ENVISAT: Eine Missionsübersicht

Mit dem Start von ENVISAT bricht eine neue Ära der europäischen Erdbeobachtung an.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: ESA.

ENVISAT über der Erde - Illustration. (Bild: ESA)
ENVISAT über der Erde – Illustration. (Bild: ESA)

Am 28. Februar 2002 war es soweit: Der teuerste und größte Erdbeobachtungssatellit, der jemals in Europa gebaut worden ist, startete mit einer Ariane 5-Rakete vom Europäischen Raumfahrtzentrum in Kourou (Französisch-Guayana) aus. Von seiner polaren Umlaufbahn in 800 km Höhe aus soll ENVISAT etwa alle 100 Minuten einmal die Erde umkreisen und mit seinen zehn Beobachtungsinstrumenten den Zustand verschiedenster Parameter von Erde, Wasser und Luft unseres Planeten registrieren. Etwa drei Tage werden die meisten Instrumente an Bord des Satelliten benötigen, um die gesamte Planetenoberfläche einmal zu scannen, bevor ein neuer Durchlauf beginnt.
 
Neben der Vielzahl und Genauigkeit der zu erwartenden Messdaten ist für Wissenschaftler gerade die Möglichkeit, Veränderungen der gemessenen Parameter im Zeitablauf verfolgen zu können, besonders interessant; dabei können sich die Forscher auch auf Daten stützen, die von ERS-1 und ERS-2 – den Vorläufern von ENVISAT – seit 1991 erhoben worden sind.
 
ENVISAT soll Prozessabläufe und Veränderungen im Ökosystem der Erde beobachten und damit den Wissenschaftlern helfen, Zusammenhänge erkennen und verstehen zu können. Letztendlich werden die durch ENVISAT gewonnenen Erkenntnisse auch bei der Festlegung politischer Ziele im Bereich Umwelt- und Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen, denn erst eine wissenschaftlich fundierte Zustandsbeschreibung unseres Ökosystems macht es möglich, über sinnvolle Schritte zum Schutz des Ökosystems Erde zu diskutieren.
 
Ein Gigant am Himmel
Die Dimensionen dieses Projekts sind in jeder Hinsicht gewaltig: Die bereitgestellten Finanzmittel für die gesamte Projektdauer (von Entwicklung und Planung über Bau und Start bis zum Betrieb des Satelliten) belaufen sich auf ca. 2,3 Milliarden Euro, weshalb beim Start von ENVISAT wahrscheinlich einige Stoßgebete Richtung Himmel mitfliegen werden.
 
Der Satellit wiegt bei Missionsbeginn 8,2 Tonnen (incl. 300 kg Treibstoff für Lagekontrollmanöver im Orbit) und nimmt im Betriebszustand mit ausgefaltetem Solarpaneel und ASAR-Antenne einen Raum mit den Maßen 25 × 7 × 10 Meter ein. Sein 70 m2 großes „Sonnensegel“ produziert zu Begin rund 8.000 Watt elektrischer Energie für die zehn wissenschaftlichen Beobachtungsinstrumente an Bord. (Während der Missionsdauer sinkt dieser Wert permanent leicht ab, selbst zum Ende der geplanten Missionsdauer jedoch werden immer noch rund 6.600 Watt für die Systeme von ENVISAT zur Verfügung stehen.) Die von den Instrumenten generierte Datenflut wird zunächst auf satelliteneigenen Speichersystemen mit einer Kapazität von 20 GByte zwischengespeichert und einmal während jeder Erdumkreisung über zwei Funkverbindungen mit einer Bandbreite von je 100 MBits pro Sekunde zu drei Bodenstationen in Europa gefunkt.
 
Alternativ kann ENVISAT auch den europäischen Kommunikationssatelliten Artemis als Relaisstation für die Datenübertragung nutzen. Voraussichtlich im Sommer 2002 wird Artemis seine Position in einer geostationären Umlaufbahn erreicht haben, von der aus er ENVISAT-Daten zu den Bodenstationen übermitteln kann. Spätestens drei Stunden nach Erhebung werden die Messwerte den Wissenschaftlern auf der Erde zur Verfügung, was einen großen Fortschritt gegenüber früheren Erdbeobachtungssatelliten darstellt.
 
Die Betriebsdauer von ENVISAT ist auf fünf Jahre ausgelegt, aber aufgrund der Erfahrungen mit den beiden Vorgängersatelliten ERS-1 und ERS-2 hoffen die Projektverantwortlichen auf eine deutlich längere Nutzungsdauer.

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