Ein seltsamer, leuchtender Klumpen in sehr großer Entfernung könnte eine Ansammlung von dunkler Materie sein, die nach Ansicht von Astronomen Gas aus ihrer Umgebung ansaugt. Sollte das zutreffen, wäre es die erste Beobachtung dieses Phänomens und würde einen Hinweis auf die Entstehung unserer eigenen Galaxie vor Milliarden von Jahren liefern.
Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: New Scientist.
Der Klumpen ähnelt zuvor gemachten Beobachtungen riesiger Wasserstoffwolken – jeder von ihnen größer als unsere Milchstraße – die stark im ultravioletten Licht strahlen. Astronomen rätseln, welcher Mechanismus diese Wolken antreibt und zum Leuchten bringt.
In einigen Fällen konnte auf Infrarotaufnahmen innerhalb der Gaswolken eine Galaxie ausgemacht werden, deren Sterne durch den Staub verdeckt wurden. In anderen, so genannten „Starburst“-Galaxien entstehen ständig neue Sterne, die den Wasserstoff der Wolken zum Glühen bringen.
Andere Klumpen besitzen superschwere Schwarze Löcher in ihren Zentren, die Materie in ihrer Nähe erhitzen und durcheinander wirbeln. Diese AGNs (vom englischen active galactic nuclei, d.h. aktive galaktische Kerne) leuchten oft im Röntgenlichtbereich.
In diesem Fall jedoch gelang es den Astronomen nicht, eine Starburst-Galaxie oder einen aktiven Galaxienkern zu finden, obwohl sie mit den Weltraumteleskopen Spitzer und Chandra den Infrarot- beziehungsweise Röntgenbereich abgesucht haben.
Forscher unter der Leitung von Kim Nilsson von der europäischen Südsternwarte in Garching fanden den Klumpen mit dem Very Large Telescope (VLT) auf dem chilenischen Paranal. Die Wolke ist mit 200.000 Lichtjahren etwa doppelt so groß wie unsere Milchstraße. Sie strahlte ihr Licht ursprünglich im ultravioletten Teil des Spektrums aus. Durch die Ausdehnung des Universums wurde daraus inzwischen sichtbares Licht und daraus wiederum berechneten die Astronomen eine Entfernung von 11,6 Milliarden Lichtjahren. Das Licht, das wir heute sehen, entstand also etwa 2,1 Milliarden Lichtjahre nach dem Urknall.
Die Forscher glauben, dass diese Wolken durch einen bisher unbekannten Mechanismus aufgeheizt wurden, der jedoch im frühen Universum häufig vorkam. Sie glauben, die Anfänge der Galaxienentstehung zu sehen. Computersimulationen zufolge entstehen Galaxien, wenn Ansammlungen von Dunkler Materie genügend Wasserstoff anziehen, um die Entstehung von Sternen zu begünstigen. Die genaue Natur der Dunklen Materie ist noch unbekannt, ihre Existenz lässt sich jedoch aus ihrer Wirkung auf sichtbare Materie herleiten.
„Wir kommen zu dem Schluss, dass die von uns beobachteten Wasserstoffemissionen zu einem Gebiet mit ursprünglichem Gas gehören, welches von einer Ansammlung Dunkler Materie angezogen wird“, sagt Nilsson. Noch ist es aber zu früh, um eine Starburst-Galaxie oder eine Galaxie mit aktivem Kern ganz auszuschließen, sagt Richard Ellis von der Caltech in Pasadena.
Es gibt noch einige Objekte in der Nachbarschaft. „Sie sind nicht genau an der richtigen Stelle, das ist richtig“, gibt Ellis zu. „Aber die Objekte sind nur auf Infrarotaufnahmen zu erkennen, deuten also auf große Mengen Staub hin, der das Licht anderer Wellenlängen aus der Region blockiert.“ Der Staub könnte also eine herkömmliche Galaxie verbergen.
Nilsson sieht das anders und glaubt, dass eine Starburst-Galaxie in ihren Daten erkannt worden wäre. „Vielleicht gibt es eine ungewöhnliche Art von Galaxie mit aktivem Kern die unsere Daten erklären könnte, aber auch das wäre ein sehr ungewöhnliches Objekt.“