Ein Auge für die Planetenentstehung

Genau wie Anthropologen das fehlende Bindeglied zwischen Menschen und Affen suchen, so suchen Astronomen eine fehlende Verbindung bei der Planetenentstehung. Aber an Stelle staubiger Ausgrabungsstätten und abgenutzter Schaufeln sind ihr Laboratorium das Universum und ihr Werkzeug das neue Infrarot-Weltraumteleskop der NASA.

Autor: Thomas Pallmann

Das Weltraumteleskop SIRTF in seiner Umlaufbahn um die Sonne.
(Grafik: NASA)

Das vierte und letzte große Weltraumteleskop der NASA, welches am 25. August gestartet wurde, wird schon bald seine Hightech-Infrarotaugen auf die Staubscheiben richten, welche sich um andere Sterne gebildet haben und in denen sich Planeten bilden. Sein Name lautet SIRTF (Space Infrared Telescope Facility

Während andere boden- und weltraumgestützte Teleskope schon junge und alte zirkumstellare Scheiben beobachtet haben, konnten sie aus verschiedenen Gründen nicht die Scheiben mittleren Alters beobachten. Die beispiellose Empfindlichkeit und Auflösung des Infrarotteleskops wird es ermöglichen, diese Lücke zu füllen und im weiteren Prozess fundamentale Fragen zur Entstehung von Planeten, auch erdähnlichen Planeten, zu beantworten.

„Mit Hilfe des Infrarotteleskops erwarten wir viele planetare Scheiben zu sehen in all ihren Entwicklungsstadien“, sagte Dr. Karl Stapelfeldt einem begleitenden Wissenschaftler der Mission vom NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL). „Indem wir beobachten, wie sie sich über die Zeit verändern, können wir vielleicht voraussagen, welche Faktoren die Planetenbildung bevorzugen.“

Zirkumstellare Scheiben sind ein natürlicher Schritt in der Evolution von Sternen. Sterne beginnen ihr Leben in dichten Wolken aus Gas und Staub. Wenn dann Druck und Gravitation zu wirken beginnen, vereinigen sich beide und ein flacher Ring aus Gas und Staub entsteht um den Stern. Während die Sterne altern, saugen sie Material aus der Scheibe in ihren Kern, was letztendlich zu einem Gleichgewicht und einem ausgereifteren Stern führt, um dem eine stabile Scheibe aus Trümmern kreist.

In dieser Zeit, im Alter von etwa zehn Millionen Jahren des Sterns, glauben Astronomen, dass sich die Planeten bilden. Staubpartikel in der Scheibe kollidieren miteinander und formen größere Körper, was letztendlich zu Lücken in der Scheibe führt, ähnlich den Lücken in den Ringen des Saturns.

„Man kann sich die Planeten als eine Art Abrissbirne vorstellen, die entweder die Trümmer aus dem Weg räumen oder sie aufnehmen, als wären sie Schlamm“, sagte Dr. George Rieke, Hauptforscher an einem der drei wissenschaftlichen Instrumente des Observatoriums.

Künstlerische Ansicht von SIRTF
(Grafik: NASA)

Infrarot Teleskope können das Glühen des kosmischen Staubes wahrnehmen, der diese Scheiben ausmacht. Trotzdem können sie Planeten nicht direkt erkennen. Planeten haben eine kleinere Oberfläche als ihr Gegenwert in Staubkörnchen, wodurch sie weniger Infrarotstrahlung abgeben. Das ist der gleiche Grund, warum Kaffee vor dem Brühen gemahlen wird. Die größere Oberfläche der Kaffeekörner führt zu einer besseren Qualität des Kaffees. Vergangene Beobachtungen fielen generell in zwei Kategorien. Junge, undurchsichtige Scheiben (protoplanetare Scheiben genannt) mit genügend Masse, die der unseres Sonnensystems entspricht, oder alte, durchsichtige Scheiben (Trümmerscheiben genannt) mit einer Masse, die etwa ein paar Monden entspricht, mit Donut-ähnlichen Löchern in ihrer Mitte. Scheiben mittleren Alters, die diese beiden Entwicklungsstadien verbinden, konnten bisher nicht beobachtet werden.

Eine der Fragen, die Astronomen mit Hilfe des neuen Infrarot Teleskops beantworten wollen, ist: Was passiert mit all der Masse, die bei den jungen Scheiben beobachtet wird? In irgendeinem Stadium ihrer Entwicklung wird die Masse vom Stern absorbiert, ins All hinausgeschleudert, oder in Planeten umgewandelt, die in den Donut ähnlichen Löchern sitzen. Durch Analyse der Struktur und Zusammensetzung dieser ‚fehlenden‘ Scheiben erhoffen sich Astronomen, das Rätsel zu lösen und ein besseres Verständnis der Entwicklung von Planeten zu gewinnen.

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