Eisenhaltiger Quasar irritiert Astrophysiker

Bei der Analyse von Röntgenstrahlen eines 13,5 Milliarden Jahre alten Quasars, die das europäische Weltraum-Teleskop XMM-Newton aufgefangen hat, ist Eisen in unvermutet hoher Konzentration entdeckt worden, was entweder auf ein höheres Alter unseres Universums als bisher angenommen oder aber auf noch unbekannte eisenerzeugende Prozesse schließen lässt.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: MPI für extraterrestrische Physik.

Der Quasar APM 08279+5255 in einer Aufnahme von »XMM-Newton«
(Foto: ESA)
Der Quasar APM 08279+5255 in einer Aufnahme von »XMM-Newton«
(Foto: ESA)

Der Quasar APM 08279+5255 befindet sich 13,5 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und ist aus dieser enormen Entfernung nur deshalb noch sichtbar, weil er einer der leuchtkräftigsten Objekte im Universum ist. Diese junge Galaxie strahlt mehr als eine Billiarde Mal soviel Energie in den Weltraum ab wie unsere Sonne, erzeugt größtenteils beim Sturz von riesigen Materiemengen in ein gigantisches Schwarzes Loch, das sich im Zentrum von APM 08279+5255 befindet. Das Schwarze Loch selbst emittiert dabei natürlich keine Energie, vielmehr registriert XMM-Newton die Röntgenstrahlung, die durch die Aufheizung der in das Schwarze Loch stürzenden Materie von ihr abgestrahlt wird. (Mittlerweile nimmt man übrigens an, dass ein großer Teil der Materie zumindest bei Schwarzen Löchern solcher Dimension gar nicht bis in die Singularität hineingezogen wird, sondern durch den Strahlungsdruck vor Erreichen des so genannten „Ereignishorizonts“ wieder nach außen gedrückt wird.)

Die Entfernung des Quasars zur Erde wurde mit Hilfe der so genannten „Rotverschiebung“ bestimmt: Je weiter ein Objekt von uns entfernt ist, umso stärker ist die Wellenlänge der von ihm ausgesandten Strahlung durch die Expansion des Weltalls gedehnt. Oder anders formuliert: Je weiter ein Objekt von uns entfernt ist, umso schneller entfernt es sich von uns. Im Bereich des sichtbaren Lichts führt dieser Effekt der Verschiebung in Richtung des längerwelligen Bereichs zu einer Veränderung der wahrgenommenen Farben in Richtung des roten Endes des Farbspektrums – daher die Bezeichnung „Rotverschiebung“.

Eine Forschergruppe des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München hat nun bei der Analyse der aufgefangenen Röntgenstrahlung anteilmäßig drei Mal soviel Eisen in den Materiewolken im Zentrum des Quasars wie in unserem Sonnensystem entdeckt. Erstaunlich wird diese Entdeckung dann, wenn man die Umstände berücksichtigt, unter denen Eisen nach den bisher gültigen Theorien entsteht: Wie alle anderen Elemente außer Wasserstoff und Helium auch wird es im Inneren von Sternen durch Fusionsprozesse erzeugt, bei denen sich leichtere Elemente zu schwereren Elementen verbinden. Wenn ein Stern dann seine Existenz in einer Supernova-Explosion beendet, schleudert er einen Großteil der bis dahin erzeugten schweren Elemente in den Weltraum hinaus – unser gesamtes Planetensystem und nicht zuletzt die Elemente, aus denen wir selbst bestehen, sind also im Inneren früher Sterne entstanden. Stimmt diese Theorie, dann sollte natürlich in der Frühzeit des Kosmos deutlich weniger von schweren Elemente wie Eisen vorhanden sein als heute, rund 15 Milliarden Jahre nach dem „Big Bang“ und unzählige Supernova-Explosionen später.

Eine Spektralanalyse des Quasars mit deutlich sichtbarer "Eisen-Kante"
(Grafik: MPI für extraterrestrische Physik)
Eine Spektralanalyse des Quasars mit deutlich sichtbarer „Eisen-Kante“
(Grafik: MPI für extraterrestrische Physik)

Der nun beobachtete Quasar jedoch liegt nicht nur unvorstellbar weit von uns entfernt, die heute von den Garchinger Wissenschaftlern untersuchte Röntgenstrahlung ist auch vor unvorstellbar langer Zeit entstanden, nämlich vor 13,5 Milliarden Jahren: da nichts schneller als mit Lichtgeschwindigkeit durch das Universum eilen kann, hat auch die durch den 13,5 Milliarden Lichtjahre entfernten Quasar APM 08279+5255 erzeugte Röntgenstrahlung entsprechend lange gebraucht, um die Distanz bis zur Erde zurückzulegen. Und genau dies ist das Rätselhafte: Zu einer Zeit also, wo das Universum nach bisherigen Annahmen gerade einmal 1,5 Milliarden Jahre alt war, findet sich in dem beobachteten Quasar deutlich mehr Eisen als heute – andere schwere Elemente (um das Ganze noch rätselhafter zu machen) wurden im Spektrum von APM 08279+5255 übrigens nicht gefunden.

Die Wissenschaftler bieten für ihr Analyseergebnis nun zwei mögliche Erklärungen an: Entweder ist das Universum deutlich älter als bisher angenommen, so dass natürlich auch entsprechend mehr schwere Elemente wie Eisen in unzähligen Sternen „erbrütet“ und bei Supernova-Explosionen in das Weltall hinausgeschleudert werden konnten, oder aber es gibt noch einen anderen, den Astronomen bisher vollkommen unbekannten Prozess, bei dem Eisen erzeugt wird. Wie dieser mysteriöse Prozess aussehen soll, ist zurzeit aber noch ein Rätsel. Während heute mit XMM-Newton nur ganz wenige, besonders helle Einzelobjekte wie APM 08279+5255 studiert werden können, hoffen die Wissenschaftler mit XEUS, dem künftigen großen Röntgenobservatorium der ESA, routinemäßige „Röntgen-Reihen-Untersuchungen“ an vielen schwächeren Objekten vorzunehmen und damit die hier aufgeworfenen Fragen zu beantworten.

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