DLR: Cellbox-3 startet mit biomedizinischen Experimenten zur ISS

Mit Cellbox-3 sollen am 6. November 2022 molekularbiologische Experimente der Charité Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt zur Internationalen Raumstation ISS starten. Mit der biomedizinischen Forschung wird das Verhalten von Immun-, Nerven- und Muskelzellen in Schwerelosigkeit untersucht. Ziel ist es, die Funktionsmechanismen zu verstehen, um effektive Therapien gegen Immunerkrankungen und Muskelschwäche entwickeln zu können. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR 4. November 2022.

Minilabore in Smartphone-Größe. (Bild: Charité Berlin)

4. November 2022 – Am 6. November 2022 um 11:50 Uhr MEZ (5:50 Uhr Ortszeit) soll das unbemannte Cygnus-Raumschiff NG-18 vom Weltraumbahnhof Wallops Island in Virginia (USA) zur Internationalen Raumstation ISS starten. Mit an Bord sind mit der Mission „Cellbox-3“ molekularbiologische Experimente der Charité Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt für die biomedizinische Forschung. „Die Forscherteams wollen mit den Experimenten den Einfluss der Weltraumbedingungen und der Schwerelosigkeit auf das Verhalten von Immun-, Nerven- und Muskelzellen untersuchen und damit grundlegende Funktionen des menschlichen Körpers ergründen“, erläutert Dr. Michael Becker, Cellbox-3-Projektleiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. „Die Ergebnisse sollen dabei helfen, effektive Therapien gegen Immunerkrankungen und Muskelschwäche für Menschen auf der Erde, aber auch für astronautische Langzeitmissionen zu entwickeln.“

Die biologischen Proben werden in insgesamt 18 speziellen Experimentcontainern für biologische Zellkulturen zur ISS transportiert. Jedes dieser Minilabore hat dabei lediglich die Größe eines Mobiltelefons. Auf der Raumstation angekommen werden die Container in einer Inkubationsanlage installiert. Mit Hilfe einer Zentrifuge können die Zellproben darin unter Schwerelosigkeit und unter normalen Schwerkraftbedingungen wie auf der Erde untersucht werden. Dieser Wechsel hilft den Forschenden dabei, die unterschiedliche Wirkung auf die Zellkulturen besser zu erkennen. Die Experimentdauer beträgt lediglich fünf Tage, danach werden die Proben fixiert. Am 3. Januar 2023 kehren die Cellbox-Container mit der CRS-26-Dragon-Raumkapsel zur Erde zurück und werden anschließend im Labor untersucht.

NEMUCO-Experiment der Charité Berlin. (Bild: Charité Berlin)

Wie interagieren Nerven- und Muskelzellen in der Schwerelosigkeit?
Die Charité Berlin erforscht mit dem Experiment NEMUCO (Nerve-Muscle Co-culture) den Einfluss von Schwerelosigkeit auf Muskel- und Nervenzellen. Die Forschenden wollen damit vor allem die Interaktion und Kommunikation von Nerven- und Muskelzellen untersuchen. Erkrankungen des Muskelapparats oder langfristige Immobilität führen zu einem starken Rückgang der Struktur und Funktion von Verbindungen zwischen Muskeln und Nerven, was sich erheblich auf die Muskelmasse und damit auf die feinmotorische Leistung auswirkt. Die Proteinzusammensetzung und -anordnung unter den verschiedenen Schwerkraftbedingungen geben den Forschenden Auskunft über die molekularen Mechanismen hinter der Muskelsteuerung. Die Erkenntnisse aus dem Experiment sollen bei der Entwicklung effizienterer Methoden zur Behandlung von Muskelschwächeerkrankungen beim Menschen auf der Erde helfen.

Vorbereitungen zum SHAPE-Experiment. (Bild: Ryan Sarkar, SHAPE-Team)

Welche Folgen hat Schwerelosigkeit auf Knochenmark und Immunsystem?
Neue Erkenntnisse über das angeborene Immunsystem erhofft sich die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt im Rahmen des SHAPE-Experiments mit einem Sphäroidmodell des menschlichen Knochenmarks. Als Sphäroid bezeichnet man dabei eine dreidimensionale Anordnung von Zellen. Mit SHAPE (Spheroid Aggregation and Viability in Space) will das Forscherteam die Bildung und Lebensfähigkeit solcher dreidimensionalen zellulären Sphäroide im Weltraum messen und analysieren. Die Ergebnisse erlauben ein besseres Verständnis von Veränderungen der angeborenen Immunität gegen Krankheitserreger und dienen als Grundlage für die intensivere Erforschung der molekularen Ursachen für Veränderungen der Blutbildung im Knochenmark (Myelopoese).

Medizinische Forschung mit dem Cellbox-Programm
Das aktuelle Cellbox-Programm wurde im Jahr 2011 ins Leben gerufen mit dem Ziel, molekularbiologische und medizinische Forschung in Schwerelosigkeit zu ermöglichen. Im Oktober 2011 starteten die ersten Probenbehälter mit der Mission SIMBOX zur chinesischen Raumstation Shenzhou. Mit an Bord waren 17 biologischen und medizinischen Experimente. Mit SpaceX-3 wurde im April 2014 die Mission Cellbox-1 mit zwei Experimenten zur Internationalen Raumstation transportiert. Dabei wurden Krebs- und Immunzellen in Schwerelosigkeit untersucht. Cellbox-2 erforschte im Dezember 2017 Immun-, Nerven- und Krebszellen auf der ISS. Mit Celbox-3 werden diese Untersuchungen nun fortgesetzt.

Unterstützt wird Cellbox-3 vom Start-Up Unternehmen yuri GmbH aus Meckenbeuren, das als Hardwareentwickler für die Vorbereitung, Missionsplanung und Unterstützung der Wissenschaftler verantwortlich ist. Durchgeführt wird Cellbox-3 im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR in Bonn mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

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