Am 14. März 2012 konnte die an Bord des Mars Reconnaissance Orbiters (MRO) befindliche HiRISE-Kamera einen Staubteufel auf dem Mars abbilden, welcher sich in der dortigen Region Amazonis Planitia bis in eine Höhe von etwa 20 Kilometern über die Planetenoberfläche ausdehnte.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: University of Arizona.
Bereits seit dem März 2006 umkreist die von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) den Mars und liefert fast täglich neue und immer wieder faszinierende Detailaufnahmen von der Oberfläche unseres äußeren Nachbarplaneten. Die Hauptkamera an Bord des MRO, die von der University of Arizona betriebene HiRISE-Kamera, erreicht dabei mit ihren Aufnahmen eine Auflösung der Planetenoberfläche von bis zu 25 Zentimetern pro Pixel. Durch die Auswertung der Bilder ist es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern unter anderem möglich, gegenwärtig stattfindende Veränderungen auf der Marsoberfläche oder kurzzeitig auftretende atmosphärische Phänomene zu beobachten und näher zu untersuchen.
Am 14. März 2012 gelang es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern dabei zum wiederholten Mal, mit der HiRISE-Kamera einen Minitornado, einen sogenannten Staubteufel, „in Aktion“ abzubilden. Aufgrund des von dem Staubteufel erzeugten Schattenwurfes konnten die für die Bildauswertung zuständigen Wissenschaftler ermitteln, dass sich der am Boden lediglich etwa 70 Meter durchmessende Minitornado bis in eine Höhe von rund 20 Kilometern über die Marsoberfläche erhebt. Somit handelte es sich hierbei um einen selbst für marsianische Verhältnisse extrem groß ausfallenden Vertreter dieser auch auf der Erde zu beobachtenden atmosphärischen Phänomene. Mit seinen Dimensionen übertrifft er einen erst kürzlich ebenfalls in der Mars-Region Amazonis Planitia beobachteten weiteren Staubteufel um ein Vielfaches (Raumfahrer.net berichtete).
Die auf dem Mars zu beobachtenden Staubteufel bilden sich auf die gleiche Art und Weise wie auch auf der Erde. Durch die Sonneneinstrahlung wird die Planetenoberfläche auf einen Temperaturwert aufgeheizt, welcher über der Temperatur der bodennahen Luftschicht liegt. Dadurch bedingt gibt der Boden thermale Energie an die direkt über der Oberfläche befindliche Luftschicht ab, welche anschließend in größere Höhen aufsteigt. Dabei durchdringt die aufsteigende erwärmte Luft weiter oberhalb der Oberfläche befindliche Zonen kühlerer Luftschichten, welche zum selben Zeitpunkt wiederum in Richtung Planetenoberfläche absinkt. Die verschiedenen Luftströmungen bilden im Rahmen dieser gegensätzlichen Bewegungen Konvektionszellen und werden dabei in eine Rotationsbewegung versetzt.
Die so entstehende Luftzirkulation verfügt über genügend Kraft, um den auf der Marsoberfläche abgelagerten Sand in Bewegung zu versetzen. Kleine Sandpartikel, welche dabei über den Boden scheuern, wirbeln nur wenige Mikrometer durchmessende Staubpartikel auf und die zentrale Säule der warmen, aufsteigenden Luftmassen hebt diesen Staub in die Höhe. Durch horizontale, oberflächennahe Winde wird die so entstandene Staubsäule in eine Vorwärtsbewegung versetzt. Frühere, auf Fotoaufnahmen von verschiedenen Orbiter- und Oberflächenmissionen basierende Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Staubteufel auf dem Mars mit Geschwindigkeiten von teilweise deutlich über 100 Kilometern pro Stunde fortbewegen können.
Ein interessantes Detail im Zusammenhang mit dieser beeindruckenden Fotoaufnahme ist, dass sich der am 14. März durch den Mars Reconnaissance Orbiter abgebildete Staubteufel zu einem Zeitpunkt bildete, als sich der Mars auf seiner Umlaufbahn um die Sonne im Bereich des Apogäums, dem Punkt der größten Entfernung zum Sonne, befand. Obwohl der Mars somit eigentlich nur ein Minimum an Sonnenergie empfangen konnte, war die einfallende Sonnenstrahlung trotzdem dazu geeignet, um eine für die Entstehung von Staubteufeln ausreichende Temperatur auf der Planetenoberfläche zu erzeugen.
Allerdings hatte der Mars das Apogäum zum Aufnahmezeitpunktmittlerweile passiert und die jetzt wieder zunehmende Sonneneinstrahlung führt dazu, dass sich der Boden unseres Nachbarplaneten wieder stärker erwärmen kann als in den Vormonaten. Die so entstehende Konvektion über dem erwärmten Boden begünstigt gegenwärtig die Bildung von Staubteufeln.
Trotz seiner beeindruckenden Abmessungen wäre selbst ein solcher gigantisch ausfallender Staubteufel auf der Marsoberfläche für einen Menschen viel ungefährlicher als ein auf der Erde auftretender Tornado. Da die Marsatmosphäre im Vergleich zur irdischen Atmosphäre nur über eine sehr geringe Dichte verfügt, wäre selbst die jetzt durch die HiRISE-Kamera abgebildete riesige Kleintrombe kaum in der Lage, einen Menschen umzuwerfen. Allerdings würde der bei dem Aufprall der Staubpartikel einsetzende Schmirgeleffekt sehr wahrscheinlich die Funktionalität des von einem eventuellen Marsbesuchers getragenen Raumanzuges beeinträchtigen.
Die hier gezeigte HiRISE-Aufnahme wurde am 14. März 2012 angefertigt und zeigt die Planetenoberfläche über der Region Amazonis Planitia um 15:02 Uhr lokaler Marszeit. Aus einer Höhe von 295,8 Kilometern erreichte die HiRISE-Kamera dabei eine Auflösung von etwa 59 Zentimetern pro Pixel. Es handelt sich hierbei um eine von bisher etwa 22.000 Aufnahmen dieser Kamera, welche gegenwärtig auf der Internetseite der University of Arizona einsehbar sind.
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