ESA: Saarländischer Weltraumgenuss mit einer Prise Wissenschaft

Europäisches Essen ist wohl immer etwas Besonderes, aber in dieser Woche konnte ESA-Astronaut Matthias Maurer gleich mehrere Spezialitäten aus seiner saarländischen Heimat bei einem Nikolausschmaus im Weltraum genießen. Eine Information der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

Quelle: ESA.

Paket mit saarländischer Weltraumnahrung. (Bild: ESA/NASA)

8. Dezember 2021 – Jedes Jahr am 6. Dezember wird in Deutschland und anderen Teilen Europas das Nikolausfest gefeiert. In diesem Jahr bot es Matthias den perfekten Anlass, zwei 2-Gänge-Menüs aus seiner saarländischen Heimat mit seinen Crew-Kolleg*innen auf der Internationalen Raumstation ISS zu teilen.

Matthias Maurer hält ein Paket mit saarländischer Weltraumnahrung auf der Internationalen Raumstation. (Bild: ESA)

Das erste der beiden Menüs wurde von SR-Fernseh- und Sternekoch Cliff Hämmerle kreiert und besteht aus Geheirade, eine Art Mehlklöße und Salzkartoffeln in Soße, und Rostigen Rittern zum Nachtisch. Das zweite Menü stammt vom Sieger des Online-Abstimmungswettbewerbs, den die Tourismuszentrale Saarland im Jahr 2020 ausgeschrieben und bei dem 10 lokale Gastronomen ihre Gerichte vorgeschlagen hatten.

Der Gewinner dieses Wettbewerbs ist Inhaber und Küchenchef der „Taverne Römische Villa Borg” im Saarland, Christian Heinsdorf. Sein Menü besteht aus einer Kartoffelcremesuppe und Rehragout mit Rahm-Wirsing und Hoorische, einer Art Kartoffelklöße. Die ESA arbeitete dann mit dem zertifizierten Catering-Unternehmen LSG Group zusammen, um beide Menüs für den Weltraum zuzubereiten und zu konservieren.

Maurer genießt eine Kartoffelsuppe aus seiner Heimatregion. (Bild: ESA/NASA)

„Wir haben alle vier Dosen pro Person zum Abendessen gegessen“, sagt Matthias Maurer. „Alle haben die kulinarischen Highlights meiner Heimatregion in vollen Zügen genossen. Ich habe sie auch ins Saarland eingeladen, um weitere Gerichte zu probieren.

Ich hatte die Weltraumversionen dieser Gerichte tatsächlich auch vorher nicht probiert, weil ich mich da voll und ganz im All überraschen lassen wollte, und ich muss zugeben, dass die Köche ihre Sache sehr gut gemacht haben! Die Kartoffelsuppe war etwas weniger flüssig als auf der Erde, aber das war Absicht, um zu vermeiden, dass die Suppe in der Schwerelosigkeit aus der Dose schwappt. Die Geheirade und Rostigen Ritter haben aber genauso geschmeckt, wie ich sie in Erinnerung habe. Die Kartoffelsuppe und das Rehfleisch waren neu für mich, aber ich freue mich darauf, die Originale im Restaurant zu probieren, wenn ich wieder auf der Erde bin.“

Maurer hält einen antimikrobiellen Löffel, der für das saarländische Weltraum-Essen entwickelt wurde. (Bild: ESA/NASA)

Raffiniertes Besteck
Doch nicht nur das Essen kam an diesem Abend aus Matthias Maurers saarländischer Heimat. Die Astronautinnen und Astronauten aßen auch mit speziellen Löffeln aus rostfreiem Stahl und Kupfer. Diese sind Teil einer Forschungsstudie über die antimikrobiellen Eigenschaften von laserstrukturierten Oberflächen.

