Astronomen haben bei der Auswertung der Daten des Weltraumteleskops Kepler den ersten erdgroßen Exoplaneten entdeckt, welcher seinen Zentralstern im Bereich der dortigen habitablen Zone umkreist. Der Planet Kepler 186f umkreist einen rund 500 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegenen Zwergstern. Auf seiner Oberfläche könnten theoretisch Bedingungen vorherrschen, welche das Vorhandensein von flüssigem Wasser – und somit die Existenz von Leben – ermöglichen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Science.
Seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten im Jahr 1995 konnten Astronomen bis zum heutigen Tag außerhalb unseres Sonnensystems 1.783 Planeten nachweisen. Der Wunsch eines jeden „Exoplanetenjägers“ ist es vermutlich, bei seiner Suche eine „zweiten Erde“ zu entdecken – also einen außerhalb unseres Sonnensystems gelegenen Planeten, welcher theoretisch über die Umweltbedingungen verfügt, um dort die Entstehung und Weiterentwicklung von außerirdischen Lebensformen zu ermöglichen.
Hierbei, so eine der Minimalanforderungen, müsste es sich um einen terrestrischen Planeten handeln, der in etwa über die Größe und Masse der Erde verfügt und dessen Orbit innerhalb der habitablen Zone seines Sterns verläuft. Nur in diesem Bereich eines Sternsystems können auf der Oberfläche eines Gesteinsplaneten Bedingungen vorherrschen, welche das dauerhafte Vorhandensein von Wasser im flüssigen Aggregatzustand ermöglichen. Und nur unter dieser Voraussetzung, so die gegenwärtig allgemein anerkannte Meinung, besteht die theoretische Möglichkeit, dass sich dort auch „Leben“ bilden und entwickeln kann.
Zwar gelang den Astronomen in den vergangenen Jahren die Entdeckung von Dutzenden von Exoplaneten, welche ihre jeweiligen Zentralsterne in deren habitablen Zonen umkreisen. Diese Planeten verfügen jedoch durchweg über Durchmesser, welche um mindestens 40 Prozent über dem Durchmesser der Erde liegen. Die mehr als 100 bisher entdeckten Planeten, welche in etwa über die gleiche Größe wie unser Heimatplanet verfügen, umkreisen ihre Sterne dagegen außerhalb der lebensfreundlichen Zonen. Jetzt sind die Astronomen der Entdeckung einer zweiten Erde jedoch einen deutlichen Schritt näher gekommen.
Das Sternsystem Kepler 186
Nach seinem Start am 7. März 2009 hat das auf die Exoplanetensuche spezialisierte Weltraumteleskop Kepler über einen Zeitraum von vier Jahren im Bereich der Sternbilder Schwan und Leier systematisch über 150.000 Sterne anvisiert und nach Anzeichen für dort befindliche Planeten Ausschau gehalten. Bei der Auswertung der in den beiden ersten Missionsjahren gesammelten Daten entdeckten die beteiligten Wissenschaftler vier Planeten, welche einen etwa 500 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegenen Zwergstern umkreisen.
Der im Sternbild Schwan gelegene und mit dem Namen „Kepler 186“ belegte „Rote Zwergstern“ verfügt über lediglich rund 48 Prozent der Masse unserer Sonne und gibt somit deutlich weniger Strahlung als das Zentralgestirn unseres Sonnensystems in das umgebende Weltall ab. Aus diesem Grund verfügt die dortige lebensfreundliche Zone über eine geringere Ausdehnung und befindet sich zudem näher an dem Stern als in unserem Sonnensystem.
Die vier zuerst in diesem Sternsystem entdeckten Planeten, welche die Bezeichnungen Kepler 186b bis e erhielten, verfügen über Durchmesser, welche um weniger als 50 Prozent über dem Durchmesser der Erde liegen. Für einen vollständigen Umlauf um ihren Stern benötigen diese Planeten vier, sieben, 13 beziehungsweise 22 Tage. Selbst der äußerste der vier Planeten – Kepler 186e – befindet sich mit einer Entfernung von 0,129 Astronomischen Einheiten noch zu nahe an seinem Stern, als das auf seiner Oberfläche flüssiges Wasser vorhanden sein könnte. Mit einer „Astronomischen Einheit“ bezeichnen Astronomen die mittlere Distanz zwischen der Erde und der Sonne. Dieser Wert beträgt rund 149,6 Millionen Kilometer.
Kepler 186f – Ein ‚Cousin‘ der Erde
Bei der weiteren Auswertung der Kepler-Daten, welche jetzt auch das dritte Beobachtungsjahr enthielten, entdeckte ein von Elisa V. Quintana vom SETI Institute am Ames Research Center der NASA in Moffet Field/Kalifornien geleitetes Wissenschaftlerteam einen fünften Planeten, der den Stern Kepler 186 umkreist. Laut den Wissenschaftlern verfügt dieser mit dem Namen Kepler 186f belegte Planet, der seinen Stern in einer Entfernung von 0,356 Astronomischen Einheiten – dies entspricht rund 52,4 Millionen Kilometern – umrundet, in etwa über den lediglich 1,1-fachen Erddurchmesser. Für einen vollständigen Umlauf benötigt der Exoplanet eine Zeitspanne von 130 Tagen. In dieser Entfernung empfängt der Planet von seinem Stern lediglich noch 32 Prozent der Energiemenge, welche die Erde von der Sonne erhält.
