Die MARDI-Kamera

Die an der Unterseite des Marsrovers Curiosity befestigte MARDI-Kamera wird dessen Landung auf der Planetenoberfläche in HD-Qualität aufnehmen. Ein aus den Aufnahmen zusammengestelltes Video wird es anschließend erstmals ermöglichen, die Landung einer Raumsonde auf dem Mars mittels real erzeugter Bildern nachzuvollziehen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter

Die MARDI-Kamera wird den Abstieg des nächsten Marsrovers auf die Oberfläche dokumentieren. Ein Taschenmesser dient in dieser Aufnahme zum Größenvergleich.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Nach seiner Ankunft bei unserem äußeren Nachbarplaneten wird der Rover Curiosity ein mehrere Minuten andauerndes Abstiegsmanöver zur Marsoberfläche durchführen. Für dieses Landemanöver wurde Curiosity von der NASA mit einer speziellen Kamera, der „Mars Descent Imager“-Kamera (kurz „MARDI“), ausgerüstet, welche die letzte Phase des Landeanfluges bildlich dokumentieren soll. Hierzu beginnt die an der Unterseite des Rovers befestigte Kamera etwa zwei Minuten vor dem Aufsetzen des Rovers auf der Oberfläche des Mars aus einer Höhe von weniger als 3,7 Kilometern damit, pro Sekunde vier Farbbilder aufzunehmen.

Die ersten Bilder der Kamera werden dabei den unmittelbar zuvor abgesprengten Hitzeschild zeigen, welcher den Rover während des Eintritts in die Marsatmosphäre vor der auftretenden Reibungshitze schützt. Anschließend kommt langsam das angepeilte Landegebiet in Sicht. Auf den ersten Aufnahmen wird man dabei noch eine Fläche mit einer Ausdehnung von mehreren Quadratkilometern überblicken können. Die während des Abstiegs zur Planetenoberfläche aufgenommenen Bilder werden zeigen, dass der Landeanflug nicht ruhig verlaufen wird. Vielmehr wird der Rover wahrscheinlich zuerst rotieren und später hin und her pendeln, während er sich, erst an seinem Fallschirm schwebend und anschließend durch seine Bremsraketen abgebremst, der Oberfläche immer weiter nähert. Trotz einer Belichtungszeit von lediglich 1,3 Millisekunden pro Aufnahme werden daher vermutlich viele der von der MARDI-Kamera erzeugten Aufnahmen „verwackeln“.

Kurz vor dem Aufsetzen auf der Marsoberfläche wird Curiosity seine sechs Räder ausfahren. Während dieses Manövers wird das linke Vorderrad des Rovers in den Aufnahmebereich der MARDI-Kamera gelangen. Auf den Bildern wird zudem auch der Schatten von Curiosity zu erkennen sein, welcher sich – zunächst nur als winziger Punkt sichtbar und dann immer größer werdend – westlich des Rovers über die Oberfläche des Mars bewegt. Beim Aufsetzen werden der Schatten und der Rover schließlich miteinander verschmelzen und die Kamera zeigt nur noch einen etwa handtuchgroßen Ausschnitt der Marsoberfläche direkt unterhalb von Curiosity. Möglicherweise ziehen dabei auch noch einige Staubschwaden durch das Bild, welche unmittelbar zuvor von den Bremsraketen des Sky Cranes aufgewirbelt wurden.

Die MARDI-Kamera während eines bereits im Juni 2008 durchgeführten Tests im Reinraum der Firma Malin Space Science Systems in San Diego/Kalifornien.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Allerdings wird die interessierte Öffentlichkeit diese Bilder leider nicht „live“ mitverfolgen können, denn diese Aufnahmen der MARDI-Kamera werden erst nach der erfolgreichen Landung des Rovers an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Der Grund hierfür ist die zu geringe Datenübertragungsrate während der Landephase. Die begrenzten Kommunikations-Kapazitäten sollen vielmehr zur Übermittlung von Telemetriedaten genutzt werden, durch welche die Techniker und Ingenieure des JPL Einzelheiten über den aktuellen Zustand des Rovers während der Abstiegsphase erfahren. Daher werden alle von der MARDI-Kamera aufgenommenen Bilder zuerst in einem internen Flash-Speicher abgelegt und erst anschließend, abhängig von der Priorität der einzelnen MARDI-Aufnahmen, im Rahmen mehrerer Übertragungssequenzen an das Kontrollzentrum übermittelt.

„Wir werden die Bilder in mehreren Abschnitten erhalten“, so Michael C. Malin von der Firma Malin Space Science Systems (MSSS), welche die MARDI-Kamera entwickelt und gefertigt hat. „Zuerst werden wir dabei nur verkleinerte Versionen der Abstiegsbilder erhalten und nur einige ausgewählte Bilder werden über die volle Auflösung verfügen.“ Diese „Full Frame“-Aufnahmen werden dabei in erster Linie an das Kontrollzentrum übermittelt, um die Qualität der MARDI-Aufnahmen beurteilen zu können. Die verkleinerten Bilder verfügen dagegen lediglich über eine Auflösung von 200 x 150 Pixeln.

Nachfolgende Übertragungen werden dann weitere voll aufgelöste Aufnahmen beinhalten, welche mit Hilfe der zuerst übertragenen verkleinerten Bildversionen gezielt ausgesucht wurden. Bereits aus den verkleinerten Aufnahmen werden die Experten des JPL und der Firma MSSS allerdings ein Video erstellen können, welches in seiner Qualität mit einem gängigen „YouTube“-Video vergleichbar sein wird. Die endgültige HD-Version des Videos wird dagegen erst verfügbar sein, nachdem alle MARDI-Aufnahmen an das Kontrollzentrum übermittelt wurden. Abhängig von der Priorität anderer wissenschaftlicher und technischer Daten kann deren vollständige Übertragung jedoch mehrere Wochen oder sogar Monate andauern.

