DLR: Forschungsflüge für höchste Datenqualität der Erdbeobachtungsmission EarthCARE

HALO unter EarthCARE im Tandemflug: Messflüge zwischen Flugzeug und Satellit. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR 4. September 2024.

4. September 2024 – Das Forschungsflugzeug HALO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat auf Cabo Verde die erste Etappe seiner fliegerisch und wissenschaftlich bisher anspruchsvollsten Mission gemeistert. Seit Anfang August 2024 ist HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) in Äquatornähe unterwegs und misst, wie sich die tropischen Luftmassen und Wolkensysteme in unterschiedlichen Höhen verhalten – synchron zum Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE (Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer). HALO fliegt jedes Mal exakt unter dem Satelliten, sodass die Messungen von Flugzeug und Satellit direkt vergleichbar sind. Die Instrumente an Bord des Forschungsflugzeugs verwenden dabei das gleiche Messprinzip wie der Satellit. Die Daten aus der Luft helfen, die Instrumente an Bord des Satelliten zu kalibrieren und die Datenauswertung der EarthCARE-Mission zu optimieren. Die insgesamt zehn Unterflüge seit Missionsbeginn hat das Flugteam erfolgreich gemeistert, indem sie HALO direkt auf Linie mit EarthCARE gebracht haben. Die ersten Messdaten von Flugzeug und Satellit sind daher bereits in der Auswertung.

Vorbereitung der Instrumente Für jeden Validierungsflug prüfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Messinstrumente von HALO. So ist hier zu sehen wie ein Team das Radiometer vorbereitet und mit Stickstoff spült. Im Unterrumpf-Behälter sind mehrere Instrumente installiert, die vor dem Abflug nochmal genau kalibriert werden. (Bild: DLR)
Vorbereitung der Instrumente. Für jeden Validierungsflug prüfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Messinstrumente von HALO. So ist hier zu sehen wie ein Team das Radiometer vorbereitet und mit Stickstoff spült. Im Unterrumpf-Behälter sind mehrere Instrumente installiert, die vor dem Abflug nochmal genau kalibriert werden. (Bild: DLR)

Klima- und Wettergeschehen besser vorhersagen
Die Messdaten geben Aufschluss darüber, wie sich Wolken bilden, welchen Einfluss Aerosole und Sonneneinstrahlung haben, welche Wechselwirkungen gegenseitig entstehen und wie sie den Energiehaushalt der Erde beeinflussen. Der europäisch-japanische Satellit EarthCARE startete vor drei Monaten und wird die kommenden Jahre helfen, das Klimageschehen und Wetterdynamiken genauer zu verstehen und vorherzusagen.

HALO stößt nun zur Inbetriebnahme des Satelliten hinzu und stellt von Beginn an sicher, dass Forschende die EarthCARE-Daten in bestmöglicher Qualität nutzen können. Die Validierungsmission wird vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre aus Oberpfaffenhofen geleitet und in Zusammenarbeit mit weiteren nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen durchgeführt, mit wissenschaftlicher Führung des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie.

Zwischen Chaos und Laborbedingungen
Um die Aussagekraft von EarthCARE zu bewerten, muss das Forschungsflugzeug des DLR verschiedenste Situationen in der Atmosphäre begleiten. Dazu gehören trockene und feuchte Klimazonen, hohe und niedrige Luftschichten oder saubere und mit Aerosolpaertikeln angereicherte Luftmassen. Die kapverdischen Inseln etwa bieten sehr komplexe Bedingungen. Mehrere Einflussfaktoren treffen in der Atmosphäre aufeinander und bieten ein nahezu chaotisches Messfeld. „Neben Inseleffekten sind die Luftschichten partiell erheblich mit Saharastaub durchsetzt. Hinzu kommen Faktoren wie der ‚African Easterly Jet‘, ein saisonaler Starkwind, der die Entwicklung tropischer Wirbelstürme über dem Atlantik maßgeblich beeinflusst. Durch die Nähe zum Äquator herrscht außerdem eine intensive Sonnenstrahlung, auf der ein weiteres Augenmerk von EarthCARE liegt“, erklärt DLR-Projektleiterin Dr. Silke Groß vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre.

