Eine neue Ansicht der Erde

Die amerikanische Weltraumbehörde NASA hat als Ergebnis der Shuttle Radar Topography Mission im Februar 2000 eine neue topographische Weltkarte in bisher unerreichter Genauigkeit veröffentlicht.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: NASA/JPL.

Topographische Karten der Guiana Highlands in Südamerika (Ausschnitt). Deutlich ist die höhere Genauigkeit der SRTM-Karte (rechts) gegenüber der besten vorher vorhandenen topografischen Karte (links) dieses Gebiets erkennbar.
(Foto: NASA/JPL)

Vom 11. bis 21. Februar 2000 umrundete das Space Shuttle Endeavour im Rahmen der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) die Erde, um eine topographische Karte unseres Planeten in bis dahin unerreichter Auflösung und Genauigkeit zu erstellen. In der Ladebucht der Raumfähre war zu diesem Zweck eine von Daimler-Benz Aerospace in Friedrichshafen – heute Bestandteil des europäischen Luft-, Raumfahrt- und Militärtechnologiekonzerns EADS – entwickelte Radarantenne untergebracht, die Radarsignale zur Erde sendete und die von der Erdoberfläche reflektierten Radarsignale anschließend registrierte (das Shuttle flog zu diesem Zweck „kopfüber“ um die Erde, also mit der geöffneten Ladebucht zur Erde hin ausgerichtet). Nach Erreichen des Orbits wurde ein 60 Meter langer Mast ausgefahren, an dessen Ende ein zweiter Radarempfänger angebracht war. Dieser Empfänger registrierte aufgrund seiner geringfügig anderen Position ein entsprechend leicht verändertes „Radarbild“ der Erdoberfläche. Durch Zusammenfügung der beiden auf diese Weise empfangenen Radarbilder – ein „Interferometrie“ genannter Vorgang – konnten die Wissenschaftler nach Auswertung der Daten ein dreidimensionales Bild der Oberflächenbeschaffenheit gewinnen. (Dieser Vorgang spielt sich übrigens ähnlich ab, wenn unser Gehirn die beiden leicht verschiedenen Bilder der Augen miteinander kombiniert und dadurch räumliches Sehen ermöglicht.)

Während der SRTM wurde beinahe die gesamte Erdoberfläche zwischen 60 Grad nördlicher und 60 Grad südlicher Breite auf diese Weise erfaßt, also in etwa die gesamte Erdoberfläche von der Südspitze Grönlands bis zur Südspitze Südamerikas. Die NASA hat nun für dieses Gebiet eine topographische Karte mit einer Auflösung von 30 Bogensekunden aus den Radardaten generiert, was einer Distanz zwischen den einzelnen Messpunkten in Äquatornähe von etwa 928 Metern entspricht. Schon vorher gab es zwar topographische Karten mit einer vergleichbaren Auflösung, allerdings schwankte die Datenqualität erheblich, da die bisher vorhandenen Karten auf den Daten verschiedenster Quellen beruhten – es existierten also für einige Gebiete auf der Erde sehr gute, für andere Gebiete hingegen nur mangelhafte Messwerte.

Nun aber stehen den Anwendern im globalen Maßstab zuverlässige Daten von einheitlicher Qualität zur Verfügung. Die in Anlehnung an die zuvor beschriebene Auflösung SRTM30-Produkte genannten Karten stellen jedoch noch nicht das Maximum der erreichbaren Auflösung dar: Aus den im Rahmen von SRTM gewonnenen Daten können für weite Teile des überflogenen Gebietes Karten mit einer zehnmal besseren Auflösung der Höhendaten generiert werden!

Die Anwendungsgebiete für diese topographischen Daten sind vielfältig. Mobilfunkbetreiber sind beispielsweise an genauen Höhendaten interessiert, um Sende- und Empfangsmasten optimal platzieren zu können. Geologen und Geophysiker benötigen für verschiedenste Forschungsgebiete möglichst exakte topographische Daten, und auch in militärischer Hinsicht sind gute topographische Daten von Nutzen, sei es für die Programmierung von Cruise Missiles oder Flugsimulatoren. Diese Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig, noch viele andere Anwendungsgebiete werden von den Ergebnissen dieser Shuttle-Mission profitieren.

Im Planetary Photojournal der NASA sind die jetzt veröffentlichten Bilder der Mission unter den Katalognummern PIA03394, PIA03395 und PIA03396 in hoher Auflösung verfügbar.

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