Ein animierter Vergleich der simulierten Bildauflösungen zwischen der MARDI-Kamera und der HiRISE-Kamera an Bord des Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter, welche eine Auflösung von maximal 25 Zentimetern pro Pixel erreichen kann. Das rechte Bild stellt eine Vergrößerung des mittleren Ausschnitts des linken Bildes dar.
(Bild: Malin Space Science Systems)

Allerdings ist die MARDI-Kamera nicht ausschließlich aus PR-Gründen ein Bestandteil der Curiosity-Mission. Vielmehr soll auch diese Kamera in erster Linie wissenschaftliche Aufgaben erfüllen. Anhand der während des Landeanfluges angefertigten Aufnahmen kann das Landegebiet von Curiosity von Anfang an mit einer sehr hoher räumlichen Auflösung erfasst werden, wodurch die an der Mission beteiligten Wissenschaftler wertvolle geologische und topografische Informationen über das Landegebiet und dessen unmittelbare Umgebung gewinnen werden.

Die an der Mission beteiligten Wissenschaftler können somit umgehend mit der Auswahl interessanter Forschungsobjekte auf der Oberfläche beginnen, zu denen der Rover in der Folgezeit gelenkt werden kann. Hunderte der während des Landeanfluges aufgenommenen Bilder werden bereits kurz nach dem Beginn der Aufnahmesequenz Oberflächenstrukturen auflösen, welche zu klein sind, um sie auf Aufnahmen zu erkennen, welche während der letzten Monate und Jahre aus dem Marsorbit heraus aufgenommen wurden. Selbst die HiRISE-Kamera an Bord des Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO), die leistungsfähigste Kamera, welche bisher von der Menschheit zum Mars geschickt wurde, kann aus einer Orbithöhe von etwa 300 Kilometern lediglich Strukturen auf der Marsoberfläche auflösen, die größer als etwa 26 Zentimeter sind.

„Jedes der 10 wissenschaftlichen Instrumente des Rovers spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg der Mission“, so John Grotzinger vom California Institute of Technology in Pasadena/USA, der wissenschaftliche Leiter der Curiosity-Mission. „MARDI gibt uns dabei einen Überblick über das Gelände rund um den Landeplatz und wird uns eventuelle Dinge zeigen, welche wir anschließend untersuchen können.“ Zusätzlich lässt sich mit Hilfe der Aufnahmen bereits kurz nach der Landung der exakte Landeort bis auf wenige Meter genau bestimmen noch bevor einer der Marsorbiter ein Bild von Curiosity auf der Planetenoberfläche aufnehmen und an die Erde übermitteln kann. „Wir werden bereits innerhalb von etwa einem Tag sagen können, an welchem exakten Punkt auf der Oberfläche sich Curiosity aufhält und was sich in der unmittelbaren Umgebung befindet“, so Michael C. Malin.

Des Weiteren werden die von MARDI aufgenommenen Bilder dazu dienen, in Kombination mit den Sensordaten des Rovers die Windgeschwindigkeiten in der Marsatmosphäre zu bestimmen und zu ermitteln, inwieweit diese Winde für eine horizontale oder vertikale Abdrift des Rovers beim Atmosphärenabstieg verantwortlich waren. Diese so gewonnenen Daten aus den unteren Schichten der Marsatmosphäre werden in die Planung zukünftiger Marslandungen einfließen. Der aus der Windabdrift resultierende leichte seitliche Versatz des Rovers während des Abstiegs wird es außerdem ermöglichen, aus den Bildern der MARDI-Kamera digitale Höhen- und Geländemodelle der Marsoberfläche im Bereich des Landegebietes von Curiosity zu erstellen.

Aber auch nach der Landung auf dem Mars wird die MARDI-Kamera weiterhin aktiv bleiben und den Boden direkt unterhalb von Curiosity im Blick behalten und dort befindliche Steine mit einer räumlichen Auflösung von lediglich 1,5 Millimetern pro Pixel abbilden. Diese Aufnahmen stellen in Kombination mit den Daten der anderen Instrumenten des Rovers einen wichtigen Beitrag für die geologischen Analysen des überquerten Geländes dar. Zusätzlich können die für die Steuerung von Curiosity verantwortlichen Roverdriver des JPL aus diesen Bildern wichtige Informationen über den Schlupf der Räder oder eine eventuelle seitliche Abdrift während einer Fahrt gewinnen. Bestimmt nicht nur für die interessierte Öffentlichkeit reizvoll ist zudem die sich hieraus ergebende Möglichkeit der Erstellung eines Videos, welches die Fahrt des Rovers über die Planetenoberfläche aus einer Entfernung von lediglich 66 Zentimetern Entfernung wiedergibt (diese 66 Zentimeter entsprechen der Bodenfreiheit der Unterseite des Rovers über der Planetenoberfläche).

Die MARDI-Kamera verfügt über ein Gewicht von 660 Gramm und benötigt im Betrieb eine elektrische Leistung von bis zu 10 Watt. MARDI ist mit einem CCD-Sensor mit 1600 x 1200 Pixeln ausgestattet und liefert damit – abhängig von der Entfernung zur Planetenoberfläche – eine Auflösung von 2.500 bis hinab zu 0,15 Zentimeter pro Pixel. Für die zwischenzeitliche Abspeicherung der einzelnen Farbbilder ist die Kamera mit einem Flash-Speicher ausgestattet, welcher über ein Fassungsvermögen von acht GB verfügt. In diesem Speicher können bis zu 4.000 Rohbilder der MARDI-Kamera abgelegt werden.

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