Wenn etwas Bestand in der Österreichischen Raumfahrt-Fan-Szene hat, dann ist es die Yuris-Night-Veranstaltung in Wien. Diese findet traditionsgemäß immer am 12. April statt. In diesem Jahr wurde die 15te (!) Ausgabe gefeiert. Ein Beitrag von Andreas Weise.
Quelle: Andreas Weise 20. April 2023.
Somit durfte die Wiener Ausgabe der Yuris Night eine der stabilsten Veranstaltungstermine zum Thema sein. Ich selber bin regelmäßig seit 2011 hier zu Gast. Wien ist somit zum Internationalen Tag der Raumfahrt immer eine Reise wert.
Dieses Jahr war man wieder einmal in der Urania der VHS zu Gast. Dem himmlischen Vergnügen im Veranstaltungssaal im obersten Stockwerk wurden aber erst einmal Steine in den Weg gelegt. Der Aufzug war defekt. Oben angekommen entschädigte aber ein grandioser Blick über das nächtliche Wien von der Dachterrasse aus. Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen…?
Der Saal war bis auf den letzten Platz belegt. Eine sehr angenehme, vertraute Atmosphäre breitete sich aus. Letztes Jahr war man auf Grund Corona noch zum Maskentragen verpflichtet gewesen.
Die einführenden Begrüßungsworte der Organisatoren hielt Monika Fischer. Dabei sauste eine kleine, aber bemerkenswerte Information schnell am Ohr des Publikums vorbei. Der Veranstalter war nicht mehr DER ORION. Vielmehr trat der Förderkreis für Astronomie und Raumfahrt ARTEMIS als Veranstalter in Erscheinung. Warum wurde nicht gesagt. Beim Blick auf das Logo dieses Förderkreises dachte ich erst, man habe den falschen Aufsteller aufgebaut. Förderkreis ARTEMIS und NASA-Logo Artemis weisen eine gewisse, nicht ganz zu verheimlichende Ähnlichkeit auf. Aber das ist bestimmt nur Zufall – oder?
Dann kam der Hausherr zu Wort, oder präziser gesagt die Hausherrin: Frau Mag. Doris Zametzer, Direktorin der VHS Urania, seit 2019 im Amt. Diese erklärte auch gleich, wohin die Reise mit ihr gehen wird. Die „Urania“ ist nicht nur die Muse der Sternkunde, sie ist auch eine Frau und gibt dem Volksbildungshaus den Namen. Was liegt da näher, als die Bereiche Frauen, Feminismus, Gender verstärkt in den Mittelpunkt zu stellen? (Hier frei zitiert aus der Webseite der VHS Wien.)
Folgerichtig waren unter den tragenden Akteuren der Veranstaltung alles Frauen. Für mich war das egal, sprachen doch die Leistungen der Personen für sich. Und dieses sollte sich im Laufe des Abends auch bestätigen.
Den ersten Teil der Veranstaltung bestritt Frau Dr. Nadeen B. Sabha von der Uni Innsbruck. Sie gab in einem ausführlichen Vortrag Einblicke in das James Webb Space Telescope – JWST. Dabei war ihr hoch anzurechnen, dass Sie Ihren Vortrag auf Deutsch hielt, obwohl in Ihrer internationalen Tätigkeit vorwiegend Englisch gesprochen wird. Auch war im Vortrag so manches Augenzwinkern zu entdecken. Nach zirka einer dreiviertel Stunde konnte man sagen „Tolle Bilder!“ und „Wieder was gelernt“.
