DLR: Kosmische Strahlung auf dem Mond gefährlich?

Auf der Rückseite des Mondes hat ein deutsches Messinstrument für Weltraumstrahlung kosmische Strahlung erstmalig in zeitlicher Auflösung gemessen. Das Journal Science Advances berichtet nun über die Arbeit der internationalen Wissenschaftlergruppe, an der auch das DLR beteiligt ist. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR.

Mondlandesonde Chang’e 4 aufgenommen vom Rover Yutu 2. Der rote Pfeil zeigt auf das LND-Instrument.
(Bild: CNSA/CLEP/NAOC)

Am 3. Januar 2019 ist die chinesische Mondlandesonde Chang’e-4 auf der Rückseite des Erdmonds gelandet. An Bord ist auch ein deutsches Messinstrument für Weltraumstrahlung. Das Lunar Lander Neutron and Dosimetry, kurz LND, hat seitdem Messungen kosmischer Strahlung aufgezeichnet, die erstmals eine zeitliche Auflösung haben. Bisherige Geräte konnten nur Daten einer gesamten „Missionsdosis“ sammeln. Das Wissenschaftsjournal Science Advances berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über die Arbeit der internationalen LND-Wissenschaftlergruppe, die sich mit der genaueren Strahlungsmessung auf dem Mond beschäftigt hat und an der auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist.

„In den kommenden Jahren und Jahrzehnten planen verschiedene Nationen, mit astronautischen Missionen den Mond zu erforschen. Für den Menschen stellt dabei die Weltraumstrahlung ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Schon die Apollo-Astronauten trugen deshalb Strahlenmessgeräte, sogenannte Dosimeter, am Körper. Allerdings wurde damit nur die Strahlenbelastung über die gesamte Mission hinweg bestimmt“, sagt Dr. Oliver Angerer, LND-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement. Mit dem LND sind demgegenüber – für die verschiedenen Charakteristika des Strahlenfelds – Zeitintervalle von einer, zehn oder sechzig Minuten möglich. Dies erlaubt es den Forschenden, die sogenannte Äquivalentdosis zu berechnen. Diese ist wichtig, um die biologischen Effekte abzuschätzen.

Hohe Strahlenbelastungen im Raumanzug
DLR-Strahlenphysiker Dr. Thomas Berger vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin ist an der Publikation beteiligt und erläutert: „Die von uns gemessene Strahlenbelastung ist ein gutes Maß für die Strahlung innerhalb eines Astronautenanzugs. Die Messungen ergeben eine Äquivalentdosisleistung – die biologisch gewichtete Strahlendosis pro Zeiteinheit – von etwa 60 Mikrosievert pro Stunde. Zum Vergleich: Auf einem Langstreckenflug von Frankfurt nach New York ist die Dosisleistung etwa fünf bis zehn Mal geringer, am Erdboden gute 200 Mal. Ein Langzeitaufenthalt auf dem Mond ist also eine hohe Belastung für den menschlichen Körper.“

Lunar Lander Neutron and Dosimetry (LND)
(Bild: Stefan Kolbe, CAU)

„Wir Menschen sind eben nicht gemacht für die Weltraumstrahlung“, ergänzt Prof. Robert Wimmer-Schweingruber von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, dessen Team das LND-Instrument entwickelt und gebaut hat. „Darum müssen sich Astronauten bei längeren Mondmissionen vor ihr abschirmen – zum Beispiel, indem sie ihre Unterkunft mit einer dicken Schicht Mondgestein bedecken. So könnte bei möglichen Langzeitaufenthalten auf dem Mond das Risiko für Krebs und andere Erkrankungen gesenkt werden.“

Das Kieler Gerät misst jeweils „tagsüber“ und bleibt – wie alle anderen wissenschaftlichen Geräte während der sehr kalten und fast zwei Wochen dauernden Mondnacht – ausgeschaltet, um Energie zu sparen. Gerät und Lander sollten mindestens ein Jahr lang messen und haben dieses Ziel bereits übertroffen. Die Daten des LND und des Landers werden über den Relais-Satelliten Queqiao („Elsterbrücke“) zur Erde übertragen, der sich über der erdabgewandten Seite des Mondes befindet.

Astronautische Weltraumforschung auf dem Mond und darüber hinaus
Auch hinsichtlich zukünftiger interplanetarer Missionen sind die Strahlungsdaten relevant: Da der Mond weder ein schützendes Magnetfeld noch eine Atmosphäre besitzt, ist das Strahlungsfeld auf der Mondoberfläche dem im interplanetaren Raum ähnlich. „Deshalb werden die Messungen des LND auch verwendet, um Computermodelle für die Berechnung von zu erwartender Strahlenbelastungen zu entwickeln, zu verbessern und so zum Strahlenschutz für die Astronauten zukünftiger Missionen beizutragen. Dabei ist es wichtig, dass der Detektor auch Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Strahlungsfelds zulässt – zum Beispiel wie viele Neutronen und hochenergetische geladene Teilchen gemessen werden „, verdeutlicht DLR-Strahlenphysiker Berger.

Finanzierung
Das Lunar Lander Neutron and Dosimetry ist im Auftrag des Raumfahrtmanagements im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie von der der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entwickelt und gebaut worden. Die Forschung am DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin wird über das DLR Raumfahrt-Programm „Erforschung des Weltraums“, Vorhaben „Moon and Mars Exploration Studies“ (MoSES) unterstützt.

Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:

Nach oben scrollen