Experiment belegt Machbarkeit eines gekoppelten Terahertz-Beschleunigers mit langen Pulsen. Eine Pressemeldung des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY – ein Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft.
Quelle: DESY.
Ein DESY-Team hat einen zweistufigen Mini-Beschleuniger gebaut, der einen Teil der eingespeisten Laserenergie recycelt und damit die beschleunigten Teilchen ein zweites Mal anschiebt. Das Gerät arbeitet mit sogenannter Terahertz-Strahlung aus dem Wellenlängenbereich zwischen Infrarotlicht und Radiowellen. Jede einzelne Beschleunigerröhre ist lediglich 1,5 Zentimeter lang und hat 0,79 Millimeter Durchmesser. Hauptautor Dongfang Zhang und seine Kolleginnen und Kollegen von Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) beim DESY stellen ihren experimentellen Teilchenbeschleuniger im Fachblatt „Physical Review X“ vor.
Terahertz-Strahlung hat eine rund tausendmal kürzere Wellenlänge als die in konventionellen Teilchenbeschleunigern verwendete Radiowellen, dadurch können alle Komponenten viel kleiner sein. Die noch experimentellen Geräte erreichen momentan nicht die Energie und bieten nicht die hohe Teilchenzahl großer Beschleuniger, sollen jedoch Anwendungen ermöglichen, bei denen große Teilchenbeschleuniger nicht möglich oder nicht nötig sind.
„Terahertz-basierte Beschleuniger haben sich als vielversprechende Kandidaten für kompakte Elektronenquellen der nächsten Generation herausgestellt“, erläutert Franz Kärtner, Leitender Wissenschaftler bei DESY und Leiter der CFEL-Gruppe, die das experimentelle Gerät gebaut hat. „Die Technik ist allerdings noch in einer frühen Phase, und die Leistung von experimentellen Terahertz-Beschleunigern ist begrenzt durch die relativ kurze Region der Wechselwirkung zwischen dem Terahertz-Puls und den Elektronen.“
Ihren Doppel-Beschleuniger speisen die Forscherinnen und Forscher im Gegensatz zu früheren Experimenten mit längeren Pulsen aus mehreren Zyklen von Terahertz-Wellen. Dadurch verlängert sich die Wechselwirkungsregion mit den zu beschleunigenden Teilchen deutlich. „Wir speisen den Multizyklus-Terahertz-Puls in einen Wellenleiter, der mit einem dielektrischen Material ausgekleidet ist“, erläutert Zhang. Innerhalb dieses Wellenleiters sinkt die Geschwindigkeit des Terahertz-Pulses. Die Forscher schießen ein Elektronenpaket so in die Mitte des Wellenleiters, dass er genau mit dem Puls zusammen hindurch fliegt. „Dieses Verfahren verlängert die Wechselwirkungsregion zwischen Terahertz-Puls und Elektronenpaket in den Zentimeterbereich – verglichen mit wenigen Millimetern in früheren Versuchen“, erläutert Zhang.
Zwar lieferte der experimentelle Aufbau im Labor noch keine große Beschleunigung, das Team konnte jedoch zeigen, dass die Elektronen Energie hinzugewinnen. „Es handelt sich um einen Beleg für die Machbarkeit. Die Energie der Elektronen stieg von 55 auf 56,5 Kilo-Elektronenvolt“, berichtet Zhang. „Eine stärkere Beschleunigung lässt sich mit einem stärkeren Laser erreichen, mit dem die Terahertz-Pulse erzeugt werden.“
Der Aufbau ist vor allem für den sogenannten nicht-relativistischen Bereich entworfen worden, in dem sich die Elektronen noch nicht der Lichtgeschwindigkeit annähern. Das ermöglicht ein Recycling des Terahertz-Pulses für eine zweite Beschleunigungsstufe. „Sobald der Terahertz-Puls den Wellenleiter verlässt und ins Vakuum fliegt, erhöht sich seine im Wellenleiter abgebremste Geschwindigkeit wieder auf die Lichtgeschwindigkeit“, erläutert Zhang. „Das bedeutet, der Puls überholt das langsamere Elektronenpaket innerhalb einiger Zentimeter. Wir haben den zweiten Wellenleiter nun in genau dem passenden Abstand platziert, so dass die Elektronen ihn wieder gerade zusammen mit dem Terahertz-Puls durchqueren, dessen Geschwindigkeit ja im zweiten Wellenleiter wieder gebremst wird. Auf diese Weise entsteht eine zweite Wechselwirkungsregion, in der sich die Energie der Elektronen weiter erhöht.“
Im Laborversuch ließ sich zunächst erst ein kleiner Teil des Terahertz-Pulses auf diese Weise recyceln. Das Experiment zeigt jedoch, dass dieses Recycling grundsätzlich möglich ist, und Zhang ist zuversichtlich, dass sich der recycelte Anteil noch deutlich erhöhen lässt. Der Teamleiter des Projekts aus der CFEL-Gruppe, Nicholas Mattlis, betont: „Unser Mehrstufen-Verfahren wird die Anforderungen an das für die nicht-relativistische Elektronenbeschleunigung benötigte Lasersystem erheblich reduzieren, was neue Möglichkeiten für das Design von Terahertz-basierten Beschleunigern eröffnet.“
Die Arbeit am CFEL wurde durch den Synergy Grant AXSIS (frontiers in Attosecond X-ray Science: Imaging and Spectroscopy) des Europäischen Forschungsrats ERC unterstützt. CFEL ist eine gemeinsame Einrichtung von DESY, der Universität Hamburg und der Max-Planck-Gesellschaft.
Originalveröffentlichung:
Cascaded Multi-cycle terahertz driven ultrafast electron acceleration and manipulation; Dongfang Zhang, Moein Fakhari, Huseyin Cankaya, Anne-Laure Calendron, Nicholas H. Matlis and Franz X. Kärtner; „Physical Review X“, 2020; DOI: 10.1103/PhysRevX.10.011067
DESY zählt zu den weltweit führenden Teilchenbeschleuniger-Zentren und erforscht die Struktur und Funktion von Materie – vom Wechselspiel kleinster Elementarteilchen, dem Verhalten neuartiger Nanowerkstoffe und lebenswichtiger Biomoleküle bis hin zu den großen Rätseln des Universums. Die Teilchenbeschleuniger und die Nachweisinstrumente, die DESY an seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen entwickelt und baut, sind einzigartige Werkzeuge für die Forschung: Sie erzeugen das stärkste Röntgenlicht der Welt, bringen Teilchen auf Rekordenergien und öffnen neue Fenster ins Universum. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands, und wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent von den Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert.