Erdmagnetfeld fördert Sauerstoff-Verlust

Die Erde verliert ständig einen kleinen Teil ihres atmosphärischen Sauerstoffs. Mit dem Satelliten-Quartett Cluster gelang es nun, den Prozess genauer zu untersuchen. Völlig verstanden ist er aber noch nicht.

Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: ESA.

Die Erde ist einem ständigen Strom geladener Teilchen ausgesetzt, die aus den Tiefen des Alls, vor allem aber von der Sonne stammen. Dass diese nicht bis zu uns vordringen verdanken wir dem dem Magnetfeld, das durch die Rotation des festen inneren Erdkerns im flüssigen äußeren erzeugt wird. Vor dem Weltraumzeitalter glaubten Wissenschaftler, der Teilchenstrom würde regelmäßig wie ein lauer Sommerregen zur Erde gelangen. Wie komplex die Interaktionen in der sogenannten Erdmagnetosphäre aber wirklich sind, beginnt man erst langsam zu begreifen.

NASA/ESA
Teilchenstrom, der den Polregionen der Erdatmosphäre entstammt
(Bild: NASA/ESA)

Die Ionen aus dem Sonnenwind können auf vielfältige Weise mit der Erde interagieren. Sie werden entlang der Magnetfeldlinien geleitet und können so, bei ausreichender Windstärke, auch in die Atomsphäre eindringen und hier Polarlichter verursachen. Jedoch zeigte sich durch Satellitenbeobachtungen der letzten Jahrzehnte, dass auch Ionen aus der Erdatmosphäre zum Teilchenstrom beitragen, die den erdnahen Raum anreichern und gemeinsam mit Sonnenwindpartikeln den magnetosphärischen Schweif unseres Planeten bilden.

Es besteht jedoch kein Grund zur Beunruhigung, denn gemessen an den Reserven der Erdatmosphäre spielen die Verluste keine Rolle. Jedoch hat die Entdeckung von ins All gerichteten Teilchenfontänen, die den irdischen Polregionen entstammen, unser Bild von der Atmosphäre stark gewandelt.

Einem Forscherteam um den schwedischen Planetologen Dr. Hans Nilsson vom Schwedischen Institut für Weltraumphysikzufolge wurde der Prozess des Teilchenstroms aus der Erdatmosphäre nun besser verstanden, wie es im geowissenschaftlichen Journal Annales Geophysicae berichtet. Die Wissenschaftler verwendeten Daten, die die Cluster-Flotte zwischen 2001 und 2003 gesammelt hatte.
Bisher waren mehrere Mechanismen vorgeschlagen worden, die für die Beschleunigung der Ionen verantwortlich sein könnten. Aufgrund der komplexen Bedingungen war es bisher nicht möglich gewesen, diese im Labor zu simulieren. So waren die Wissenschaftler auf die Auswertung satellitengestützter Daten angewiesen. Mit dem Cluster-Quartett war es möglich, dreidimensional aufgelöste Daten zu erhalten. Nilssons Team hat als wichtigsten Prozess beim Herausschleudern irdischer Atmosphärenteilchen die zentrifugale Beschleunigung entlarvt. „Wir benötigten exakt vier Raumfahrzeuge, um alle Faktoren der Formel abschätzen zu können, welche die zentrifugale Beschleunigung beschreibt. Der Prozess beschleunigter Sauerstoffionen entlang magnetischer Feldlinien an sich ist bereits gut verstanden“, sagte Nilsson.
Wenn sich die Sauerstoffionen parallel zu den Feldlinien des Erdmagnetfelds bewegen, induzieren diese ein elektrisches Feld senkrecht dazu. Dies resultiert in einer Kraft, die wiederum zu beiden Feldern senkrecht steht und die Teilchen unter den richtigen Bedingungen ins All beschleunigen kann. Der Effekt kann deutlich mehr Energie an schwere Ionen der Erdatmosphäre abgeben als an leichtere wie Helium oder Protonen. Dem Team um Hansen gelang es, die veränderte Form der Feldlinien und so den gesamten Prozess indirekt zu beobachten.

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