Die Studienleiter Prof. Frank Mücklich (Institut für Funktionswerkstoffe, Universität des Saarlandes, Saarbrücken) und Prof. Ralf Möller (Institut für Raumfahrtmedizin, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR, Köln) untersuchen seit 2017 die antimikrobielle Wirkung von laserstrukturierten Oberflächen für den Einsatz in der Raumfahrt. Die antimikrobielle Wirkung einiger Metalle ist zwar schon länger bekannt, doch die moderne Laser-Oberflächenstrukturierung soll zu einer bis zu 80 Prozent geringeren Bakterienanhaftung führen und könnte die Übertragung von schädlichen Keimen sowohl im Weltraum als auch hier auf der Erde deutlich reduzieren.

Die Professoren Frank Mücklich und Ralf Möller beschreiben das Ziel dieses Löffel-Experiments so: „Wir wollen herausfinden, wie effizient Löffel mit Oberflächen aus Edelstahl oder Kupfer und zusätzlichen mikroskopisch feinen Laserstrukturen die Anlagerung von Keimen verhindern oder diese sogar abtöten, welche Mikroorganismen daran haften und wie robust die strukturierten Oberflächen im täglichen Gebrauch sind.“

Matthias Maurer und seine Crew-Kolleg*innen wurden gebeten, die Löffel so oft wie möglich zu benutzen aber zwischen ihren Einsätzen nur leicht zu reinigen, z.B. mit einer geringen Menge Wasser, bevor sie zur Analyse zurück zur Erde gebracht werden. Dieser Versuch wird durch Matthias im Weltraum, aber auch von Forschenden auf der Erde durchgeführt, um zu sehen, wie sich die Schwerelosigkeit auf die Ansammlung und das Verhalten der Keime auswirkt.

Die Hoffnung ist, dass die Löffel dazu beitragen werden, die besten Materialien für hygienischere Oberflächen zu finden, aber die Frage, ob das Essen auf dem saarländischen Besteck auch besser schmeckt, bleibt laut Ralf Möller erstmal offen.

„Wir werden Matthias Maurer nach dem Flug fragen, ob das Essen mit den saarländischen High-Tech-Löffeln besser schmeckt. Aber da herrscht bei uns natürlich auch eine gewisse Voreingenommenheit“, scherzt er.

In einem ersten Bericht sagte Matthias Maurer: „Die kleinen oberflächenbehandelten Testflächen auf den Löffeln haben das Essgefühl nicht verändert – im Gegenteil, die Verwendung dieser strukturierten Löffel hat dieses Essen nur noch besonderer gemacht.“

Experiment „Touching surfaces“. (Bild: ESA – M. Maurer)

Sicherere Oberflächen im Weltraum und auf der Erde
Die saarländische Studie mit den laserstrukturierten Löffeln ist eine von mehreren, die sich mit der Entwicklung hygienischerer Oberflächen befassen und dient laut Prof. Frank Mücklich als „wissenschaftliche Brücke“ zu einer Reihe anderer Forschungsexperimente, die während der Cosmic Kiss-Mission stattfinden.

Dazu gehört das Experiment „Biofilms“, das ebenfalls von der Forschungsgruppe Luft- und Raumfahrtmikrobiologie am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes entwickelt wurde.

Im temperaturkontrollierten Inkubator „Kubik” zur Untersuchung biologischer Proben im europäischen Columbus-Modul testet Biofilms die antimikrobiellen Eigenschaften von laserstrukturierten Metalloberflächen wie Stahl, Kupfer und Messing unter dem Einfluss der Schwerelosigkeit.

Kürzlich hat Matthias Maurer auch Bilder eines Technologie-Demonstrators namens „Touching Surfaces“ gepostet, bei dem mit einem Laser aufgebrachte Nanostrukturen auf neuartigen Oberflächen aus Kupfer und Messing auf ihre antimikrobielle Wirkung hin untersucht werden sollen.

Während Matthias Maurers Cosmic Kiss-Mission werden fünf Touching Surfaces-Paneele der Innenumgebung der Raumstation ausgesetzt, wobei die Astronautinnen und Astronauten aufgefordert wurden, sie häufig zu berühren, bevor sie für materialwissenschaftliche und molekularbiologische Analysen zurück zur Erde gebracht werden.

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