Kameras von zwei NASA-Marsorbitern haben sehr dunkle Flecken in einem erstarrten Lavastrom entdeckt. Die Flecken sind so extrem schwarz, dass es sich um Löcher handeln muss – riesige Höhlenöffnungen. Vergleichbare Höhlen auf der Erde sind tief genug für Fallschirmspringen.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: NASA/JPL/Universität Arizona.
Zunächst hatte die Kamera THEMIS an Bord von Mars Odyssey sieben dunkle Flecken auf der Marsoberfläche entdeckt, alle inmitten längst erstarrter Lavaströme des Vulkans „Arsia Mons“. Wie in der Planetenforschung üblich wurden den Strukturen Namen gegeben: Dena, Chloe, Wendy, Annie, Abbey, Nikki, und Jeanne.
Die Flecken zeichneten sich durch zwei Merkmale aus: Um sie herum gab es keine Störungen der Oberfläche, wie sie die sonst bekannten Vertiefungen wie Einschlags- oder Vulkankrater üblicherweise zeigen. Und sie waren so dunkel, dass in ihnen keinerlei Einzelheiten zu erkennen waren. Demnach handelte es sich höchstwahrscheinlich um Öffnungen zu Hohlräumen unterhalb der Marsoberfläche.
Dies elektrisierte die Forscher, da Höhlen einen natürlichen Schutz vor kosmischer Strahlung – die auf dem Mars sehr ausgeprägt sein dürfte – darstellen und damit als wahrscheinlichster Zufluchtsort für ehemaliges oder jetziges Leben in Frage kommen. (Vielleicht sogar als Grundlage für zukünftige Marsbasen…?) Die Existenz der Höhlen an sich ist nicht weiter überraschend: Auch in Lavaströmen auf der Erde bilden sich beim Abkühlen und Zusammenziehen der Lava Hohlräume, von denen einige später teilweise oder vollkommen einstürzen.
THEMIS hat eine Auflösung von nur etwa 20 Metern pro Pixel, also wurde alsbald die wesentlich höher auflösende Kamera HiRISE des Mars Reconnaissance Orbiters auf die Löcher angesetzt. Ein Bild mit einer Auflösung von nur ca. 25 Zentimetern pro Pixel von dem ersten dieser Löcher, „Jeanne“, liegt mittlerweile vor: Es hat einen Durchmesser von mehr als 100 Metern, ist also sehr groß, verglichen mit ähnlichen Höhleneingängen auf der Erde. Auch dieses Bild zeigt keinerlei umrandende Störungen der Oberfläche und ein extrem tiefes, praktisch unterschiedsloses Schwarz innerhalb des Lochs. Für die HiRISE-Experten ist dies wirklich bemerkenswert, da ihre hochsensible Kamera bisher auch in noch so dunklen Schatten auf dem Mars so gut wie immer Einzelheiten unterscheiden konnte.
Nun fällt in eine Höhle – noch dazu mit einer so großen, horizontalen Öffnung – natürlich auch Sonnenlicht, trifft auf den Boden und die Wände der Höhle und wird von diesen reflektiert, daher sollten sie eigentlich in der Öffnung sichtbar sein, selbst wenn die Aufnahme nachmittags aufgenommen wird wie in diesem Fall gegen 15:30 Uhr Marszeit, also bei schrägem Einfall des Sonnenlichts. Dass selbst eine HiRISE keinerlei Details zu erkennen vermag, lässt nur folgende Möglichkeit zu: Das Höhleninnere hat einen größeren Durchmesser als die Öffnung – die Wände der Höhle hängen also über und sind deshalb von außen nicht sichtbar. Außerdem muss der Boden sehr tief unter dem Eingang liegen, sonst würde man durch reflektiertes Streulicht wenigstens etwas von ihm erkennen.
Es muss sich also um eine Höhle von gewaltigen Ausmaßen handeln. Zumindest ihre Öffnung ist etwa doppelt so groß wie die der bekannten „Sótano de las Golondrinas“ in Mexiko (englisch „Cave of the Swallows“, deutsch „Schwalbenhöhle“), die um 350 Meter tief ist und deren Wände ebenfalls überhängen. Die Marshöhle „Jeanne“ könnte durchaus größer sein als die Höhle auf der Erde. Vielleicht spielt hier die geringe Schwerkraft des Mars´ eine Rolle, die die Bildung größerer Hohlräume zulassen mag als auf der Erde.
Weiterführende Informationen:
- Koordinaten der Höhle: 21.6002734°,-99.0988952°