationalen Raumfahrtprogramm Fördermittel in Höhe von 60 Millionen Euro für die beteiligten deutschen Forschungsinstitute zur Verfügung.
Deutschland ist mit rund 21 Prozent der größte Beitragszahler im ESA-Wissenschaftsprogramm.
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