Vom 25. bis zum 26. November 2008 tagte der Ministerrat der Europäischen Weltraumorganisation, das oberste Gremium der ESA, in Den Haag. Die ESA ist eine eigenständige Organisation, die allerdings vor allem über den Europäischen Weltraumrat enge Verbindungen mit der EU unterhält.
Ein Beitrag von Hans J. Kemm. Quelle: DLR/ESA.
Die von den zuständigen Ministern der 18 Mitgliedstaaten sowie dem assoziierten Mitgliedsland Kanada gefassten Beschlüsse stellen einen wichtigen Schritt dar, um die ESA mit den notwendigen Mitteln auszustatten, sich den globalen Herausforderungen zu stellen.
In Anbetracht der Bedeutung der Raumfahrt und ihrer Wichtigkeit für die Unabhängigkeit, die Sicherheit und den Wohlstand Europas haben die Minister vier Entschließungen formuliert und angenommen:
- die Rolle der Raumfahrt bei der Verwirklichung der globalen Ziele Europas, die die politischen und programmatischen Höhepunke der Ratstagung auf Ministerebene zusammenfasst.
- das Mittelvolumen der obligatorischen Tätigkeiten der Organisation für ihre weltraumwissenschaftlichen Programme und grundlegenden Tätigkeiten im Zeitraum 2009–2013 festzusetzen.
- Erneuerung des Beitrags der ESA-Mitgliedstaaten zu den laufenden Kosten des Raumfahrtzentrums Guayana, Europas Raumflughafen im südamerikanischen Französisch-Guayana.
- die weitere Entwicklung der Organisation, die von der Finanzmanagementreform über das Beschlussfassungsverfahren und die Industrie- und Beschaffungspolitik bis hin zur weiteren Entwicklung der Standortinfrastruktur reicht.
Insgesamt wurden von den Mitgliedsstaaten Programme im Wert von gut 10 Milliarden Euro beschlossen. Davon zeichnet die Bundesrepublik Deutschland allein für die kommenden Jahre insgesamt 2,7 Milliarden Euro und bleibt damit die größte Raumfahrtnation im europäischen Verbund. Bereits 2008 war Deutschland mit 603 Millionen Euro stärkster ESA-Partner und trägt auch in Zukunft rund ein Viertel aller Beiträge.
Weitere Punkte des jetzt beschlossenen Programms sind unter anderen die Gewährleistung des autonomen Zugangs zum All mit wettbewerbsfähigen Trägersystemen, die dritte Generation des Wettersatelliten Meteosat und die zukünftige Nutzung der internationalen Raumstation ISS.
Europa wird in Zukunft mit drei Trägern einen autonomen Zugang zum All haben. Hierdurch kann Europa ungehindert und unabhängig von anderen Raumfahrtnationen das All in so wichtigen Bereichen wie der Erdbeobachtung, Meteorologie, Aufklärung, Kommunikation und Navigation nutzen. Als Kernziele der Weiterentwicklung der Ariane 5 soll zum einen die Nutzlastkapazität um etwa 1,5 Tonnen gesteigert werden, um mittelfristig Doppelstarts für die kommerzielle Vermarktung des Trägers garantieren zu können. Zum anderen soll das System durch eine wiederzündbare, kryogene Oberstufe aus Deutschland flexibler werden, um unterschiedliche Zielorbits zu erreichen. Die ESA unterstützt zudem die künftigen Starts der russischen Sojus-Raketen vom europäischen Weltraumstartplatz Kourou sowie den Einsatz der Trägerrakete Vega für Lasten bis zu 1.500 Kilogramm ab 2009.
Für die Wetterbeobachtung beschloss der Ministerrat die dritte Generation des europäischen Satellitensystems Meteosat (MTG, Meteosat Third Generation), die in den Jahren 2009 bis 2020 verwirklicht werden soll. MTG besteht aus sechs geostationären Satelliten. Sie setzen die Datenreihe der bisherigen Generationen mit besserer zeitlicher, räumlicher und spektraler Auflösung fort. Zudem wird die Unwetterwarnung durch die Beobachtung von Blitzen erweitert und die Verteilung von Temperaturen, Feuchtigkeit und Winden dreidimensional erfasst.
Die ESA bekräftigte nochmals, die ISS auch künftig zu nutzen. Der Start des europäischen Labors Columbus und die erfolgreiche Mission des Automatischen Transfer Vehicle (ATV) haben die hervorragende Kompetenz Europas auf diesem Gebiet der Raumfahrt weltweit sichtbar gemacht. Im Rahmen des ESA-Programms für den Betrieb der Raumstation von 2008 bis 2012 sind rund 562 Millionen Euro festgeschrieben. Finanziert wird hiermit der Betrieb von Columbus, Bau, Start und Betrieb der künftigen ATVs, Integration und Betrieb von Nutzlasten sowie Ausbildung und Unterstützung der europäischen Astronauten.
Weiterhin beschlossen die Minister eine Studie zur Fortentwicklung des ATV für den sicheren Wiedereintritt in die Erdatmosphäre sowie eine Studie für eine robotische Landemission auf dem Mond.
Die Kosten für die europäische Mars-Mission ExoMars waren von ursprünglich geplanten 593 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro angestiegen. Für das Programm wurde eine Neukonzipierung bei maximal einer Milliarde Euro beschlossen. Der Start ist für das Jahr 2016 vorgesehen. ExoMars soll die Marsoberfläche nach Spuren von Leben untersuchen und die geophysikalischen Eigenschaften des Planeten erkunden.
Auf dieser Tagung haben die Minister der ESA-Mitgliedstaaten die Gelegenheit genutzt, um auf den jüngsten Erfolgen und Errungenschaften Europas in der Raumfahrt aufzubauen. Es wurde aber auch über die Finanzierung des Programms zur Weiterentwicklung des Globalen Navigationssatellitensystems Galileo verhandelt, sowie über die Finanzierung der Inangriffnahme eines Programms zur Erfassung der Weltraumlage, mit dem Informationen zum Schutz der europäischen Weltraumsysteme gegen Weltraummüll und gegen die Einflüsse ungünstigen Weltraumwetters bereitgestellt werden sollen.