Nach der Pause ging es in eine Talk-Runde. In konsequenter Negierung des Vorsatzes, das Feminine in den Mittelpunkt zu stellen, wurde der Moderator für den Teil 2 der Veranstaltung männlich besetzt: Herr Dr. Christian Klösch, seines Zeichens Kurator der Weltraumausstellung des Technischen Museums Wien. Dieser durfte die Fragen an die drei Damen stellen, die neben ihm Platz genommen hatten. Mehr leider nicht. Es hätte mich sehr gefreut, wenn hier etwas über die Raumfahrt-Ausstellung im Technischen Museum, deren Anliegen und Exponate, berichtet worden wäre. Schließlich braucht diese sich nicht zu verstecken. Vielleicht lag es aber daran, dass letztes Jahr die Yuris Night im Technischen Museum stattfand und man dort schon mal die Ausstellung beschnuppern durfte.
Bei den drei Damen im Podium stachen zwei heraus. Da war zum einen Frau Dr. Carmen Possnig, einzige österreichische ESA-Astronautin in Reserve und Frau Anika Mehlis, Analog-Astronautin beim Österreichischen Weltraum Forum ÖWF. Beide Damen konnten über die Bewältigung von Extremsituationen erzählen. So berichtete Frau Dr. Possnig von einem Jahresaufenthalt in der Antarktis in Isolation und Temperaturen bis fast an die 100 Grad Minus. Frau Mehlis dagegen war in wärmeren Gefilden unterwegs. Sie berichtete über einen simulierten Mars-Aufenthalt des ÖWF in der israelischen Wüste.
Die dritte Dame im Bunde war Frau Dr. Barbara Imhof. Sie hätte Themenstoff für einen ganzen Abend liefern können. Als Architektin und Spezialistin für Weltraumarchitektur ist sie bei der Gestaltung der Wohnmoduls des Lunar-Gateway beteiligt. Leider fehlte die Zeit hier tiefgreifender in die Materie einzutauchen. Mich hätte eine Diskussion über Farbkonzepte und standardisierte Verkabelungen von einzelne Einschubmodulen interessiert. Doch beim Publikum fokussierte sich in der Fragerunde das Thema Weltraumtoilette stärker heraus. Nun ja. Es ist auch wichtig zu wissen, wo das Örtchen einmal hinkommt…
Eine für meine Begriffe etwas traurige Publikumsfrage ging dann fast am Ende der Veranstaltung an Frau Dr. Possnig. Wenn man sich den finanziellen Beitrag Österreichs am ESA-Budget für die bemannte Raumfahrt ansehe, ob sie sich da überhaupt reale Chancen auf einen Flug ausrechnen würde. Tapfer wurde die Frage mit einem „Ja“ beantwortet. Ich dachte mir so meinen Teil dabei, hat doch der Nichtflug von deutschsprachigen Astronauten-Kandidaten seit der D1-Austronautengruppe eine lange Tradition. Ich selber wünsche es der jungen Dame, von ganzen Herzen, dass Sie ihre Chance bekommt. „Konkurrieren“ tut sie dabei zum Beispiel auch gegen Nicola Winter geb. Baumann, der ich ebenfalls die Daumen drücke.
Was ist zum Schluss noch zu sagen? Für mich war es fast wie ein Familientreffen, wo man viele bekannte Gesichter wieder traf. Aber auch neue Kontakte konnten geknüpft werden. So habe ich mich sehr gefreut, Sirwan Aminy vom Youtube-Kanal „Mars Chroniken“ zu treffen. Ich denke, gerade dafür sind solche Veranstaltungen auch sehr wichtig.
Bleibt nur noch allen Teilnehmern und Organisatoren „Danke!“ zu sagen und sich auf das nächste Jahr zu freuen.
Andreas Weise
Weitere interessante Links zum Thema:
- https://www.raumfahrer.net/technisches-museum-wien-auf-zu-neuen-horizonten/
- https://www.raumfahrer.net/technisches-museum-wien-highlight-objekte-zum-thema-raumfahrt/
- https://www.raumfahrer.net/oewf-lud-hochkaraetige-raumfahrt-forschungsteams-nach-wien-ein/
- https://www.raumfahrer.net/zimmer-mit-aussicht-leben-im-weltraum/
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum: