In den letzten Tagen wurde die Entdeckung gleich mehrerer extrasolarer Planeten durch zwei Forschergruppen bekanntgegeben. Darunter sind zum ersten Mal Planeten, die der Klasse der so genannten „Supererden“ zugerechnet werden können und dabei zugleich einen sonnenähnlichen Stern umkreisen.
Ein Beitrag von Timo Lange. Quelle: Vogt et al. 2009, Jones et al. 2009, Rivera et al. 2009. Vertont von Peter Rittinger.
Bisher hatte man diese Klasse von Planeten, die potentiell eine feste Oberfläche haben können, nur im Orbit um sogenannte M-Zwergsterne ausmachen können. Diese M-Zwerge, auch Rote Zwerge genannt, leuchten etwa hundertmal so schwach wie die Sonne und verfügen dementsprechend über eine wesentlich geringere Masse. Eng umlaufende Planeten ziehen solche Sterne mit ihrer Schwerkraft während ihres Umlaufs daher viel deutlicher hin und her, als dies bei großen, schweren Sternen der Fall wäre. Die Entdeckung von massearmen Planeten bei im Vergleich schweren Sternen wie der Sonne blieb aus diesem Grund bisher aus.
Einer Forschungsgruppe gelang es aber nun unter kombiniertem Einsatz des Keck-Teleskops, seines High-Resolution-Echelle-Spektrometers (HIRES) und des Anglo-Australian Telescopes (AAT) nach fast fünfjähriger Beobachtungsdauer drei bisher unbekannte Exoplaneten um den bereits gut untersuchten und mit bloßem Auge sichtbaren Stern 61 Virginis im Sternbild der Jungfrau zu entdecken. 61 Virginis befindet sich nur etwa 27,8 Lichtjahre von der Erde entfernt und ist mit der Spektralklasse G5V ein der Sonne sehr ähnlicher Stern. Er verfügt bei 95 Prozent der Sonnenmasse über einen Radius von 94 Prozent des Sonnenradius, ist mit rund 9 Mrd. Jahren allerdings deutlich älter.
Von den drei neu entdeckten Planeten verfügt lediglich der Innerste, 61 Vir b, über eine Mindestmasse, die ihm den Status einer „Supererde“ zusichert – nämlich 5,09 Erdmassen. Als Supererden werden gemeinhin solche Planeten bezeichnet, deren Masse größer ist als die der Erde, aber geringer als die des Uranus, dem leichtesten unter den Gasplaneten unseres Sonnensystems. Damit fallen alle Planeten mit Massen zwischen einer und etwa 14 Erdmassen in diese Kategorie. Eine Aussage über die Bewohnbarkeit oder die Oberflächenbeschaffenheit ist damit aber noch nicht getroffen. Die meisten bisher bekannten Supererden umkreisen ihren Stern so nah, dass die Temperaturen jegliches Leben dort ausschließen, auch wenn die habitable Zone bei den genannten M-Zwergen deutlich weiter innen liegt.
Auch 61 Vir b hat eine Umlaufperiode von nur 4,2 Tagen, woraus sich ein Abstand zum Stern von lediglich 0,05 Astronomischen Einheiten (AU) oder 7,5 Mio. Kilometern ergibt. Die beiden anderen Planeten liegen etwas weiter außen, bei 0,22 AU bzw. 0,48 AU und brauchen dementsprechend länger, um den Stern zu umlaufen. Zum Vergleich: Der dichteste Planet an der Sonne, Merkur, befindet sich in einem Abstand von 0,39 AU, also nur wenig dichter am Zentralgestirn als der äußerste Planet im System 61 Virginis. Die Massen der beiden äußeren Planeten betragen rund 18,2 Erdmassen für 61 Vir c und 22,9 Erdmassen für 61 Vir d, womit sie in das Masseregime des Neptuns fallen und wahrscheinlich ebenfalls kleine Gasplaneten sind.
Nach Ansicht der beteiligten Wissenschaftler ist die Anwesenheit weiterer massearmer Planeten weiter außen im System, u.a. in der habitablen Zone, nicht auszuschließen. Genauere Messungen wären notwendig, um diesen Verdacht zu bestätigen. Es bleibt also spannend im System 61 Virginis.
Eine zweite Supererde um sonnenähnlichen Stern
Am Tag der Bekanntgabe der Ergebnisse zum System 61 Virginis sorgte die Veröffentlichung der Entdeckung einer weiteren Supererde um einen ebenfalls sonnenähnlichen Stern für Aufregung. Die Beobachtungen, die zu dieser Entdeckung führten, wurden ebenfalls am Keck-Observatorium auf dem Gipfel des hawaiianischen Vulkans Mauna Kea mit dem genannten HIRES-Instrument durchgeführt. Diesmal war die Entdeckung nur nach einem insgesamt fast 13 Jahre dauernden Beobachtungsdurchlauf möglich. Unter die Lupe genommen wurde der rund 75 Lichtjahre entfernte Stern HD 1461. Als Angehöriger der Spektralklasse G0V verfügt er bei einem Alter von 6,3 Mrd. Jahren über 108 Prozent der Masse und 110 Prozent des Radius unserer Sonne.
