Einer Meldung der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge soll die erste Mondsonde der Volksrepublik China in der zweiten Hälfte dieses Jahres gestartet werden. Damit soll der erste Schritt auf dem Weg zu einer für 2022 geplanten bemannten chinesischen Mondlandung realisiert werden.
Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: Xinhua.
In einem Gespräch mit der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua gab Huang Chunping, der frühere Leiter des chinesischen Trägersystemprogramms, einige Details über den Chang`e I genannten Mondorbiter bekannt. Demnach soll der Start mit einer Trägerrakete des Typs Langer Marsch 3-A erfolgen. Von einer lunaren Umlaufbahn aus soll der Satellit dann 3D-Aufnahmen der Mondoberfläche anfertigen sowie das Vorhandensein von 14 chemischen Elementen auf dem Mond und die lunare Mikrowellenstrahlung untersuchen. Weiterhin ist ein Ziel der ersten chinesischen Mondmission die Erlangung von Informationen über die Dicke der Mondkruste. Nähere Details über den Orbiter sind bisher nicht bekannt. In einer anderen Meldung vom selben Tage wurde Luan Enjie, Leiter des chinesischen Monderkundungsprogramms, mit der Aussage zitiert, dass der Mondorbiter in gerade einmal drei Jahren entwickelt und gebaut worden sei.
Chang`e I stellt den Ausführungen von Huang zufolge dabei nur den ersten Teil einer dreistufigen lunaren Explorationsstrategie der Volksrepublik China dar. Der durch einen Mondorbiter charakterisierten ersten Phase soll die Landung eines ferngesteuerten Rovers auf dem Mond folgen. Als dritter und letzter Abschnitt der unbemannten chinesischen Erkundung des Erdtrabanten ist die Landung eines Raumfahrzeuges geplant, das Proben der Mondoberfläche sammeln und zur Erde zurück transportieren soll.
Neben den Plänen Chinas zur unbemannten Monderkundung wurden in der Xinhua-Meldung auch Informationen über die weitere Entwicklung der chinesischen Trägerraketen vom Typ Langer Marsch veröffentlicht. Demnach soll eine neue und leistungsstärkere Raketengeneration mit der geplanten Bezeichnung Langer Marsch 5 in sieben bis acht Jahren einsatzbereit sein. Die Nutzlast für den Transport in einen niedrigen Erdorbit soll von rund neun Tonnen bei der zur Zeit aktuellen Trägerrakete Langer Marsch 2F auf 25 Tonnen gesteigert werden, womit sie etwas leistungsstärker als ihr europäisches Pendant Ariane 5 wäre. Diese deutlich höhere Nutzlastkapazität soll unter anderem dazu dienen, Module einer zukünftigen chinesischen Raumstation in eine Erdumlaufbahn zu manövrieren.
Doch auch für die um das Jahr 2022 geplante Landung chinesischer „Taikonauten“ auf dem irdischen Trabanten sind deutlich leistungsfähigere Trägerraketen und Triebwerke eine unabdingbare Voraussetzung. „Die Mondlandung erfordert eine Rakete mit 3.000 bis 4.000 Tonnen Schubkraft. Derzeit jedoch liegt die leistungsfähigste [chinesische] Trägerrakete bei rund 600 Tonnen“, so Luan Enjie.
Mitte letzten Jahres fanden Huang zufolge bereits erfolgreiche erste Testläufe der für Langer Marsch 5 vorgesehenen neuen Raketentriebwerke statt. Nähere Details hierzu wurden – ganz im Einklang mit der bisherigen chinesischen Informationspolitik in Sachen Raumfahrt – jedoch nicht genannt. Der Einschätzung von Huang Chunping nach trennen die chinesische Raketentechnologie derzeit noch etwa 15 Jahre Entwicklungsrückstand von ihren amerikanischen und russischen Konkurrenten. „Aber bei unseren Anstrengungen können wir auf diesem Gebiet in 15 Jahren mit den USA und Russland gleichziehen“, so Huang weiter. Im März 2006 hatte Huang für dieses Vorhaben noch zehn Jahre veranschlagt. Für diese Diskrepanz gibt es zwei naheliegende Erklärungen: Entweder spiegelt die jetzt gegebene Äußerung eine Einschätzung der Situation auf Basis zwischenzeitlich neu gewonnener Erfahrungen und Erkenntnisse in diesem Hochtechnologiefeld wider – oder aber die Verantwortlichen des chinesischen Raumfahrtprogramms haben dort wie auch anderswo damit zu kämpfen, dass ihnen nicht im gewünschten Umfang Ressourcen für ihre Projekte zur Verfügung gestellt werden.
Ausführliche Informationen über das chinesische Raumfahrtprogramm können Sie auf den Seiten unseres China-Spezials finden.
Neben China plant in diesem Jahr auch Japan den Start eines Mondorbiters. Selene, die leistungsfähigste Mondsonde seit Ende des amerikanischen Apollo-Programms, wird über zwei kleine Tochtersatelliten verfügen (einer davon wird in den Phasen als Relaissatellit fungieren, in denen der Hauptsatellit keine Sichtverbindung zur Erde hat) und soll in etwa 100 Kilometern Höhe den Mond für mindestens ein Jahr umrunden.