Die ESA-Mission zur Erforschung der Sonne, Solar Orbiter, hat am 15. Juni 2020 ihre erste Annäherung an den Stern vorgenommen. Sie kam der Oberfläche des Sterns bis auf 77 Millionen Kilometer nahe, was etwa der Hälfte der Entfernung zwischen Sonne und Erde entspricht. Eine Information der Europäischen Raumfahrtagentur (European Space Agency, ESA).
Quelle: ESA.
In der Woche nach diesem ersten Perihel, dem sonnennächsten Punkt auf der Umlaufbahn, werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Mission die zehn Instrumente des Raumschiffs testen, darunter die sechs Teleskope an Bord, die zum ersten Mal gemeinsam Nahaufnahmen der Sonne machen werden. Laut Daniel Müller, ESA-Projektwissenschaftler für den Solar Orbiter, wurden noch nie Bilder der Sonne aus so großer Nähe aufgenommen. Sie sollen Mitte Juli veröffentlicht werden.
„Wir haben noch nie Bilder der Sonne aus einer näheren Entfernung als dieser gemacht“, sagt Müller. „Es hat Nahaufnahmen mit höherer Auflösung gegeben, die z.B. vom Vier-Meter-Sonnenteleskop Daniel K. Inouye auf Hawaii Anfang dieses Jahres aufgenommen wurden. Aber von der Erde aus, mit der Atmosphäre zwischen dem Teleskop und der Sonne, kann man nur einen kleinen Teil des Sonnenspektrums sehen, den man im Weltraum sehen kann“.
Die NASA-Sonnensonde Parker, die 2018 gestartet wurde, kommt zwar näher heran, sie verfügt jedoch nicht über Teleskope, die direkt auf die Sonne blicken können.
„Unsere abbildenden Ultraviolett-Teleskope haben die gleiche räumliche Auflösung wie die des Solar Dynamic Observatory (SDO) der NASA, das hochauflösende Bilder der Sonne aus einer erdnahen Umlaufbahn aufnimmt. Da wir derzeit nur halb so weit von der Sonne entfernt sind, haben unsere Bilder während dieses Perihels die doppelte SDO-Auflösung“, erklärt Müller.
Das Hauptziel dieser frühen Beobachtungen ist der Test, dass die Teleskope des Solar Orbiter für zukünftige wissenschaftliche Beobachtungen bereit sind.
Daniel Müller ist gespannt: „Zum ersten Mal werden wir in der Lage sein, die Bilder aller unserer Teleskope zusammenzusetzen und zu sehen, wie sie komplementäre Daten der verschiedenen Teile der Sonne aufnehmen, einschließlich der Oberfläche, der äußeren Atmosphäre, der Korona, und der weiteren Heliosphäre um sie herum“.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden auch Daten der vier In-situ-Instrumente analysieren sowie die Eigenschaften der Umgebung des Raumschiffs messen, wie das Magnetfeld und die Partikel, aus denen der Sonnenwind besteht.
„Dies ist das erste Mal, dass unsere In-situ-Instrumente in einer so geringen Entfernung zur Sonne arbeiten und uns einen einzigartigen Einblick in die Struktur und Zusammensetzung des Sonnenwindes geben“, so Yannis Zouganelis, stellvertretender ESA-Projektwissenschaftler für den Solar Orbiter. „Für die In-situ-Instrumente ist dies nicht nur ein Test, wir erwarten auch neue und aufregende Ergebnisse“.
Der am 10. Februar dieses Jahres gestartete Solar Orbiter schließt seine Inbetriebnahmephase am 15. Juni ab und beginnt mit seiner Reiseflugphase, die bis November 2021 dauern wird. In der darauffolgenden wissenschaftlichen Hauptphase der Mission wird die Raumsonde bis zu 42 Millionen Kilometer an die Oberfläche der Sonne herankommen, was näher als der Planet Merkur ist.
Der Solar Orbiter wird Anfang 2021 sein nächstes Perihel erreichen. Bei der ersten Annäherung an die Sonne in der wissenschaftlichen Hauptphase, Anfang 2022, wird er bis zu 48 Millionen Kilometer nah herankommen.
Die Flugingenieure des Solar Orbiter werden dann die Schwerkraft der Venus nutzen, um die Umlaufbahn der Sonde allmählich aus der Ekliptikebene, in der die Planeten des Sonnensystems kreisen, heraus zu verlagern. Diese Vorbeiflugmanöver werden es Solar Orbiter ermöglichen, die Sonne von höheren Breitengraden aus zu betrachten und zum ersten Mal eine gute Sicht auf ihre Pole zu erhalten. Die Untersuchung der Aktivität in den Polarregionen wird den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern helfen, das Verhalten des Magnetfeldes der Sonne besser zu verstehen. Das Magnetfeld treibt die Entstehung des Sonnenwindes an, der wiederum die Umwelt des gesamten Sonnensystems beeinflusst.
Da das Raumfahrzeug derzeit 134 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist, wird es etwa eine Woche dauern, bis alle Perihel-Bilder über die 35 m Deep Space Antenne der ESA in Malargüe, Argentinien, heruntergeladen sind. Die Wissenschaftsteams werden die Bilder dann bearbeiten, bevor sie Mitte Juli für die Öffentlichkeit freigegeben werden. Die Daten der In-situ-Instrumente werden im Laufe dieses Jahres nach einer sorgfältigen Kalibrierung aller einzelnen Sensoren veröffentlicht.
„Wir haben jeden Tag ein neunstündiges Download-Fenster, aber wir sind bereits sehr weit von der Erde entfernt, so dass die Datenrate viel niedriger ist als in den ersten Wochen der Mission, als wir noch sehr nahe an der Erde waren“, sagt Daniel Müller. „In den späteren Phasen der Mission wird es gelegentlich bis zu mehrere Monate dauern, alle Daten herunterzuladen, da es sich bei Solar Orbiter wirklich um eine Mission im tiefen Weltraum handelt. Im Gegensatz zu erdnahen Missionen können wir daher viele Daten an Bord speichern und sie herunterladen, wenn wir wieder näher an der Erde sind und die Datenverbindung viel besser ist.“
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