Der planetare Begleiter HD 1461b hingegen fällt mit einer Mindestmasse vom 7,6-fachen der Erdmasse ebenfalls in die Kategorie „Supererde“, wobei die Umlaufzeit auch in diesem Fall lediglich 5,77 Tage beträgt. Zwar legen die Daten wie bei 61 Virginis auch bei HD 1461 die Anwesenheit von zwei weiteren, äußeren und massereicheren Planeten nahe. Doch reicht die Qualität der vorliegenden Radialgeschwindigkeitskurven nicht aus, um deren Anwesenheit mit hoher Sicherheit festzustellen. Diese noch hypothetischen Planeten hätten relativ lange Umlaufzeiten von 1,22 und 13,5 Jahren und wären im Bereich von 27,9 respektive 87,1 Erdmassen anzusiedeln. Mit einer Umlaufzeit von etwas mehr als einem Jahr hätte der zweite hypothetische Planet das Potential, in der habitablen Zone des Systems HD 1461 zu liegen. Aufgrund seiner hohen Masse hätte er allerdings keine feste Oberfläche. Mögliche große Monde um solch einen Planeten wären hingegen gute Kandidaten für belebte extrasolare Himmelskörper. Die Anwesenheit solcher Monde ließe sich nach derzeitigem Stand der Technik wenn überhaupt durch die Analyse von Transitereignissen bestimmen. Bei einem Transit verdeckt der Planet aus Perspektive der Erde für eine kurze Zeit einmal pro Umlauf den Stern.
Da die Wahrscheinlichkeit für die richtige Ausrichtung der Bahnebene zur Sichtlinie von der Erde aus steigt je dichter ein Planet seinen Stern umrundet, führten die beteiligten Wissenschaftler zusätzlich zu den Messungen der Radialgeschwindigkeit über 10 Jahre hinweg photometrische Beobachtungen durch, um mögliche Transitereignisse aufzuspüren. Dies gelang leider nicht, wobei die Wahrscheinlichkeit für die richtige Ausrichtung der Bahnebene bei 8 Prozent lag. Jedoch sind weitere Beobachtungen nötig, um die Möglichkeit von Transits endgültig auszuschließen oder zu bestätigen.
Insgesamt werfen die Entdeckungen gleich zweier Planeten der Klasse der Supererden um sonnenähnliche Sterne ein gutes Licht auf die Chancen der Weltraummissionen CoRoT und Kepler, eine Vielzahl von weiteren Exoplanten in der Größenordnung des Neptuns und darunter zu entdecken. Die Beobachtungen stützen die Schätzung, nach der etwa ein Drittel der sonnenähnlichen Sterne über Planeten mit niedriger Masse und kurzer Umlaufzeit verfügt. Auch zeigen die Ergebnisse, dass man zumindest aus technischer Hinsicht kurz davor steht, so präzise Radialgeschwindigkeitsmessungen vornehmen zu können, dass prinzipiell erdähnliche Planeten in der habitablen Zone um die angesprochenen Roten Zwergsterne detektierbar wären. Die habitable Zone ist jener Bereich um einen Stern, in dem begründet davon ausgegangen werden kann, dass dort auf einem Planeten Wasser in flüssigem Zustand an der Oberfläche dauerhaft existieren kann.
Noch ein weiterer Planet?
Mitglieder der gleichen Gruppe von Wissenschaftlern veröffentlichte darüber hinaus einen dritten Artikel, in dem die Existenz eines langperiodischen, eher dem Jupiter ähnlichen Planeten im System HD 134987 nahegelegt wird. Bereits seit fast 10 Jahren weiß man von dem Planeten HD 134987b mit etwa 1,64 Jupitermassen, der den Stern in 258 Tagen umrundet. Der neu entdeckte Planet hat dagegen einen mit dem des Jupiter vergleichbaren Orbit, für den er rund 5000 Tage benötigt. Die Masse liegt bei etwa 84 Prozent der Masse des Jupiters.
Die Gesamtzahl der bekannten Exoplaneten steigt mit den neuen Entdeckungen auf mindestens 412 von denen allerdings weniger als zwei Dutzend, Massen unter zehn Erdmassen aufweist.
Die aktuellen Ergebnisse zu 61 Virginis und HD 1461 werden demnächst in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal veröffentlicht.
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