Die drei Raumfahrer Daniel Burbank, Anatoli Iwanischin und Anton Schkaplerow sind heute Mittag, gegen 13.45 Uhr MESZ, mit der Rückkehrkapsel ihres Raumschiffes Sojus-TMA 22 in der kasachischen Steppe gelandet. Sie befanden sich seit dem 14. November 2011 im All.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: Roskosmos, RN, NASA.
Wie bereits der Start, verschob sich auch die Landung, allerdings aufgrund verschiedener Ursachen. Im August letzten Jahres misslang erstmals seit 1978 ein Flug eines unbemannten Transportraumschiffs vom Typ Progress. Da die Trägerrakete viele Übereinstimmungen mit der für bemannte Sojus-Raumschiffe bietet, beschloss man, zunächst einen unbemannten Testflug einzuschieben. Somit verschob sich der Start des letzten Raumschiffes der TMA-Serie von Ende September auf Mitte November 2011.
Die Mission an Bord der Internationalen Raumstation verlief anschließend normal. Es wurde eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen zu genau 200 Experimenten auf den Gebieten Medizin, Biologie, Astronomie, Geophysik, Atmosphärenphysik, Erderkundung, Physik, Materialwissenschaft, Bildung und Technik ausgeführt. Dabei waren die drei Raumfahrer Teil der ISS-Expeditionen 29 und 30. Am 16. Februar arbeitete Anton Schkaplerow gemeinsam mit seinem Kollegen Oleg Kononjenko mehr als 6 Stunden außerhalb der Station, wobei ein Teleskopkran umgesetzt und Materialproben geborgen wurden.
Zu den interessantesten Forschungsaufgaben gehörte u.a. das Experiment Aurora-Max der kanadischen Weltraumagentur CSA, bei dem Polarlichter während besonders aktiver Perioden zeitgleich von der Station aus und auf der Erde aufgezeichnet wurden. Daraus resultieren auch die in den letzten Tagen veröffentlichten Videos (Walking on Air).
Die ESA untersuchte im Rahmen von ALTEA-SHIELD die bei geschlossenen Augen von Raumfahrern wahrgenommenen Lichtblitze, die durch die Wechselwirkung kosmischer Strahlung mit Sinneszellen im Auge zustande kommen sowie weitere Wechselwirkungen mit dem menschlichen Gehirn. Dabei wurde auch ein Material getestet, das diese Strahlung teilweise abschirmen soll.
Die japanische Raumfahrtagentur erfasste mit MAXI mehr als 1.000 Röntgenquellen über einen längeren Zeitraum gleichzeitig. Die zugehörige hochempfindliche Spaltkamera ist auf einer Experimentierplattform außenbords angebracht. Erfasst werden können Röntgenstrahlen im Energiebereich von 0,5 bis 30 keV (Kilo-Elektronenvolt).
Gegenstand des NASA-Technologieexperiments Amine Swingbed ist die Erprobung eines Amine-Systems zur Ausfilterung von Kohlenstoffdioxid aus der Stationsluft. CO2 entsteht bei der Atmung und führt in überhöhter Konzentration zu Sinnestäuschungen beim Menschen. Auf der Erde wird das Kohlendioxid von Pflanzen aufgenommen, der Kohlenstoff für das Wachstum verwendet und der Sauerstoff an die Umgebung abgegeben. Amine sind organische Abkömmlinge des Ammoniak.
Das russische Biotechnologieexperiment Membran beschäftigte sich mit der Untersuchung der Verwendbarkeit neuartiger poröser Materialien mit regelmäßiger Molekülstruktur als Membranen und Filter. Diese könnten ökonomisch profitabel zur Stofftrennung sowohl in Flüssigkeiten als auch in Gasen verwendet werden.
Die ursprünglich für März vorgesehene Rückkehr der Besatzung wurde um gut einen Monat verschoben, da auf der Erde das Rückkehrmodul des geplanten Nachfolgeraumschiffs bei einem Test beschädigt worden war. Stattdessen wurde nun das nächste Raumschiff für eine Mission vorbereitet, wodurch mehrwöchige Verzögerungen entstanden. So kam aber die Besatzung von Sojus-TMA 22 nun doch noch zu einem fast halbjährigen Raumflug.
An den letzten Tagen waren die drei Raumfahrer bereits mit Arbeiten für ihre Rückkehr beschäftigt. Dazu gehörte das Vorbereiten und Verladen von Rückkehrfracht, ein verändertes und intensiviertes körperliches Training sowie das Durchgehen bestimmter Prozeduren und Tests am Raumschiff. Gegen 7 Uhr heute morgen (MESZ) fand eine Verabschiedungszeremonie an Bord der Station statt. Danach begaben sich die Raumfahrer in ihr Raumschiff an der Oberseite des Moduls Poisk, legten ihre Innenbord-Raumanzüge an und schlossen die Luken. Gegen 10.18 Uhr MESZ koppelte des Raumschiff von der ISS ab und entfernte sich langsam. Die abschließende Bremszündung der Triebwerke begann gegen 12.49 Uhr.
Beim Eintritt in dichtere Schichten der Erdatmosphäre wird das dreiteilige Raumschiff in seine einzelnen Komponenten getrennt. Während die Kommandokapsel aerodynamisch günstig geformt ist und über einen Hitzeschutz verfügt, bleiben Orbitalteil und Techniksektion zurück, brechen durch die Belastung auseinander und verglühen durch die entstehende Hitze. Die Kommandokapsel gleitet hingegen auf einem vorprogrammierten Pfad und wird dabei von rund 28.000 km/h auf etwa 400 abgebremst. Der Hitzeschild kühlt, indem ein spezielles Material aufschmilzt und verdampft. Ähnlich wie Schweiß unsere Haut und den gesamten Körper beim Verdunsten kühlt, wird auch hier die Hitze von der Kapsel weitgehend fern gehalten.
Nach diesem harten Bremsmanöver öffnen sich nacheinander mehrere Fallschirme, die für ein weiteres Abbremsen der Landekapsel sorgen. Etwa 1 Meter über dem Boden werden mehrere Bremsraketen gezündet. Dies und speziell stoßgedämpfte Sitze sorgen im Normalfall für eine verträgliche Landung auf hartem Steppenboden.
Wenige Minuten nach der Landung öffneten Bodenmannschaften die Kapsel und hoben die Raumfahrer heraus. Damit fand die 165-tägige Mission ihr erfolgreiches Ende. Die Raumfahrer werden sich auch in den kommenden Wochen verschiedenen Untersuchungen unterziehen. Außerdem erfolgt eine aktive Wiederanpassung an die Schwerkraft. Dabei werden Muskeln gestärkt und Knochen aufgebaut.
Der nächste Start eines Sojus-Raumschiffes zur Internationalen Raumstation mit Joseph Acaba, Gennadi Padalka und Sergej Rewin ist für den 15. Mai geplant.
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