Das zukünftige bemannte Raumfahrzeug der Sierra Nevada Corporation hat am vergangenen Donnerstag, 22. August 2013, einen weiteren Schritt hin zur Qualifikation als Crew-Transporter für den Low Earth Orbit erfolgreich absolviert. Die Raumfähre musste dazu, angehängt an einen Schwerlast-Helikopter, Flugtests auf dem Gelände des Dryden Flight Research Center in Kalifornien über sich ergehen lassen.
Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: NASA, NASAspaceflight.com, Raumcon. Vertont von Peter Rittinger.
Dream Chaser wird in den letzten Jahren von der privaten Sierra Nevada Corporation (SNC) in Weiterführung eines sogenannten lifting-body-Konzepts der NASA aus den späten 1980er Jahren entwickelt. Damals bereits als Crew-Transporter zur angedachten Raumstation Freedom konzipiert, soll der Raumgleiter auch nach gegenwärtiger Planung Besatzungen von und zur Internationalen Raumstation (ISS) bringen können. Damit wäre erstmals seit 2011, dem Ende der Space-Shuttle-Ära, erneut eine US-amerikanische Kapazität zum bemannten Transport in einen Low Earth Orbit vorhanden. Die Konstruktion des lifting-body beruht auf einer nahezu flügellosen Formgebung des Fahrzeugs, dessen Auftrieb im Atmosphärenflug fast ausschließlich durch die aerodynamischen Eigenschaften des Rumpfes selbst erzeugt wird.
Nachdem in den letzten Monaten bereits Rollversuche des Dream Chaser am Boden wohl erfolgreich verlaufen waren, zuletzt am 2. August, stellt der nun geglückte captive-carry-Test einen weiteren milestone auf dem Weg zum ersten Orbitalflug des Raumfahrzeugs ab frühestens 2015/2016 dar. Bei dem am Donnerstag erfolgten Flugversuch, fixiert unter einem Air-Crane Helikopter der NASA, stieg erstmalig der sogenannte Engineering Test Article (ETA) des Dream Chaser mit umfangreicher Innenausstattung in eine luftige Höhe bis zu etwa 3.800 Metern auf.
Wichtige Funktionen wie der Bordcomputer, die Steuer- und Navigationssysteme und auch das Fahrwerk samt Frontkufe konnten im Betrieb getestet werden. Die speziell gewählte Flugbahn für den captive-carry bildete dabei die Parameter eines zukünftigen Landeanflugs der Raumfähre auf die Pisten der Edwards Air Force Base ab. Bislang hatte man nur maßstäblich verkleinerte Modelle und weitgehend funktionslose, aerodynamische Frühversionen der Raumfähre in den kalifornischen Himmel befördert.
Nach Erreichen dieses Zwischenziels steht der nächste Schritt für SNC bereits in Kürze an: noch in diesem Jahr soll der ETA, dazu zunächst wieder per Helikopter angehoben, einen ersten autonomen Gleitflug samt Landung absolvieren.
Noch steht aber in den Sternen, wann Dream Chaser tatsächlich auf der Spitze eines Atlas-V-Trägers zur ISS starten wird. Nach aktuellem Zeitplan der NASA wird der Premieren-Einsatz höchstwahrscheinlich erst im Jahr 2017 oder später erfolgen. Noch sind keineswegs alle finanziellen, administrativen oder auch nur technischen Hürden des Entwicklungs- und zukünftigen Fertigungsprogramms genommen. Dream Chaser befindet sich noch immer im Wettbewerb mit Konzepten von Boeing und Space Exploration Technologies (SpaceX) um begehrte (und stets knappe) Zuschüsse aus dem NASA-Haushalt.
SpaceX entwickelt seinerseits eine bemannte Variante der bereits All-erprobten Dragon-Kapsel, während Boeing mit dem CST-100 ebenfalls ein wiederverwendbares Kapsel-Raumschiff neu konzipiert. Obwohl inzwischen die dritte Ausschreibungsrunde der Vereinbarungen zum kommerziellen Crew-Transport, Commercial Crew Integrated Capability (CCiCap), erreicht ist, kann ein spätes Ausscheiden des Raumfähren-Konzepts von SNC nicht endgültig ausgeschlossen werden. Nichtsdestotrotz besteht erstmals seit einigen Jahren wieder eine gute Chance, die tatsächliche Verwirklichung einer bemannten, horizontal landenden und wiederverwendbaren Raumfähre zu erleben. Im Zuge umfangreicher Kürzungsmaßnahmen Anfang der 2000er Jahre hatte die NASA sämtliche Konzepte ähnlicher Art, etwa das X-38 Crew Return Vehicle (CRV), eingestellt.
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