ESA: Webb nimmt neuen, kalten Exoplaneten in 12 Lichtjahren Entfernung auf

Ein internationales Team von Astronom*innen hat mit dem NASA/ESA/CSA James-Webb-Weltraumteleskop einen Exoplaneten in etwa 12 Lichtjahren Entfernung von der Erde direkt abgebildet. Es gab zwar Hinweise auf die Existenz des Planeten, aber bis zur Aufnahme durch Webb wurden sie nicht bestätigt. Der Planet ist einer der kältesten Exoplaneten, die bisher beobachtet wurden. Eine Information der European Space Agency (ESA).

Quelle: ESA 25. Juli 2024.

25. Juli 2024 – Der Planet mit der Bezeichnung Epsilon Indi Ab hat die mehrfache Masse des Jupiter und umkreist den Stern vom Typ K Epsilon Indi A (Eps Ind A), der etwa so alt wie unsere Sonne ist, aber etwas kühler. Das Team beobachtete Epsilon Indi Ab mit dem Koronagraphen des MIRI-Instruments (Mid-Infrared Instrument) von Webb. Nur einige Dutzend Exoplaneten wurden bisher von weltraum- und bodengestützten Teleskopen direkt abgebildet.

Exoplanet Epsilon Indi Ab (MIRI Bild). (Quelle: ESA/Webb, NASA, CSA, STScI, E. Matthews (Max Planck Institute for Astronomy) CC BY 4.0 INT)
Exoplanet Epsilon Indi Ab (MIRI Bild). (Quelle: ESA/Webb, NASA, CSA, STScI, E. Matthews (Max Planck Institute for Astronomy) CC BY 4.0 INT)

„Diese Entdeckung ist aufregend, weil der Planet dem Jupiter recht ähnlich ist – er ist etwas wärmer und massereicher, aber er ähnelt dem Jupiter mehr als jeder andere Planet, der bisher abgebildet wurde“, sagte die Hauptautorin Elisabeth Matthews vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Deutschland.

„Unsere bisherigen Beobachtungen dieses Systems waren eher indirekte Messungen des Sterns, die es uns ermöglichten, frühzeitig zu erkennen, dass es in diesem System wahrscheinlich einen Riesenplaneten gibt, der an dem Stern zerrt“, fügt Teammitglied Caroline Morley von der University of Texas in Austin, USA, hinzu. „Deshalb hat unser Team dieses System ausgewählt, um es zuerst mit Webb zu beobachten.“

Analoges Sonnensystem
Bei den bereits abgebildeten Exoplaneten handelt es sich in der Regel um die jüngsten und heißesten Exoplaneten, die noch einen Großteil der Energie aus der Zeit ihrer Entstehung abstrahlen. Wenn Planeten im Laufe ihres Lebens abkühlen und schrumpfen, werden sie deutlich schwächer und sind daher schwieriger abzubilden.

„Kalte Planeten sind sehr lichtschwach, und der Großteil ihrer Strahlung liegt im mittleren Infrarot“, erklärt Matthews. „Webb ist ideal geeignet, um Aufnahmen im mittleren Infrarotbereich zu machen, was von der Erde aus extrem schwierig ist. Wir brauchten auch eine gute räumliche Auflösung, um den Planeten und den Stern in unseren Bildern zu trennen, und der große Webb-Spiegel ist in dieser Hinsicht äußerst hilfreich.“

Epsilon Indi Ab ist einer der kältesten Exoplaneten, die bisher direkt entdeckt wurden, mit einer geschätzten Temperatur von 2 Grad Celsius – kälter als jeder andere abgebildete Planet außerhalb unseres Sonnensystems und kälter als alle anderen frei schwebenden Braunen Zwerge bis auf einen [1]. Der Planet ist nur etwa 100 Grad Celsius wärmer als Gasriesen in unserem Sonnensystem. Damit bietet sich den Forschenden die seltene Gelegenheit, die atmosphärische Zusammensetzung echter Analoga des Sonnensystems zu untersuchen.

