Ein Exoplanet gibt Einblick in die Planetenentstehung

Einem internationalen Team von Astronomen, dem auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg angehören, ist die direkte Abbildung eines Exoplaneten aus der Klasse der Super-Jupiter gelungen. Aufgrund dieser Entdeckung ergeben sich auch neue Informationen für die Theorien der Planetenentstehung.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie.

NAOJ, Subaru, J. Carson (College of Charleston), T. Currie (University Toronto)
Drei Falschfarben-Abbildungen des Stern Kappa Andromedae, aufgenommen mit dem Subaru-Teleskop auf Hawaii. Der Großteil des von dem Zentralsterns ausgehenden Lichts wurde durch Bildverarbeitung herausgefiltert. Die Flecken rund um die Scheibe sind Resteffekte des herausgerechneten Sternenlichts. Der auf diesen Aufnahmen neu entdeckte Exoplanet Kappa Andromedae b ist jeweils links oberhalb des Sterns zu sehen. Linke Abbildung: Aufnahme im Nahinfrarotlicht (Wellenlängen 1,2 bis 2,4 Mikrometer). Mittlere Abbildung: Eine „Signal-zu-Rauschen“-Karte für die Abbildung links. Je weißer ein Fleck, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich nicht um einen zufälligen Störeffekt (ein „Bildrauschen“) handelt, sondern dass dort tatsächlich ein Himmelskörper zu sehen ist (ein „Signal“). Die weiße Färbung des Exoplaneten oben links zeigt, dass es sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit um einen tatsächlichen Nachweis handelt. Rechte Abbildung: Aufnahme im Nahinfrarotlicht (Wellenlänge 3,8 Mikrometer).
(Bild: NAOJ, Subaru, J. Carson (College of Charleston), T. Currie (University Toronto))

Seit der Entdeckung des ersten außerhalb unseres Sonnensystems beheimateten Planeten im Jahr 1995 konnten Astronomen bisher definitiv 851 Exoplaneten in 670 Sternsystemen nachweisen. Mehr als 2.000 weitere Exoplaneten-„Kandidaten“ warten dagegen noch auf ihre Bestätigung durch weiterführende Observationen. Die allermeisten der bisher bestätigten Exoplaneten konnten dabei jedoch nur mittels verschiedener Methoden indirekt nachgewiesen werden. Der Grund hierfür ist, dass die Sterne am Nachthimmel ungleich heller erscheinen als die sie auf engen Bahnen umkreisenden Planeten – der typische Faktor des Helligkeitsunterschiedes liegt bei einem Verhältnis von eins zu einer Milliarde oder mehr – und diese Planeten deshalb von ihren Zentralsternen „überstrahlt“ werden.

Einem internationalen Team von Astronomen, dem auch mehrere Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg angehören, ist unter der Verwendung des Subaru-Teleskops auf Hawaii jetzt die Abbildung eines Exoplaneten aus der Klasse der „Super-Jupiter“ gelungen, welcher den im Sternbild Andromeda gelegenen Stern Kappa Andromedae umkreist. Bei diesem Stern handelt es sich um einen relativ massereichen, heißen und noch verhältnismäßig jungen Stern vom Spektraltyp B9, welcher sich etwa 170 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt befindet. Das Alter des Sterns dürfte etwa 30 Millionen Jahre betragen, seine geschätzte Masse liegt zwischen 2,4 und 2,5 Sonnenmassen und die effektive Temperatur beträgt etwa 10.000 Kelvin.

NAOJ, Subaru, J. Carson (College of Charleston), T. Currie (University Toronto)
Ein Nahinfrarotbild (3,8 Mikrometer Wellenlänge) des Kappa Andromedae-Systems, aufgenommen mit dem Subaru-Teleskop auf Hawaii im Juli 2012. Der Exoplanet ist links oberhalb des Zentralsterns deutlich zu erkennen.
(Bild: NAOJ, Subaru, J. Carson (College of Charleston), T. Currie (University Toronto))

Um die Aufnahmen seines mit der Bezeichnung „Kappa Andromedae b“ belegten Begleiters anfertigen zu können, mussten die Astronomen sowohl bei der Beobachtung als auch bei der anschließenden Auswertung der gewonnenen Daten ausgefeilte Instrumente und Methoden verwenden. Auf einem einzelnen Infrarotbild würde der kleine Lichtpunkt von Kappa Andromedae b komplett vom Licht seines Muttersterns überstrahlt werden. Die Astronomen konnten das Licht des Planeten nur durch eine aufwändige Kombination zeitlicher Sequenzen von Einzelbildern herausfiltern, das sogenannte „Angular Differential Imaging“ (kurz „ADI“).

Bei dieser Aufnahmetechnik wird ausgenutzt, dass sich die Orientierung des Teleskops relativ zum beobachteten Himmelsabschnitt über längere Beobachtungszeiten hinweg ändert; so lassen sich das Streulicht und der Planetenschein voneinander trennen.

Die Entdeckung erfolgte im Rahmen des Beobachtungsprogramms SEEDS (kurz für „Strategic Explorations of Exoplanets and Disks with Subaru“, zu deutsch die „Strategische Erkundung von Exoplaneten und Scheiben mit Subaru“). Die Beobachtungsdaten wurden mit Hilfe der astronomischen Hochkontrast-Kamera HiCIAO und der Infrarotkamera IRCS am Subaru-Teleskop gewonnen, welches vom Japanischen Nationalobservatorium (National Astronomical Observatory of Japan, NAOJ) betrieben wird.

