Letztes Jahr wurde eine neue Richtung für die Weltraumexploration der USA festgelegt und sowohl vom Kongress als auch vom Präsidenten abgesegnet. Jetzt geht die NASA in die Offensive und behauptet, die Pläne mit den gegebenen Geldern im gesteckten Zeitrahmen nicht einhalten zu können.
Ein Beitrag von Klaus Donath. Quelle: NASA, spaceflightnow, nasaspaceflight. Vertont von Peter Rittinger.
Aus einem Statusreport der NASA an den US-Kongress geht hervor, dass der geplante bemannte Erststart einer neuen Schwerlastrakete bis Ende 2016 mit den gegebenen Finanzmitteln aus ihrer Sicht nicht möglich ist. Dabei hatten einige Vertreter des Senats, darunter die jetzt schwer verwundete Gabrielle Giffords, Frau des für STS 134 vorgesehenen Shuttle-Kommandanten Mark Kelly, bereits davor gewarnt, der NASA eine vom Kongress designte Rakete aufzuzwingen. Den Entwurf sollten lieber die Ingenieure übernehmen.
Bei dieser Entscheidung spielte aber auch die Joberhaltung in den bisherigen Bundesstaaten eine Rolle. Die Senatoren der einzelnen Staaten möchten ihre Weltraumindustrie halten und beharren daher auf der Wiederverwendung von Shuttle-Komponenten. Als weiteres Argument wird angegeben, dass man kein lang erworbenes Wissen wegwerfen sollte. Dazu zählt auch die Verwendung der großen Feststoffbooster.
Daher verwundert das erste Referenzdesign, welches die NASA entwickelt hat, nicht weiter. Es handelt sich im Prinzip um die Schwerlast-Rakete aus dem Constellation-Programm, eine abgespeckte Ares V. Das SLS besteht daher aus 2 bereits weit entwickelten Fünf-Segment-Feststoff-Boostern, einer Hauptstufe die aus dem Shuttle-Programm abgeleitet ist und einer noch zu entwickelnden Oberstufe mit ebenfalls in der Entwicklung befindlichen J2X-Triebwerken. Letztere sind eine Weiterentwicklung des Oberstufentriebwerkes aus der Saturn-V-Rakete.
Als weiterer Geldfresser entpuppen sich mittlerweile auch die Ausläufer des eigentlich gestoppten Constellation-Programmes. Sollte der Kongress nicht intervenieren und die bisherigen Verträge nicht geändert oder aufgelöst werden können, dann könnte Ende 2011 ein erheblicher Posten von 575 Millionen US-Dollar für ein eigentlich abgebrochenes Programm auf dem Papier stehen.
Als Crew Vehikel soll das Orion-Raumschiff dienen, ebenfalls aus dem Constellation-Programm. Nun fragt man sich zu Recht, warum man auf Messers Schneide eine Schwerlastrakete entwickeln sollte, wenn dann am Ende eventuell die Gelder für entsprechende Nutzlasten fehlen. Deswegen sagt die NASA auch, dass sie zusätzlich noch weitere Alternativen prüft. Aber offenbar ist man zu sehr eingeschränkt worden mit den Anforderungen des Kongresses, unbedingt Shuttle-Komponenten weiter zu verwenden. Eine neue Rakete, beginnend mit einem weißen Blatt Papier, wird es nach bisheriger Sachlage aber nicht geben.
Scharfe Kritik auf die offenen Worte der NASA gab es prompt. Senator Bill Nelson aus Florida, selbst Besatzungsmitglied einer vergangenen Shuttle-Mission, fordert die NASA auf, die Pläne des Kongresses umzusetzen, innerhalb des Budgets und Zeitrahmens. Das sei nun die Pflicht der NASA.
Bis zum Frühjahr möchte man bei der NASA mit der Analyse der bisherigen Verträge für das Constellation- und Shuttle-Programm fertig sein, um eine mögliche Verwendung dieser für das neue Programm zu überprüfen. Als technisch günstigere Alternative steht eigentlich nur ein „Sidemount-Konzept“ zur Verfügung. Bei dieser Variante wird die Nutzlast wie beim Space Shuttle seitlich am Tank befestigt. Schon in den vergangenen Jahrzehnten wurde diese Möglichkeit immer mal wieder verfolgt, aber nie umgesetzt.
John Logsdon, Weltraumpolitikanalyst, sagt: „Wenn Du wirklich versuchen willst, eine Basis für künftige Langzeitprogramme zu schaffen, dann ist dies ein sehr komischer Weg, es zu erreichen.“
Es bleibt weiter spannend. Zumindest bis Ende des Jahres sollen keine neuen Verträge für die neue Schwerlastrakete unterschrieben werden.
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