Die Raumfahrt lebt von öffentlichem Zuspruch, und der braucht Visionen. Die ESA hat dazu die Idee in den Ring geworfen, die Bauteile einer Mondbasis mit einem 3D-Drucker vor Ort herzustellen. Das wäre so ungewöhnlich nicht, auf der Erde kommt diese Technik in der Architektur nicht erst seit gestern zum Einsatz.
Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: ESA, Foster + Partners.
Die Raumfahrt ist ein Gebiet, auf dem Profis und Laien immer etwas hin und her gerissen sind. Auf der einen Seite verlässt man sich gerne auf Altbewährtes, auf der anderen Seite ist man Plattform für technologische Innovationen. Wo wären wir, wenn es die eher robuste Sojus-Technik nicht gäbe? Und was würde uns fehlen, wenn uns die Shuttle-Technik nicht neue Visionen erlaubt hätte?
Die ESA hat nun eine solche Vision für ihre Mond-Ambitionen veröffentlich: Selbstdruck der Behausung vor Ort. Beim Thema „Drucken“ erschrickt der Laie zunächst, denkt er doch gleich an den exorbitanten Kilogramm-Preis der Tinte seines 2D-Druckers und an das Gewicht des Papiers. Das soll, so die ESA, nicht das Problem sein. Das Bindemittel, die „Tinte“, und insbesondere der Baugrundstoff, das „Papier“, könnten weitgehend aus dem Mondboden gewonnen werden. Die Vision ist so gesehen, das sei zwischendurch angemerkt, eigentlich ein menschheitsgeschichtlicher Rückschritt. Raumfahrt ist modernste Fertigteil-Bauwirtschaft. Die künftigen Mondpioniere müssen sich eher wie Siedler vergangener Tage vorkommen, die sich ihre Hütte erst mal selber aus dem vorhandenen Holz herstellen mussten und bis dahin im Schiff oder Planwagen schliefen.
Die Eignung des Mondmaterials für ein 3D-Druckverfahren wird im Auftrag der ESA gegenwärtig von Industriepartnern getestet – natürlich nicht mit Tonnen von originalem Mondstaub, sondern mit vergleichbaren irdischen Materialien. In Italien hat man eine Lagerstätte mit ausreichenden Mengen von mit Mondregolith vergleichbarem Basaltgestein gefunden (99,8 Prozent Übereinstimmung). Probleme sind dabei nicht nur die prinzipielle Eignung des Materials und der Energiebedarf. Produktionsherausforderungen sind auch die völlig anders gearteten Umweltbedingungen auf dem Mond: geringe Schwerkraft, Vakuum, extreme Temperaturschwankungen und Strahlung. Und nicht zuletzt – Mondstaub ist wie jeder Feinstaub gefährlich, darf also am Schluss auch nicht die Atemluft in der Station zu sehr belasten.
Mit im Boot ist das britische Architekturbüro Foster + Partners. Dort wurde laut ESA das Konzept für eine lasttragende Kuppel entwickelt. Außen besteht sie aus einer zellenförmig strukturierten Wand zur Abwehr von Mikrometeoriten und Weltraumstrahlung. Das Innere ist ein aufblasbarer Druckkörper. Zu Demonstrationszwecken wurde bereits ein 1,5 Tonnen schwerer Baustein gedruckt. Das Bauteil ist, so die Architekten, eine hohle Zellstruktur, vergleichbar einem Vogelknochen, die eine gute Kombination aus Stabilität und Gewicht gewährleistet.
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