Der neu entdeckte Planet wurde dabei im Januar und im Juli 2012 in voneinander unabhängigen Beobachtungskampagnen bei vier verschiedenen Wellenlängen nachgewiesen. Der Vergleich der zu diesen beiden Zeitpunkten gemessenen relativen Positionen hat gezeigt, dass der Zentralstern und sein Begleiter ihre Positionen am Fixsternhimmel in genau der gleichen – allerdings nur minimalen – Weise ändern. Die gemeinsame Eigenbewegung der beiden Objekte beträgt in diesem Falle rund zwei Hunderttausendstel Grad pro Jahr. Dies wird von den Astronomen als ein überzeugender Hinweis darauf hin interpretiert, dass es sich hier in der Tat um zwei Objekte handelt, welche durch ihre jeweilige Schwerkraft aneinander gebunden sind und ein gemeinsames Massezentrum umkreisen.

Als besondere Herausforderung stellte sich dabei heraus, dass der neu entdeckte Himmelskörper von seinem Zentralstern weniger als doppelt soweit entfernt ist wie der in unserem Sonnensystem befindliche Planet Neptun von der Sonne. Die meisten der bisher direkt abgebildeten Exoplaneten umkreisen ihre jeweiligen Zentralsterne dagegen in deutlich größeren Entfernungen. Allerdings weisen relativ junge Planeten in dieser Entstehungsphase eine vergleichsweise hohe Temperatur auf. Der entdeckte Exoplanet verfügt über eine Oberflächentemperatur von rund 1.400 Grad Celsius. Dies hat zur Folge, dass Kappa Andromedae b im Infrarotbereich vergleichsweise hell strahlt.

NAOJ, Subaru, J. Carson (College of Charleston), T. Currie (University Toronto)
Eine „Signal-zu-Rauschen“-Karte. Die hierbei gewonnenen Daten führen zu dem Schluss, dass es sich bei dem abgebildeten Objekt wirklich um einen Himmelskörper und nicht etwa um einen Abbildungsfehler handelt.
(Bild: NAOJ, Subaru, J. Carson (College of Charleston), T. Currie (University Toronto))

Mit einer Masse von etwa 12,8 Jupitermassen könnte das den Stern Kappa Andromedae umkreisende Objekt entweder ein Planet oder ein sehr leichter Brauner Zwerg sein, also eine Zwischenstufe zwischen einem Planeten und einem echten Stern, welcher aufgrund seiner zu geringen Masse keine Wasserstofffusion initiieren kann.

Die verfügbaren Daten deuten jedoch darauf hin, dass es sich im Falle von Kappa Andromedae b tatsächlich um einen „echten“ Planeten handelt, welcher sich im Inneren einer protoplanetaren Scheibe aus Staub und Gas gebildet hat, welche den neu geborenen Stern während seiner frühesten Entwicklungsphasen umgab. Dies macht die Entdeckung zu einem wichtigen Testobjekt für die aktuellen Modelle der Planetenentstehung und den darauf basierenden Vorhersagen über die Existenz von Planeten um massereiche Sterne.

In den vergangenen Jahren haben die Astronomen immer wieder argumentiert, dass massereiche Sterne wie Kappa Andromedae mit größerer Wahrscheinlichkeit auch über massereichere Planeten verfügen sollten, als dies zum Beispiel bei unserer Sonne der Fall ist. Andererseits gab es Bedenken, dass bei besonders massereichen Sterne gar nicht die richtigen Voraussetzungen für eine herkömmliche Planetenentstehung vorliegen könnten. Solche Sterne, so die entsprechende Argumentation, senden während ihrer Entstehungsphase enorme Mengen an hochenergetischer Strahlung aus, welche den Großteil einer gerade entstehenden protoplanetaren Scheibe zersetzen und in die Weiten des Weltalls zerstreuen könnte. Ein solcher Vorgang würde die üblichen Prozesse einer Planetenentstehung stark behindern und vielleicht sogar unmöglich machen.

Die Entdeckung des Exoplaneten Kappa Andromedae b legt jetzt den Schluss nahe, dass zumindest Sterne bis zum zweieinhalbfachen der Sonnenmasse in den sie umgebenden protoplanetaren Scheiben große Planeten produzieren können. Diese Erkenntnis ist eine Schlüsselinformation für die Wissenschaftler, welche an Modellen über die Entstehung von Planeten und Planetensystemen arbeiten.

Ein entscheidender Vorteil des direkten Nachweises von Kappa Andromedae b besteht darin, dass der neu entdeckte Exoplanet weiteren astronomischen Beobachtungstechniken unmittelbar zugänglich ist, etwa der genauen Analyse seines Lichts mittels der Spektroskopie. Weitere Untersuchungen des von Kappa Andromedae b über einen breiten Wellenlängenbereich hinweg ausgehenden Lichts sollen im Rahmen weiterer Analysen Daten über die chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten liefern und zudem dabei helfen, die Parameter seiner Umlaufbahn noch weiter einzugrenzen. Diese Bahnparameter können anschließend dazu genutzt werden, um die Existenz von weiteren eventuell um den Zentralstern kreisender Planeten nachzuweisen. Aus diesen noch zu gewinnenden Informationen sollten sich in Zukunft sowohl weitere Einzelheiten über die Entstehungsgeschichte des „Super-Jupiters“ nachvollziehen als auch allgemeinere Aussagen über die Planetenentstehung bei massereichen Sternen ableiten lassen.

Die hier kurz beschriebenen Ergebnisse der Entdeckung und der direkten Beobachtung des Exoplaneten werden demnächst unter dem Titel „Direct Imaging Discovery of a ‚Super-Jupiter‘ Around the late B-Type Star Kappa Andromedae“ in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters publiziert.

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