Ein Atlas des Asteroiden (4) Vesta

Ein neu erstelltes Kartenwerk, welches auf Aufnahmen der Raumsonde DAWN basiert, zeigt die Oberfläche des Asteroiden (4) Vesta in hoher Auflösung.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2013. Vertont von Peter Rittinger.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
In dieser Aufnahme, erstellt am 14. Oktober 2011 durch den Clear-Filter der Framing Camera, dominiert der Octavia-Krater die Szenerie. Auffallend ist, dass der Kraterrand nahe der Bildmitte stärker erodiert ist als im restlichen Bereich. An der inneren Kraterwand sind Flecken aus hellem und dunklem Material zu erkennen, welches stellenweise in Richtung des Kraterinneren abgerutscht ist. Dabei scheint es nahe des oberen Randes mehr helle als dunkle Flecken zu geben, was aber eventuell durch die Beleuchtung der Szenerie bedingt ist. Ein Bergrücken verläuft vom rechten oberen Hang in Richtung der Kratermitte. Zusätzlich existiert ein kleinerer Bergrücken am rechten Kraterrand. Beide Rücken entstanden vermutlich durch Material, welches zunächst von den Kraterinnenwänden abgerutscht ist und weiter unten wieder aufgetürmt wurde. Die Umgebung des Octavia-Kraters weist viele weitere, allerdings kleine Krater und schmale Furchen auf, welche diagonal über das Bild verlaufen. Das hier gezeigte Gebiet befindet sich im Kartenblatt 19 (Octavia) unmittelbar südlich des Äquators. Das Bild wurde aus einer Entfernung von 700 Kilometern während der HAMO-Phase aufgenommen. Die Aufnahme verfügt über eine Auflösung von etwa 63 Metern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Die am 27. September 2007 gestartete Raumsonde DAWN schwenkte am 16. Juli 2011 in eine Umlaufbahn um den Asteroiden (4) Vesta ein und untersuchte diesen drittgrößten Himmelskörper im Bereich des Haupt-Asteroidengürtel unseres Sonnensystems anschließend bis zum September 2012 ausführlich mit den drei an Bord der Raumsonde befindlichen wissenschaftlichen Instrumenten. Neben dem im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitenden VIR-Spektrometer und dem Gamma- und Neutronenspektrometer GRAND kam dabei auch ein unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau entwickeltes und gebautes Kamerasystem, die aus zwei identischen Optiken bestehende Framing Camera, zum Einsatz.

Zwecks der eingehenden wissenschaftlichen Untersuchung von Vesta umrundete die Raumsonde ihr Ziel dabei in drei verschiedenen Höhen: Dem „Survey Orbit“ (rund 2.700 Kilometer Höhe), dem „High Altitude Mapping Orbit“ (kurz „HAMO“, 700 Kilometer Höhe) und schließlich dem „Low Altitude Mapping Orbit“ (kurz „LAMO“, 210 Kilometer Höhe). Jede dieser Orbithöhen war dabei für bestimmte wissenschaftliche Aktivitäten optimiert. Eines der Missionsziele bestand darin, die Oberfläche des Asteroiden umfassend und in hoher Auflösung abzubilden, wofür sich speziell der niedrigste dieser drei Orbits eignete.

Zwischen dem Dezember 2011 und Ende April 2012 fertigte die Framing Camera aus dem LAMO heraus knapp 10.000 Aufnahmen an, die über eine Auflösung von bis zu 20 Metern pro Pixel verfügen und welche die Asteroidenoberfläche aus unterschiedlichen Blickwinkeln und unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen wiedergeben. Aus diesen Aufnahmen wählten die Mitarbeiter eines von Dr. Thomas Roatsch vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof geleiteten Teams etwa 8.000 Aufnahmen aus, aus denen anschließend eine globale Karte der Vesta-Oberfläche erstellt wurde.

Um diese Aufnahmen zu einem auch wissenschaftlich aussagekräftigen Werk zusammenfügen zu können, mussten die einzelnen Fotos zuerst aufwendig bearbeitet werden. Nach verschiedenen Kalibrierungen und der Korrektur von geometrischen Verzerrungen wurden die Bilder zu einer Mercator-Projektion zusammengesetzt, aus welcher sich einzelne Kartenblätter erstellen lassen. Die dabei erzeugten 30 Kartenblätter geben die Oberfläche von Vesta in einem Maßstab von 1:200.000 wieder und sind auf einer entsprechenden Internetseite des DLR im PDF-Format abrufbar. Lediglich die Nordpolregion des Asteroiden, welche während des Besuchs durch DAWN im Schatten verborgen blieb, konnte nicht fotografisch abgebildet werden.

Die auf diesen Karten vermerkten Namen von einzelnen Oberflächenstrukturen wurden von den an der DAWN-Mission beteiligten Wissenschaftlern vorgeschlagen und anschließend von der Internationalen Astronomischen Union (IAU), welche für die Namensvergabe für Oberflächenformationen auf extraterrestrischen Himmelskörpern verantwortlich ist, übernommen. Die vergebenen Namen stehen entweder in einer Verbindung zu historischen römischen Persönlichkeiten oder aber in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der römischen Mythologie und Religion bezüglich der Göttin Vesta, nach der dieser Asteroid benannt wurde.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Eine zylindrische Projektion der Oberfläche von Vesta.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Der neu erstellte Atlas von Vesta wird im Rahmen des European Planetary Science Congress 2013, einer gegenwärtig in London stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt. Diese Karten werden den Planetologen dabei behilflich sein, die Oberfläche dieses Asteroiden noch besser zu beschreiben und dadurch weitere Erkenntnisse über die diversen Prozesse zu gewinnen, welche zur Bildung von dessen vielfältig gestalteten Oberfläche geführt haben.

Nach dem Abschluss der Untersuchungen bei Vesta im Jahr 2012 setzte die Raumsonde ihre Reise durch unser Sonnensystem fort. Im Februar 2015 wird DAWN ihr zweites Reiseziel, den Zwergplaneten Ceres, erreichen und auch dieses größte und zugleich massereichste Objekt im Asteroiden-Hauptgürtel aus einem Orbit heraus über mehrere Monate hinweg erkunden.

Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.

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