Entwurf für neues russisches Raumschiff steht

Im Umfeld der Moskauer Luft- und Raumfahrtausstellung MAKS wurde der abschließende Entwurf für das Bemannte Transport-Raumschiff neuer Generation (Pilotirujemui Transportnui Korabl Nowowo Pokolenija = PTK NP) vorgestellt. Ausgestellt wurde zudem ein 1:1-Modell des Landeapparates.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: MAKS, Energija, WPK.

Energija
Datenblatt zum PTK von Energija auf der MAKS 2013
(Bild: Energija)

Auch Änderungen, die erst im Dezember vergangenen Jahres durch den Auftraggeber Roskosmos vorgenommen wurden, sind im Entwurf berücksichtigt. Zuletzt hatte man im Juli noch letzte Hand angelegt.

Demnach soll PTK NP nur in zwei Varianten gebaut werden, eine für erdnahe Bahnen, beispielsweise zum Anfliegen einer Raumstation und eine für Mondflüge. Beide unterscheiden sich im Wesentlichen in Tank- und Triebwerksgrößen, in der vorgesehenen maximalen Einsatzdauer und in der Stärke des Hitzeschildes für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.

Die Variante für den Erdorbit besitzt eine Startmasse von 14,4 Tonnen, wovon etwa 10 t auf die Besatzungskabine entfallen. Diese hat die Form eines Kegelstumpfes mit einem Basisdurchmesser von 4,50 m, einer Höhe von etwa 3,50 m und einem oberen Durchmesser von etwa 2,20 m. Damit ergibt sich ein Innenvolumen von etwa 30 Kubikmetern, von denen 17 Kubikmeter der Besatzung im oberen Teil zur Verfügung stehen. Den übrigen Anteil belegen Frachtraum, Aggregatabteil, ein spezielles Fallschirmabteil sowie der Kopplungsstutzen am Bug.

Mittlerweile ist das Raumschiff nur noch für eine vierköpfige Besatzung ausgelegt, verfügt aber über einen abgetrennten und zeitweilig vergrößerbaren Hygienebereich, der nicht nur als Toilette dient. Klima- und Belüftungsanlagen sind vollständig verkleidet, eine modernisierte Bedienkonsole steht den Raumfahrern auf den beiden mittleren Plätzen zur Verfügung und kann nach „oben“ geklappt werden. Im Frachtabteil können 500 kg Nutzlast ins All und auch wieder zurück auf die Erde transportiert werden. (Mit den älteren Kasbek-Sitzschalen lässt sich das Raumschiff auch für 6 Personen ausrüsten. Diese Variante bietet sich für Kurzzeitflüge in den Erdorbit an.)

Beim Start existieren für jede Flugphase Rettungsmöglichkeiten, vor allem durch einen mit Feststoffsätzen bestückten Raketenturm, wie er ähnlich bereits bei Sojus-Raumschiffen Anwendung findet. Bei der Landung ist man wieder konservativer geworden. Zwei Sätze von Pilotschirmen ziehen die drei Hauptfallschirme aus dem Innenraum. Erst in der Endphase der Landung und nach dem Abwurf des Hitzeschildes werden 4 Beine ausgeklappt und in etwa 10 Metern Höhe Triebwerke gezündet, die für eine weiche und aufrechte Landung sorgen sollen.

Durch die veränderte Form und die breitere Basisfläche lässt sich das neue Raumschiff aerodynamisch besser steuern und kann die Flugbahn stärker strecken sowie seitlich korrigieren als dies bei der Sojus der Fall ist. So eignet sich die modular aufgebaute Besatzungskabine gleichermaßen für Erdorbit- und Mondflüge. Die drei Teile des Landers sollen sich unabhängig voneinander warten lassen. Man strebt an, dass jede Einheit bei fünf Flügen zum Einsatz kommt. Als Landegenauigkeit werden 5 km angegeben.

Das Geräteabteil ist zylindrisch und an der Unterseite der Kapsel befestigt. Es wird nicht wieder verwendet. Der Durchmesser liegt bei 3,5 Metern, die Länge bei der Erdorbitversion bei etwa 2,60 Metern. Damit ist das Raumschiff insgesamt 6,10 m lang. Zwei Solarzellenpaneele sind während des Starts am Serviceteil anliegend zusammengeklappt und unter einer Verkleidung verborgen. Ausgeklappt ergibt sich eine Spannweite von 13,80 m, jeder Flügel enthält zwei Solarzellenflächen mit Abmessungen von etwa 1,60 m mal 2,30 m. Die Gesamtfläche der am Ausleger um eine Achse drehbaren Solarzellen liegt bei etwa 14 bis 15 Quadratmetern, woraus sich bei 25% Wirkungsgrad etwa 5 kW elektrischer Leistung gewinnen lassen.

Die Erdorbitvariante soll bis zu einem Jahr im All bleiben können. Für die Struktur und die Hülle kommen neue Materialien zum Einsatz, die auch vor Mikrometeoriten einen besseren Schutz bieten sollen. Die Mondflugvariante, die auch für Missionen zu Langrangepunkten vorgesehen ist, soll eine Masse von 20 Tonnen besitzen. Der Nutzlastanteil sinkt dabei auf 100 kg, die maximale Flugdauer auf 180 Tage.

Noch nicht klar ist die Trägerrakete für das neue Raumschiff. Erste Testflüge könnten an der Spitze einer Zenit erfolgen. Für das einsatzfähige Raumschiff wird wohl eine spezielle Variante der Angara 5 entwickelt. Für Mondflüge sind dann aber stärkere Raketen gefordert.

Die Vorgeschichte für das Raumschiff ist etwas komplex. Zunächst plante man mit Kliper ein Raumschiff im Auftriebskörperdesign, dem zwischenzeitlich sogar Flügel wuchsen. Da sich diese Form aber nicht für die Rückkehr mit hoher Geschwindigkeit vom Mond eignete, ging man zurück zum Kapseldesign. Hier wollte man mit der ESA ein gemeinsames Raumfahrzeug entwickeln, konnte sich aber nicht einigen, wer für welche Komponenten die Hauptverantwortung übernehmen sollte. Schließlich beauftragte Roskosmos Energija 2009 direkt mit der Entwicklung des neuen Raumschiffes. Nach einigen Änderungen in der Ausschreibung wurde schließlich August 2013 als Zielzeitpunkt für den Abschluss der Konzeptphase festgelegt. Einige der Neuentwicklungen sollen beim modifizierten Sojus-MS-Raumschiff bereits getestet und verwendet werden.

Diskutieren Sie mit:

Nach oben scrollen