Astronomen haben gestern früh ein kosmisches Ereignis beobachtet. Sie glauben die Geburt eines Schwarzen Lochs aufgenommen zu haben.
Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: Space.com.
Ein schwacher Blitz im Bereich des sichtbaren Lichts Augenblicke nach einem hochenergetischen Gammastrahlenausbruch könnte die Verschmelzung zweier dichter Neutronensterne bedeuten, die dann ein Schwarzes Loch mit relativ geringer Masse formten, erläuterte Neil Gehrels vom Goddard Space Flight Center. Es ist das erste Mal, dass ein optisches Gegenstück zu einem sehr kurzen Gammastrahlenausbruch entdeckt wurde.
Gammastrahlen sind die energiereichste Form von Strahlung im elektromagnetischen Spektrum, zu dem auch Röntgenstrahlen, Radiowellen und Licht gehören. Die Verschmelzung ereignete sich in einer Entfernung von 2,2 Milliarden Lichtjahren, also 2,2 Milliarden Jahre, bevor es gestern früh die Erde erreichte.
Der Ausbruch wurde vom Weltraumteleskop Swift entdeckt. Innerhalb von 50 Sekunden drehte Swift seine Position, um diesen Teil des Himmels auch mit seinem Röntgenteleskop beobachten zu können. Im Röntgenbereich war ein Nachglühen des Ausbruchs nur sehr schwach erkennbar. Per email wurden außerdem weltweit Astronomen benachrichtigt und große Observatorien waren in der Lage, ein schwaches Nachglühen im sichtbaren Licht zu beobachten.
Gammastrahlenausbrüche sind rätselhafte Gesellen. Sie werden im gesamten Universum beobachtet. Lang anhaltende Ausbrüche von mehreren Sekunden Dauer werden mit der Entstehung von Schwarzen Löchern durch die Explosion eines massiven Sterns in Verbindung gebracht. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler einige Male das Nachglühen dieser langen Ausbrüche im Röntgen- und sichtbaren Licht beobachten können.
Sehr kurze Ausbrüche wie der jetzt beobachtete dauern nur Bruchteile von Sekunden. Bis jetzt konnte kein Nachglühen im optischen Bereich festgestellt werden. Theoretiker gehen davon aus, dass diese Form des Ausbruchs die Entstehung eines Schwarzen Loches von mehreren Sonnenmassen anzeigt, aber dann müssten auch Blitze im Röntgen- und sichtbaren Licht beobachtbar sein.
Der Ausbruch trägt die Bezeichnung GRB050509b. „GRB“ steht für „Gamma Ray Burst“ (= Gammastrahlenblitz).
Was ist passiert?
Steinn Sigurdsson von der Penn State University war nicht an der Entdeckung beteiligt, zeigte sich aber begeistert von den Ergebnissen und erläutert was geschehen sein könnte.
Über einen langen Zeitraum von mindestens 100 Millionen Jahren oder vielleicht auch einigen Milliarden Jahren umkreisten sich die beiden Neutronensterne auf immer enger werdenden Bahnen. „Einen Bruchteil einer Sekunde vor dem Kontakt wird der leichtere der beiden Neutronensterne auseinander gerissen und bildet eine Akkretionsscheibe um den massiveren Stern“, sagte Sigurdsson. „Dieser implodiert unter dem zusätzlichen Gewicht und bildet ein sich schnell drehendes Schwarzes Loch von vergleichsweise geringer Masse.“
Astronomen können Schwarze Löcher nicht direkt beobachten, da Licht und alles andere was auf sie trifft verschluckt wird. Aber Augenblicke bevor Material in ein Schwarzes Loch fällt, wird ein Teil des Materials mit hoher Geschwindigkeit in den Weltraum geschleudert. „Der Gammastrahlenblitz signalisiert die Entstehung eines heißen Gasstroms, der aus der Region um das Schwarze Loch mit annähernd Lichtgeschwindigkeit herausgeschleudert wird“, sagte Sigurdsson.
Der erste Gammastrahlenausbruch wurde 1967 durch Zufall durch US-Satelliten entdeckt, die die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages überwachen sollten. Wissenschaftler wissen nun, dass durchschnittlich täglich ein Gammastrahlenausbruch irgendwo im Universum stattfindet. Die meisten von ihnen sind Milliarden von Lichtjahre entfernt. Ausbrüche in unserer eigenen Galaxie sind sehr selten. Einige Wissenschaftler spekulieren über einen Zusammenhang zwischen Gammastrahlenausbrüchen in der Milchstraße und Massensterben auf der Erde.