Galileo Kompetenzzentrum stärkt den Technologietransfer: So genau wie nie – Neue Uhren für die Satelliten-Navigation der Zukunft. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln im Projekt COMPASSO hochgenaue Jod-Uhren und eine neue Generation von weltraumfähigen Laser-Messsystemen. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle: DLR.
Das Galileo Kompetenzzentrum in Oberpfaffenhofen wurde 2019 gegründet, die Aufbauphase ist nahezu abgeschlossen. Das Kompetenzzentrum verbessert laufend die Technologien für das Galileo-Navigationssystem. Dazu werden die Erfindungen der DLR-Institute zusammen mit der Industrie so vorangebracht, dass sie für die Satelliten und die Bodensysteme eingesetzt werden können. Das Institut für Quantentechnologien bringt die Jod-Laseruhren in das Projekt COMPASSO ein, das vom Galileo Kompetenzzentrum geführt wird. Die Jod-Laseruhren werden jetzt gemeinsam für den Einsatz im Weltraum qualifiziert: Sie müssen besonders klein, robust und langlebig sein. Für das COMPASSO-Projekt hat außerdem das Institut für Kommunikation und Navigation mit Wirtschaftspartnern ein Laserterminal erarbeitet, das die Daten überträgt, die Uhren der Satelliten synchronisiert und Entfernungen hochpräzise bestimmt. Hinzu kommen ein Frequenzkamm und weitere Instrumente, die Experimente im Weltraum unterstützten. Der Frequenzkamm überträgt die optischen Signale in den Frequenzbereich für die Satellitennavigation. Das Institut für Softwaretechnologie liefert die Betriebssoftware für den Computer, der die Experimente steuert. Der DLR-Raumflugbetrieb unterstützt und übernimmt die Vorbereitung und Durchführung des Gesamtbetriebs.
Minimale Abweichung mit großem Effekt
Das Galileo-Satellitennavigationssystem bietet schon jetzt eine außerordentlich hohe Positionsgenauigkeit und präzise Zeitinformation. Satelliten senden bei der Navigation ständig Daten, damit Nutzerinnen und Nutzer ihren Standort bestimmen können. Dass dabei die Laufzeiten zwischen Sender und Empfänger richtig gedeutet werden, ist immens wichtig: „Eine Ungenauigkeit der Zeitmessung von einer Nanosekunde würde zum Beispiel einem Fehler von 30 Zentimetern in der Entfernungsmessung entsprechen“, erklärt Felix Huber. Das scheint nicht viel zu sein – die Satelliten kreisen immerhin in etwa 23.000 Kilometern Höhe um die Erde. Aber: Bei der Navigation von Fahrzeugen, die automatisiert unterwegs sind, wäre das nicht tolerierbar. „Die Atomuhren in den Satelliten müssen so exakt übereinstimmen, dass sie Positionsgenauigkeiten im Bereich weniger Zentimeter in Echtzeit erlauben“, sagt Felix Huber.
Die Jod-Laseruhren aus dem COMPASSO-Projekt basieren auf den Prinzipien der Quantenmechanik. Sie beschreibt physikalische Vorgänge auf atomarer Ebene – also in der Welt des Allerkleinsten. Das Galileo Kompetenzzentrum hat neben dem DLR-Institut für Quantentechnologien in Ulm und dem DLR-Institut für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik in Hannover eine bedeutende Rolle bei terrestrischen und raumfahrtbasierten Quanteninnovationen. Natürlich stehen auch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für künftige Quantencomputer im Fokus.
Hoher Wert für die Nutzerinnen und Nutzer
Wie sollen zukünftige Systeme gestaltet werden, um den höchsten Nutzen zu erreichen? Welche Technologien machen einen Unterschied? Und welche haben ein Marktpotenzial? Das ergründet das Galileo Kompetenzzentrum außerdem im Projekt Robust Precise Timing Facility (RPTF). Anders als bei COMPASSO werden hier keine Weltraumtechnologien qualifiziert, sondern die für den Galileo-Betrieb notwendigen Bodensysteme weiterentwickelt. Es handelt sich um Hard- und Software für die perfekte Zeitverteilung im Galileo-System. Die Messinstrumente auf der Erde lassen sich dafür beliebig erweitern. Sie handeln quasi als „Team“ und liefern sogar dann noch perfekte Zeiten, wenn einige von ihnen ausfallen sollten oder ausgetauscht werden. „Die Referenzzeit am Boden muss für die Satelliten immer zuverlässig bleiben“, erklärt Felix Huber. Nebeneffekt der „Robust Precise Timing Facility“: Sie ist so stabil, dass sie in anderen Systemen für die Wartung und Fehlersuche genutzt werden kann.
„Die Forschung kommt aus den Instituten“, sagt Felix Huber. Bei der RPTF ist es vor allem das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. Das Galileo Kompetenzzentrum sorgt dafür, dass neue Ideen auf den Weg gebracht werden. Es unterstützt den Technologietransfer, damit die Forschungsergebnisse zusammen mit Industriepartnern umgesetzt werden.
Wie funktioniert die Satellitennavigation?
Die Satelliten funken pausenlos Daten über ihre Borduhrzeit und die Satellitenbahn. Der Empfänger berechnet den Abstand zum Satelliten, indem er feststellt, wie lange das Signal unterwegs ist. Die Bestimmung der Position erfolgt durch drei Satelliten gleichzeitig. Zusätzlich ist ein vierter Satellit notwendig, damit die Empfängeruhr synchron mit den Satellitenuhren läuft. Die Satellitenuhren müssen wiederum untereinander möglichst perfekt synchronisiert sein. Diese Genauigkeit ist nicht nur für den Verkehr wichtig, sondern ebenso für Finanztransaktionen, die Energieversorgung oder die Landwirtschaft.
Was ist Galileo?
Galileo ist das europäische Navigationssystem. Es macht Europa unabhängig von den Satellitensystemen anderer Nationen, zum Beispiel vom US-amerikanischen GPS oder dem russischen GLONASS. Galileo kann aber mit anderen Systemen zusammenarbeiten – die unterschiedlichen Systeme ergänzen sich auch. Galileo besteht aus einem weltumspannenden Netz von aktuell 22 operationellen Satelliten, die sich auf drei Umlaufbahnen bewegen. Das zivile Galileo-System stellt Navigationssignale in bisher nicht erreichter Genauigkeit bereit. Die Satelliten werden von zwei Kontrollzentren gesteuert, von denen sich eines im italienischen Fucino und eines am DLR-Standort in Oberpfaffenhofen befindet.