„Astronom*innen haben sich Planeten in diesem System seit Jahrzehnten vorgestellt; fiktive Planeten, die Epsilon Indi umkreisen, waren Schauplatz von Star Trek Episoden, Romanen und Videospielen wie Halo“, fügt Morley hinzu. „Es ist aufregend, dort nun tatsächlich einen Planeten zu sehen und seine Eigenschaften zu messen.“

Nicht ganz wie vorhergesagt
Epsilon Indi Ab ist der zwölftnächste bisher bekannte Exoplanet in Erdnähe und der nächstgelegene Planet, der massereicher als Jupiter ist. Das Wissenschaftsteam entschied sich für die Untersuchung von Eps Ind A, weil das System mit Hilfe einer Technik namens Radialgeschwindigkeit, die die Hin- und Herbewegungen des Zentralsterns entlang unserer Sichtlinie misst, Hinweise auf einen möglichen planetaren Körper lieferte.

„Wir hatten zwar erwartet, in diesem System einen Planeten zu entdecken, weil es Hinweise auf seine Anwesenheit mit der Radialgeschwindigkeit gab, aber der Planet, den wir gefunden haben, entspricht nicht unseren Erwartungen“, so Matthews, “er ist etwa doppelt so massiv, etwas weiter von seinem Stern entfernt und hat eine andere Umlaufbahn als erwartet. Die Ursache für diese Diskrepanz bleibt eine offene Frage. Auch die Atmosphäre des Planeten scheint ein wenig anders zu sein als die Modellvorhersagen. Bisher haben wir nur wenige photometrische Messungen der Atmosphäre, so dass es schwierig ist, Schlussfolgerungen zu ziehen, aber der Planet ist bei kürzeren Wellenlängen schwächer als erwartet.“

Das Team glaubt, dass dies bedeuten könnte, dass es in der Atmosphäre des Planeten beträchtliche Mengen an Methan, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid gibt, die die kürzeren Wellenlängen des Lichts absorbieren. Dies könnte auch auf eine stark bewölkte Atmosphäre hindeuten.

Die direkte Abbildung von Exoplaneten ist für ihre Charakterisierung besonders wertvoll. Die Forschenden können das Licht des beobachteten Planeten direkt auffangen und seine Helligkeit bei verschiedenen Wellenlängen vergleichen. Bislang hat das Wissenschaftsteam Epsilon Indi Ab nur bei einigen wenigen Wellenlängen entdeckt, aber es hofft, den Planeten in Zukunft mit Webb erneut zu besuchen, um sowohl photometrische [2] als auch spektroskopische Beobachtungen durchzuführen. Man hofft auch, andere ähnliche Planeten mit Webb zu entdecken, um mögliche Trends in Bezug auf ihre Atmosphären und die Entstehung dieser Objekte zu ermitteln.

Die Ergebnisse wurden mit Webb’s Cycle 1 GO Programm #2243 aufgenommen und in Nature veröffentlicht.

Fußnoten
[1] Dieser Braune Zwerg, bekannt als Wise 0855, wurde 2014 entdeckt und von Webb beobachtet.
[2] Photometrie ist die Wissenschaft der Messung der Lichtmenge, die von einem Stern empfangen wird.

Weitere Informationen
Webb ist das größte und leistungsstärkste Teleskop, das jemals ins All gebracht wurde. Im Rahmen eines internationalen Kooperationsabkommens stellte die ESA den Startdienst für das Teleskop mit der Trägerrakete Ariane 5 bereit. In Zusammenarbeit mit ihren Partnern war die ESA für die Entwicklung und Qualifizierung der Ariane-5-Anpassungen für die Webb-Mission sowie für die Beschaffung des Startservices durch Arianespace verantwortlich. Die ESA stellte auch den Spektrographen NIRSpec und 50 % des Instruments für das mittlere Infrarot (MIRI) zur Verfügung, das von einem Konsortium national getragener europäischer Institute (The MIRI European Consortium) in Zusammenarbeit mit dem JPL und der Universität von Arizona entwickelt und gebaut wurde.
Webb ist eine internationale Partnerschaft zwischen der NASA, der ESA und der Kanadischen Raumfahrtagentur (CSA).

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