Einfluss von Sahara-Staub Über Cabo Verde zeigen sich häufig starke Einflüsse von Sahara-Staub. In der oberen Bildhälfte zeigt sich das Licht der untergehenden Sonne, die rötliche Färbung der Luftschicht darunter stammt jedoch von Sahara-Staub. Die Staubschicht ist so trübe und weitläufig, dass sie den Horizont vollständig bedeckt wie der Blick aus HALO hier zeigt. (Bild: B. Stevens)
Einfluss von Sahara-Staub. Über Cabo Verde zeigen sich häufig starke Einflüsse von Sahara-Staub. In der oberen Bildhälfte zeigt sich das Licht der untergehenden Sonne, die rötliche Färbung der Luftschicht darunter stammt jedoch von Sahara-Staub. Die Staubschicht ist so trübe und weitläufig, dass sie den Horizont vollständig bedeckt wie der Blick aus HALO hier zeigt. (Bild: B. Stevens)

Nach vier Wochen Station auf der kapverdischen Insel Sal, führt die nächste Etappe HALO nun vom 5. September bis 30. September 2024 nach Barbados. Auf dem Weg dorthin erwartet die DLR-Crew weiter westlich eine fast staubfreie Atmosphäre. Es herrschen quasi Laborbedingungen; ein ideales Szenario für die Forschenden, um die Messdaten von EarthCARE abzugleichen. HALO ist für die Mission mit insgesamt neun Instrumenten ausgestattet, insbesondere einem Doppler-Radar sowie einem spektral hochauflösenden Lidar. Bei allen Messflügen werden auch meteorologische Fallsonden von HALO abgeworfen, um Wind-, Feuchte- und Temperaturdaten von der gesamten Atmosphärensäule unterhalb des Flugzeugs zu erhalten.

Spitzenleistungen Flugzeug und Crew
Für die extrem anspruchsvollen Flüge ist HALO wie geschaffen – der ehemalige Business-Jet ist passend zu EarthCARE instrumentiert, kann bis zu 15,5 Kilometer hoch und mehr als 8.000 Kilometer weit fliegen. Gemeinsam mit dem EarthCARE-Satellit vermisst HALO kritische Phänomene wie die „Innertropische Konvergenzzone“ durchgehend bis in ihre Übergangszonen hinein. Dieses mehrere hundert Kilometer lange Wolkenband entsteht in Äquatornähe und beeinflusst unter anderem die Regenzeit in den Tropen und Subtropen, das Monsungebiet über Asien und Afrika sowie die Grenzen der Klimazonen.

Flugspur von HALO für EarthCARE Für die Vergleichsmessungen fliegt das DLR-Forschungsflugzeug HALO exakt unter dem EarthCARE-Satelliten. Die senkrecht nach unten verlaufende Linie entspricht der Spur von HALO und dem Satelliten, dessen Überflug nur wenige Minuten dauert. Danach vermisst HALO die Wolken entlang der Satellitenspur zusätzlich in gezielten Kreisen. Das Bild zeigt den Verlauf einer Flugspur während eines neunstündigen Messeinsatzes von HALO über Cabo Verde am 13. August 2024. (Bild: PERCUSION Forecast and Flightplanning Team)
Flugspur von HALO für EarthCARE. Für die Vergleichsmessungen fliegt das DLR-Forschungsflugzeug HALO exakt unter dem EarthCARE-Satelliten. Die senkrecht nach unten verlaufende Linie entspricht der Spur von HALO und dem Satelliten, dessen Überflug nur wenige Minuten dauert. Danach vermisst HALO die Wolken entlang der Satellitenspur zusätzlich in gezielten Kreisen. Das Bild zeigt den Verlauf einer Flugspur während eines neunstündigen Messeinsatzes von HALO über Cabo Verde am 13. August 2024. (Bild: PERCUSION Forecast and Flightplanning Team)

Die Flugspur des Satelliten exakt zum richtigen Zeitpunkt zu unterfliegen ist jedes Mal eine Herausforderung. Die Piloten müssen in der Luft flexibel auf kurzfristige Änderungen des Flugplans reagieren. Auch bei der Flugplanung bringt das Team der DLR-Flugexperimente ihre Expertise ein: Anhand der Position des Satelliten berechnen sie den geeigneten Kurs für das Flugzeug, der dann von der Flugsicherung geprüft und dem Flugbetrieb entsprechend noch einmal angepasst wird.

