Eine neue wissenschaftliche Analyse von Daten des Mars-Orbiters Mars Global Surveyor stellt die oft geäußerte Annahme, dass der Mars in früheren Zeiten wärmer gewesen und einen Ozean beherbergt haben könnte, stark in Frage.
Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: NASA/JPL.
Obwohl Wissenschaftler mit Hilfe des Infrarot-Spektrometers an Bord der seit 1997 um den Mars kreisenden Raumsonde Mars Global Surveyor (MGS) karbonathaltige Mineralien an der Oberfläche des „Roten Planeten“ entdeckt haben, die sich üblicherweise in Gegenwart von Wasser bilden, so konnten doch keine großflächigen Karbonat-Signaturen im Bereich von drei bis zehn Kilometern Ausdehnung gefunden werden, die auf das Vorhandensein eines oder mehrerer Ozeane hingedeutet hätten. Ob dieser Befund auch die frühere Existenz von größeren Seen, die nur vorübergehend existierten, ausschließt, bleibt zur Zeit unklar.
In ihrem heute im Wissenschaftsmagazin Science publizierten Artikel schreiben die drei Wissenschaftler Timothy Glotch, Dr. Joshua Bandfield und Dr. Philip Christensen von der Arizona State University, dass während der sechsjährigen Datenerfassung des MGS-Infrarot-Spektrometers dafür überall auf dem Planeten eine Karbonatkonzentration zwischen drei und fünf Prozent im marsianischen Staub registriert worden ist – was gleichzeitig die Fähigkeit des Spektrometers, dieses Mineral zu entdecken, beweist. Doch auch diese Spuren des Wasser anzeigenden Minerals glauben die Wissenschaftler auf andere Quellen als massive Karbonat-Vorkommen an der Oberfläche zurückführen zu können: „Wir glauben, dass die in Spuren vorhandenen Mengen die wir sehen wahrscheinlich nicht von ozeanischen Ablagerungen frühzeitlicher marsianischer Meere stammen, sondern von direkten Interaktionen der Atmosphäre mit dem Staub“, erläutert Dr. Christensen. „Winzige Spuren von Wasser in der Marsatmosphäre können mit dem allgegenwärtigen Staub zusammenwirken und die kleinen Mengen Karbonat, die wir sehen, bilden. Dies scheint das Resultat der Interaktion einer dünnen Atmosphäre mit Staub zu sein und nicht von Ozeanen, die mit einer großen, dichten Atmosphäre zusammenwirkten, von der viele Leute gedacht haben, dass sie einmal dort existierte. […] Was wir nicht sehen sind massive regionale Karbonat-Konzentrationen wie beispielsweise Kalkstein. [..] Wir sehen nicht die weißen Klippen von Dover oder irgendetwas Vergleichbares.“
Aufgrund dieser Daten und der früheren Entdeckung gefrorener Wasservorkommen auf dem Mars vermutet die Wissenschaftlergruppe, dass der Mars immer schon kalt, eisig und gefroren war. Wenn es früher wärmer gewesen wäre und Ozeane vorhanden gewesen wären, so die Argumentation, dann sollten auch die damals gebildeten, mit Karbonat durchsetzten Gesteinsschichten zu finden sein – und das ist bisher nicht der Fall. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte das Karbonatvorkommen im marsianischen Staub vielmehr sogar mit dafür verantwortlich sein, dass die Marsatmosphäre so dünn, trocken und kalt geworden ist wie sie sich heute darstellt: Die Bildung der Karbonate könnte der früheren Marsatmosphäre viel des ursprünglichen Kohlendioxids entzogen haben.
Weiteren Aufschluss über die Geschichte des marsianischen Wassers und die damit natürlich einhergehende (mögliche) Geschichte von organischem Leben auf dem Mars erhoffen sich die Wissenschaftler von den beiden amerikanischen Mars-Rovern, die im Januar nächsten Jahres auf unserem äußeren Nachbarplaneten landen und ihre Landegebiete auf Spuren früherer Wasservorkommen hin untersuchen werden.