Die Untersuchung Schwarzer Löcher

Ein internationales Astronomenteam nutzte für die Erforschung eines Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie NGC 3783 im infraroten Spektralbereich das Very-Large-Telescope-Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte (ESO). Die Messmethode der Nahinfrarot-Interferometrie ermöglichte es dem Team, eine ringförmige Ansammlung von Staub in der inneren Region des Galaxienkerns aufzulösen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Institut für Radioastronomie.

ESA, NASA, AVO-Project, Paolo Padovani
Die künstlerische Darstellung einer Akkretionsscheibe und eines Staubtorus in der Umgebung eines supermassiven Schwarzen Lochs.
(Bild: ESA, NASA, AVO-Project, Paolo Padovani)

In vielen Galaxienkernen wurden von den Astronomen in der Vergangenheit supermassive Schwarze Löcher entdeckt, deren Masse oftmals millionenfach größer ausfällt als die Masse unserer Sonne. Diese zentralen Schwarzen Löcher sind von einer sogenannten Akkretionsscheibe, einer heißen, hellen Scheibe aus interstellarem Gas und Staub umgeben. Zur Aufrechterhaltung der von diesen Scheiben ausgehenden hohen Leuchtkraft müssen diese ständig mit frischen Material versorgt werden. Dieses Material stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus einem Staubtorus, welcher die Akkretionsscheiben ringförmig umgibt.

Da dieser das Schwarzes Loch umgebende Staubtorus sehr kompakt ausfällt, stellt seine Untersuchung für die Astronomen eine sehr große Herausforderung dar. Detaillierte Untersuchungen der zentralen Staubansammlungen in Galaxien sind wichtig, um die Struktur des Staubtorus und seine Wechselwirkung mit der Akkretionsscheibe besser zu verstehen. Für die hierfür benötigte Winkelauflösung ist allerdings ein Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von mehr als 100 Metern nötig. Da solche Teleskope derzeit nicht verfügbar sind, stellt sich den Astronomen die Frage nach einer alternativen Lösung.

Eine Möglichkeit für eine erfolgreiche Analyse besteht darin, bei der Beobachtung eines Schwarzen Lochs mehrere Teleskope gleichzeitig auf das zu untersuchende Objekt auszurichten und das so „eingefangene“ Licht zu überlagern. Durch diese als Interferometrie bezeichnete Methode können die Astronomen hochaufgelöste Daten über die Umgebung der Schwarzen Löcher gewinnen.

Ein von Prof. Dr. Gerd Weigelt vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn geleitetes internationales Wissenschaftlerteam berichtete jetzt in einem kürzlich in der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“ publizierten Artikel über die auf diese Weise erfolgte Untersuchung des Zentrums der im Sternbild Zentaur (lateinischer Name Centaurus) gelegenen Galaxie NGC 3783 im infraroten Spektralbereich. Für ihre Messungen verwendeten die Astronomen das Interferometrie-Instrument AMBER des Very-Large-Telescope-Interferometers (VLTI) der Europäischen Südsternwarte (ESO).

Gerd Weigelt, MPIfR
Das Very-Large-Telescope-Interferometer der Europäischen Südsternwarte in Chile.
(Bild: Gerd Weigelt, MPIfR)

Die dabei angewandte Interferometriemethode ermöglicht eine extrem hohe Auflösung des untersuchten Objektes, welche sich proportional zum Abstand der verwendeten Teleskope verhält. Da der größte Abstand zwischen den vier Teleskopen des VLTI 130 Meter beträgt, kann mit ihnen eine Winkelauflösung erreicht werden, welche der theoretische Auflösung eines Teleskops mit einem Spiegeldurchmesser von 130 Metern entspricht. Das ist 15 mal besser als die Auflösung eines einzelnen VLTI-Teleskops, welche über einen Spiegeldurchmesser von acht Metern verfügen.

„Das VLTI der ESO eröffnet für uns eine einmalige Gelegenheit, unser Wissen über Galaxienkerne zu verbessern“, so Prof. Dr. Weigelt. „Wir können damit faszinierende physikalische Prozesse mit einer bisher nicht erreichten Auflösung und über einen weiten infraroten Spektralbereich untersuchen. Genau das ist nötig, um die physikalischen Eigenschaften dieser Objekte zu erforschen.“

Dr. Makoto Kishimoto vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie, einer der Co-Autoren der Studie, ergänzt: „Wir hoffen, in den nächsten Jahren noch viel mehr Informationen zu bekommen, indem wir bei noch kürzeren Wellenlängen, mit größerem Teleskopabstand und mit höherer spektraler Auflösung messen. Ganz besonders wichtig ist, dass es in einigen Jahren zwei weitere Interferometrie-Instrumente für das VLTI geben wird, die komplementäre Informationen liefern werden.“

Für die Untersuchung des Zentrums der Galaxie NGC 3783 fertigten die Astronomen mit dem VLTI mehrere Tausend Interferogramme an, welche sich aus den Einzelaufnahmen von jeweils zwei beziehungsweise drei Teleskopen zusammensetzen. Dabei lagen die Abstände zwischen den eingesetzten Teleskopen im Bereich von 45 bis 114 Metern. Die Auswertung dieser Interferogramme ermöglichte es den Wissenschaftlern, den Radius des kompakten Staubtorus im Zentrum der rund 150 Millionen Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegenen Galaxie zu bestimmen.

Dabei wurde ein Winkelradius von 0,74 Milli-Bogensekunden ermittelt, was einem Radius des Torus von lediglich einem halben Lichtjahr entspricht. Kombiniert mit früheren Messungen in längeren Wellenlängenbereichen ermöglichten die im nahen Infrarot-Bereich erfolgten Messungen zudem die Ableitung wichtiger physikalischer Eigenschaften des Staubtorus von NGC 3783.

„Die hohe VLTI-Auflösung ist auch bei Untersuchungen von vielen anderen Schlüsselobjekten der Astrophysik wichtig“, betont Karl-Heinz Hofmann, ein weiteres Mitglied des Astronomen-Teams. „Es ist klar, dass die Infrarot-Interferometrie die Infrarot-Astronomie in der gleichen Weise revolutionieren wird, wie in der Vergangenheit die Radiointerferometrie die Radioastronomie revolutioniert hat.“

Raumcon-Forum:

Abstract des Fachartikels:

Nach oben scrollen