Ein Goliath bekommt kleine Davids

Das Spitzer-Infrarotteleskop der NASA entdeckte Hinweise auf zukünftige „Riesensonnensysteme“.

Ein Beitrag von Jens Christ. Quelle: NASA. Vertont von Julian Schlund.

Das Spitzer-Infrarotteleskop der NASA hat zwei supermassive Sterne mit gigantischen Ausmaßen entdeckt, die von monströsen Staubscheiben, also Material für die kommende Planetenformung, umgeben sind.

Diese Entdeckung überraschte die Astronomen, da Sterne dieser Größe nach bisheriger Meinung nicht zur Ausbildung von Planeten und damit zur Enstehung eines Sonnensystems gelangen könnten. „Diese massereichen Sterne sind unglaublich heiß und hell, und sie stoßen starke Sonnenwinde aus, die den Prozess der Planetenentstehung erschweren“, berichtete Joel Kastner vom Rochester Institute of Technology in New York. „Unsere Daten lassen vermuten“, so Kastner, „dass der Prozess der Planetenentstehung ungleich komplizierter und komplexer ist, als bisher angenommen. Selbst die massereichsten Sterne bilden Planetensysteme aus.“

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Staubscheibe um einen Stern.
(Bild: NASA/JPL-Caltech/R. Hurt)

Staubscheiben um Sterne sind die Vorboten von zukünftigen Planetensystemen. Auch unsere Sonne wird von einem schmalen Gürtel umgeben, dem sogenannten Kuiper-Gürtel, der Staub, Kometen und größere Körper in ähnlichen Ausmaßen wie Pluto enthält.
Erst letztes Jahr fand Spitzer eine Staubscheibe um einen „Ministern“, genauer gesagt einen Braunen Zwerg (A Planet with Planets? Spitzer Finds Cosmic Oddball) mit einer Masse weniger als acht Tausendstel unserer Sonnenmasse. Staubscheiben wurden ebenso bei fünfmal massiveren Sternen entdeckt. Die nun gefundenen Staubscheiben um supermassive Sterne erweitern das Spektrum der Planetenbildung um den Faktor „Extra Large“. Spitzer entdeckte enorme Mengen an Planetenmaterial um die zwei bisher unauffälligen Sterne mit der Bezeichnung R66 und R126, beheimatet in unserer Nachbargalaxie, der Großen Magellanschen Wolke. Als „Hypergiganten“ der Klasse „0“ klassifiziert, besitzen sie jeweils rund 30- beziehungsweise 70-mal mehr Masse als unsere Sonne. Wäre letztere ein Stern der Klasse „0“, würde sie mit ihren riesigen Ausmaßen alle inneren Planeten, einschließlich der Erde, umfassen. Astronomen vermuten, dass die Entfernung der Staubscheiben um die Riesensterne in etwa dem Sechzigfachen der Bahn Plutos um die Sonne beträgt und ungefähr zehnmal mehr Masse enthält als unser bekannter Kuiper-Gürtel.

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Künstlerische Darstellung des „Riesensonnensystems“.
(Bild: NASA/JPL-Caltech/R.Hurt)

Kastner und Kollegen vermuten entweder den Anfang oder den Abschluss der Planetentstehung. Falls letzters zutrifft, könnte es sich bei den entdeckten Staubscheiben um eine vergrößerte Version des Kuiper-Gürtels handeln.

Bei einer Beobachtungsserie von 60 interessanten Sternen, die eigentlich in sphärischen Staubhüllen vermutet wurden, fielen R66 und R126 durch ihre Lichtspektren seltsam auf. Der indirekte Nachweis einer flachen Staubscheibe wurde erbracht. Eine anschließend nähere Betrachtung der Scheiben hat ergeben, dass sich Sand-ähnliche Silikate in erhöhter Anzahl in diesen befinden. Der Gürtel um R66 zeigt sogar schon größere Kristalle oder erste Verklumpungen in Richtung Planetenaufbau.

Sterne dieser Klasse zeigen, kosmisch gesehen, nur ein kurzes Intermezzo auf der Schauspielbühne. Sie verbrennen ihren Brennstoff innerhalb nur weniger Millionen Jahre, zu wenig, um stabile Planetensysteme zu erhalten. Sind die ersten Planeten nämlich entstanden, zerstört die kommende Supernova des jeweiligen Sterns jegliche Möglichkeit für die Entstehung von Leben.

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