DLR: Probesitzen in Orion für MARE

Weltraumstrahlungsexperiment MARE für Mondflug: DLR- und ISA-Phantome sitzen Probe in NASA-Raumkapsel Orion. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR.

Helgas Aufbau.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))
Helgas Aufbau.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))

Die Weltraumstrahlung außerhalb des schützenden Erdmagnetfeldes ist hoch – eine große Belastung für den menschlichen Körper und eine Herausforderung für die zukünftige astronautische Raumfahrt zu Mond und Mars. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht zur Bestimmung des Strahlenrisikos für die bemannte Raumfahrt. Eines der Projekte, welches die Wissenschaftler gemeinsam mit der NASA, der israelischen Raumfahrtagentur ISA und den Firmen Lockheed Martin und StemRad durchführen, ist das Projekt MARE (Matroshka AstroRad Radiation Experiment).

MARE-Phantom Helga: Vibrationstest am DLR Bremen.
(Bild: DLR)
MARE-Phantom Helga: Vibrationstest am DLR Bremen.
(Bild: DLR)

Im Herbst 2019 war der wissenschaftliche Leiter des MARE-Projekts Dr. Thomas Berger vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin mit seinem Team zum sogenannten Fit-Check bei der NASA im Johnson Space Center in Houston, Texas. Mit zwei Dummys, die den später zum Mond fliegenden Phantomen Helga und Zohar in Größe und Gewicht identisch sind, probten die Orion-Techniker vor Ort den Einbau in das Raumschiff.

Helga und Zohar auf dem IAC.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))
Helga und Zohar auf dem IAC.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))

„Zunächst mussten die Techniker testen, ob sie Helga und Zohar in ihren Transportrahmen durch die Luke in die Orion-Kapsel tragen können. Beide Phantome wiegen jeweils 50 Kilogramm, Zohar mit der AstroRad-Weste sogar 76 Kilogramm. Drei bis vier NASA-Techniker sind für den Einbau nötig“, erklärt DLR-Wissenschaftler Thomas Berger, der die Abteilung Strahlenbiologie leitet. „Die Kommandokapsel der Orion ist eng, aber es hat gut funktioniert. Und auch unser Rahmen, mit dem die Messkörper mit dem Raumschiff verbunden werden, passte perfekt. Mit zwölf Befestigungsschrauben werden die ‚Passagierplätze‘ im Raumschiff fest verankert“, so Berger weiter.

ORION im All - Künstlerlsche Darstellung.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))
ORION im All – Künstlerlsche Darstellung.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))

Das Projekt MARE nimmt weiter Fahrt auf
Der Fit-Check im Orion-Raumschiff verlief also erfolgreich. Auch die Vibrationstests am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen, mit denen die Belastbarkeit der Verbindung der Phantome auf den „Plätzen“ geprüft wurde, bestätigten die Qualität der Konstruktion. Kürzlich traf die israelische AstroRad-Strahlenschutzweste im DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln ein. Der nächste größere Schritt für MARE wird im Januar folgen. „Dann besucht uns der Industriepartner StemRad, der die Strahlenschutzweste AstroRad entwickelt hat. Zusammen werfen wir einen genauen Blick auf die Weste und Zohar, die sie beim Flug zum Mond tragen wird. Wenn nötig, passen wir die Weste für den optimalen Sitz nochmals an. Anschließend werden wir unsere eigenen Sensoren sowie die der Partner und beteiligten Wissenschaftler in Zohar und Helga einbauen. MARE ist also auf Kurs“, zeigt sich DLR-Strahlenphysiker Berger optimistisch. Aktuell plant die NASA den Mondflug der Orion für Herbst 2020.

ORION-Kapsel
(Bild: DLR)
ORION-Kapsel
(Bild: DLR)

Die DLR-Matroshkas der neuen Generation sind weiblich
Matroshkas sind sogenannte Phantome, dem menschlichen Torso nachempfundene Messkörper. Mit ihnen hat das DLR bereits viel Erfahrung: Zuletzt war eine Matroshka der Luft- und Raumfahrtmediziner vom DLR in Köln zwischen 2004 und 2011 auf der Internationalen Raumstation (ISS). Außen auf der ISS angebracht, sammelte das Phantom Strahlungswerte eines Astronauten, der einen Weltraumspaziergang absolviert. Außerdem hielt sich das Phantom im russischen und japanischen Teil der Raumstation auf, um die Strahlenbelastung in diesen Teilen der ISS zu messen.

Dummy am Kran über der ORION-Kapsel.
(Bild: DLR)
Dummy am Kran über der ORION-Kapsel.
(Bild: DLR)

Die neue Generation der Matroshkas ist erstmalig der weiblichen Anatomie nachempfunden. Der Bedarf an Daten über den weiblichen Organismus ist groß. Schließlich wird es in Zukunft immer mehr Raumfahrerinnen geben. Frauen haben ein allgemein höheres Krebsrisiko und darum gelten für Astronautinnen stets andere Grenzwerte als für ihre männlichen Kollegen. Geschlechtsspezifische Messungen mit Messkörpern im All gab es bislang nicht

Dummy beim Sitztest in der ORION-Kapsel.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))
Dummy beim Sitztest in der ORION-Kapsel.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))

Zohar wird mit Schutzweste, Helga ohne Schutzweste zum Mond fliegen. So sammeln die baugleichen Modelle vergleichbare Datensätze, erstmals jenseits der niedrigen Erdorbits. Insgesamt über 6.000 aktive und passive Sensoren sind jeweils auf der Oberfläche und im Innern der Körper angebracht. Diese bestehen aus Kunststoffen unterschiedlicher Dichten, die – an den anatomisch passenden Positionen im Körper – das menschliche Skelett und die Organe simulieren. Nach dem Raumflug um den Mond werden die Strahlungswerte beider Modelle verglichen, um die Wirksamkeit der AstroRad-Schutzweste bewerten und später, wenn nötig, verbessern zu können.

Orion-Mission Artemis I und das DLR
Ziel der NASA-Mission Artemis I ist der erste zunächst unbemannte Raumflug der Orion zum Mond, ihn zu umrunden und zur Erde zurückzukehren. Die Flugzeit wird zwischen 26 und 42 Tagen betragen. Dabei ist das Experiment MARE als sogenannte secondary oder scientific payload dabei. Das bedeutet, beide Phantome müssen autark vom Raumschiff funktionieren. Von der Stromversorgung bis zur Datenspeicherung – alle Funktionen werden vollkommen unabhängig vom Orion-Schiff sein.

Nach oben scrollen