Referenzdaten am Boden, zu Wasser und in der Luft
Die Validierung von EarthCARE ist die bisher anspruchsvollste und umfangreichste Mission von HALO. Bis zum Jahresende sind insgesamt 296 Flugstunden eingeplant, mit bis zu drei Einsätzen pro Woche. Für die Validierung bezieht das DLR-Team darüber hinaus weitere Messungen ein. Während der vierwöchigen Kampagne auf Cabo Verde etwa fanden zusätzlich Bodenmessungen des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung statt, Schiffsmessungen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie sowie Messflüge des französischen Turboprop-Flugzeugs SAFIRE ATR-42 und des norwegisch-rumänischen Teams mit der Turboprop INCAS KingAir. In den kommenden Wochen wird das Barbados Cloud Observatory die HALO-Messungen ergänzen.

Wolkenbildung Für die EarthCARE-Validierungsflüge ist HALO mit insgesamt neun Instrumenten und zusätzlichen Fallsonden ausgestattet. Die Daten des HALO Microwave Package (HAMP) hier zeigen einen Vertikalschnitt durch Wolken, mit einzelnen Messdaten des Wolkenradars und dem zugehörigen Radiometer. In der obersten Zeile ist das Wolkenband der Innertropischen Konvergenzzone erkennbar. Die rote vertikale Linie markiert den exakten Zeitpunkt, an dem das DLR-Forschungsflugzeug den EarthCARE-Satelliten unterflogen hat. Die Daten aus der Luft helfen, die Instrumente an Bord des Satelliten zu kalibrieren und die Datenauswertung der EarthCARE-Mission zu optimieren. (Bild: B. Stevens)
Wolkenbildung. Für die EarthCARE-Validierungsflüge ist HALO mit insgesamt neun Instrumenten und zusätzlichen Fallsonden ausgestattet. Die Daten des HALO Microwave Package (HAMP) hier zeigen einen Vertikalschnitt durch Wolken, mit einzelnen Messdaten des Wolkenradars und dem zugehörigen Radiometer. In der obersten Zeile ist das Wolkenband der Innertropischen Konvergenzzone erkennbar. Die rote vertikale Linie markiert den exakten Zeitpunkt, an dem das DLR-Forschungsflugzeug den EarthCARE-Satelliten unterflogen hat. Die Daten aus der Luft helfen, die Instrumente an Bord des Satelliten zu kalibrieren und die Datenauswertung der EarthCARE-Mission zu optimieren. (Bild: B. Stevens)

Ende September wird das DLR-Forschungsflugzeug dann nach Oberpfaffenhofen zurückkehren, um EarthCARE ab November in neuen atmosphärischen Situationen in gemäßigten Breiten zu prüfen. Flüge über Deutschland und Europa bis in die arktischen Regionen werden das Messprofil erweitern. So stellt das DLR sicher, dass die EarthCARE-Mission ihr Datenpotenzial bestmöglich ausschöpfen kann.

Über die Mission
Die Validierungsflüge für die Satellitenmission EarthCARE werden vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) geleitet. Diese Validierungsmission PERCUSION (Persistent EarthCare underflight studies of the ITCZ and organized convection) ist Teil der Gesamtmission ORCESTRA (Organized Convection and EarthCare Studies over the Tropical Atlantic), die vom MPI-M wissenschaftlich geleitet wird. An der Flugkampagne sind weiterhin die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und die Universitäten Köln, Leipzig und Hamburg mit Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft beteiligt. Koordiniert werden die Flüge mit Validierungsaktivitäten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, unter anderem dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), dem Forschungszentrum Jülich sowie dem Deutschen Wetterdienst. Das Forschungsflugzeug HALO wird von der DLR-Einrichtung Flugexperimente in Oberpfaffenhofen betrieben.

Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des DLR. Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs.

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