Trotzdem befindet sich der Planet Kepler 186f, dessen Existenz inzwischen durch nachfolgende Beobachtungen mit den Teleskopen des W. M. Keck Observatory und des Gemini Observatory bestätigt werden konnte, immer noch innerhalb der habitablen Zone seines Stern, welche sich in diesem Sternsystem über einen Bereich von etwa 0,22 bis 0,4 Astronomischen Einheiten erstreckt. Dies, so die Wissenschaftler der NASA, muss allerdings keinesfalls bedeuten, dass sich auf dem Planeten auch Leben entwickelt haben könnte.
„Dass sich ein Planet in der habitablen Zone befindet, bedeutet nicht automatisch, dass auf ihm auch lebensfreundliche Bedingungen vorherrschen“, so Thomas Barclay vom Bay Area Environmental Research Institute des Ames Research Center der NASA. „Die Temperatur auf der Oberfläche eines Planeten hängt stark davon ab, wie sich seine Atmosphäre zusammensetzt.“
Somit weist der neu entdeckte Planet zwar zumindestens theoretisch die Grundvoraussetzungen auf, um ihn als potentiell lebensfreundlich zu bezeichnen. Ob sich dort jedoch auch flüssiges Wasser befindet, lässt sich mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden nicht feststellen. Neben der Analyse des Spektrums der Atmosphäre müsste hierfür unter anderem auch die Masse des Planeten bekannt sein, was derzeit nicht der Fall ist. Allerdings deuten bisherige Studien darauf hin, dass es sich bei erdgroßen Planeten aller Wahrscheinlichkeit nach generell um Gesteinsplaneten handelt.
Bei dem neu entdeckten Exoplaneten Kepler 186f handelt es sich sehr wahrscheinlich nicht um die gesuchte „zweite Erde“. Aufgrund der geringen Energiemenge, welche der Planet von seinem Stern erhält, müsste die Atmosphäre zum Beispiel hohe Mengen an Kohlendioxid beherbergen, so dass ein Treibhauseffekt das Gefrieren von eventuell vorhandenem Wasser verhindert. Als ein ‚Cousin‘ der Erde kann der Planet wohl jedoch auf jeden Fall angesehen werden.
„Wir kennen bislang nur einen einzigen Planeten, auf dem Leben existiert – unsere Erde. Wenn wir außerhalb unseres Sonnensystems nach Leben suchen, dann konzentrieren wir uns bei dieser Suche auf Planeten, die der Erde so ähnlich wie nur irgend möglich sind“, so Elisa V. Quintana. „Die Entdeckung eines erdgroßen Planeten in einer habitablen Zone ist dabei ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“
„Die Entdeckung des Planeten Kepler-186f ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu der Entdeckung von Welten, die unserer Erde gleichen“, unterstreicht Paul Hertz, der Leiter der Abteilung für Astrophysik der NASA, die Bedeutung dieser Entdeckung und wagt dabei zugleich einen Blick in die Zukunft: „Künftige NASA-Missionen wie der Transiting Exoplanet Survey Satellite oder das James Webb Space Telescope werden die uns am nächsten gelegenen extrasolaren Gesteinsplaneten entdecken und zudem in der Lage sein, Informationen über deren Zusammensetzung und die jeweiligen Atmosphären zu sammeln und so die Suche nach einer wirklichen ‚zweiten Erde‘ weiter fortsetzen.“
Rote Zwerge – vielversprechende Kandidaten für die Suche nach einer „Zweiten Erde“
Die Suche nach bewohnbaren Planeten in der Umgebung von Roten Zwergsternen mittels der „Transitmethode“ – mit dieser Methode arbeitete auch das Kepler-Teleskop – gilt dabei als besonders vielversprechend, denn bei etwa 70 Prozent aller in unserer Heimatgalaxie beheimateten Sterne handelt es sich um Rote Zwerge. Da diese Sterne über eine nur sehr geringere Leuchtkraft verfügen, befinden sich die dort gelegenen habitablen Zonen zudem in einem relativ geringen Abstand zu dem Stern. Ein in diesem Bereich kreisender Planet verfügt somit über eine relativ kurze Umlaufzeit, so dass die von der Erde aus zu beobachtenden Planetentransits verhältnismäßig häufig stattfinden. Außerdem deckt ein dicht um seinen Stern umlaufender Planet während eines erfolgenden Transits einen vergleichsweise großen Bereich des Zentralstern ab, so dass sich ein Helligkeitsrückgang in der Transit-Lichtkurve deutlich abzeichnet.
„Rote Zwerge sind die am häufigsten in unserer Galaxie vorkommenden Sterne“, so Elisa V. Quintana. „Die ersten Spuren von Leben in der Galaxie könnten sich also durchaus auf Planeten entwickelt haben, die um Rote Zwerge kreisen.“
Die hier kurz vorgestellten Forschungsergebnisse wurden am 17. April 2014 von Elisa V. Quintana et al. unter dem Titel „An Earth-Sized Planet in the Habitable Zone of a Cool Star“ in der Fachzeitschrift ‚Science‘ publiziert.
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Fachartikel von Elisa V. Quintana et al.:
- An Earth-Sized Planet in the Habitable Zone of a Cool Star (Abstract, engl.)