Die Koma des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko

Bereits seit dem August 2014 befindet sich die Raumsonde Rosetta in einer Umlaufbahn um den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko. Weitere Daten über dieses Relikt aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems liefern derzeit zudem verschiedene auf unserem Heimatplaneten stationierte Großteleskope, welche diesen Kometen ebenfalls im Blick haben. In den kommenden Monaten wird dieser Komet jedoch auch zunehmend in das Sichtfeld von Amateurastronomen gelangen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Gemini-Observatorium.

Gemini Observatory
Fünfzehn Einzelaufnahmen, jede davon über einen Zeitraum von 60 Sekunden belichtet, zeigen den Kometen 67P am 12. November 2014 nur wenige Stunden vor der Landung des Kometenlanders Philae.
(Bild: Gemini Observatory)

Die Kometen sind Überreste aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems, welche sich auf elliptischen Umlaufbahnen um die Sonne bewegen. Den Großteil ihrer Existenz fristen diese auch als ’schmutzige Schneebälle‘ bezeichneten Objekte fernab der Sonne als kalte, nahezu unveränderliche Brocken aus Eis, Staub und gefrorenen Gasen. Erst wenn sich ein Komet auf seiner langgezogenen Umlaufbahn der Sonne bis auf eine Entfernung von etwa fünf Astronomischen Einheiten – dies entspricht in etwa 750 Millionen Kilometern – nähert, setzt eine zunächst langsam ablaufende ‚Verwandlung‘ ein.

Aufgrund der jetzt immer weiter steigenden Temperaturen sublimieren die leichtflüchtigen Bestandteile des Kometenkerns – in erster Linie handelt es sich dabei um gefrorenes Wasser, Kohlenstoffdioxid, Methan und Ammoniak – und entweichen mit Geschwindigkeiten von bis zu einigen hundert Metern in der Sekunde in das umgebende Weltall. Dabei reißen diese freigesetzten Gase regelrechte Fontänen aus Staub mit sich. Diese Teilchen formen zunächst eine Koma, welche den Kometenkern vollständig einhüllt. Aus dieser Kometenkoma entwickelt sich aufgrund des von der Sonne ausgehenden Strahlungsdrucks anschließend auch ein „Schweif“, welcher den Kometen ihr charakteristisches Aussehen verleiht.

Allerdings sind die dabei ablaufenden Prozesse längst noch nicht bis ins letzte Detail verstanden. Welche Faktoren setzen diesen Ausstoß von Gas und Staub in Gang? Wie entwickelt sich die Aktivität? Und welche Prozesse auf der Oberfläche und im Inneren des Kometenkerns spielen dabei welche Rolle? Antworten auf diese Fragen erhoffen sich die Planetenforscher durch die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Rosetta.
Die Kometensonde Rosetta
Nach einem mehr als zehn Jahre andauernden Flug durch unser Sonnensystem erreichte die Raumsonde Rosetta am 6. August 2014 das Ziel ihrer Reise – den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (der Einfachheit halber ab hier als „67P“ abgekürzt). Seitdem ‚begleitet‘ Rosetta diesen Kometen auf seinem weiteren Weg in das innere Sonnensystem und untersucht dieses Relikt aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems dabei intensiv mit elf wissenschaftlichen Instrumenten.

Gemini Observatory
Eine Animation der weiter oben gezeigten Einzelaufnahmen zeigt die Bewegung des Kometen 67P vor dem Hintergrund des Sternhimmels.
(Bild: Gemini Observatory)

Am 12. November 2014 erreichte schließlich auch der von Rosetta mitgeführte Kometenlander Philae die Oberfläche des Kometen 67P. Dort kam Philae schließlich nach einer dreifachen Landung an einem ungeplanten Standort zum Stehen, welcher aufgrund der dort gegebenen Beleuchtungsverhältnisse allerdings keine Möglichkeit bot, die begrenzten Energiereserven zu erneuern. Trotzdem konnte der Lander – mit der Energie aus seiner auf eine Einsatzdauer von etwa 60 Stunden ausgelegten Primärbatterie versorgt – in den folgenden Stunden mit seinen zehn Instrumenten eine Vielzahl an Messungen durchführen, bevor er sich in einen vermutlich bis zum Frühjahr 2015 andauernden „Schlafmodus“ versetzte.

Erdbasierte Beobachtungen
Allerdings wird 67P gegenwärtig nicht nur durch die Raumsonde Rosetta beobachtet. Auch diverse auf unserem Heimatplaneten stationierte Großteleskope haben den Kometen derzeit fest im Blick (Raumfahrer.net berichtete). Eines dieser Teleskope ist am Gemini-South-Observatorium stationiert, welches sich auf dem Berg Cerro Pacón in den chilenischen Anden befindet.

Dieses Acht-Meter-Teleskop war am 12. November 2014 auf den Kometen 67P gerichtet und fertigte dabei – lediglich neun Stunden vor der Landung von Philae – im Rahmen einer 26 Minuten andauernden Beobachtungssequenz insgesamt 15 Einzelaufnahmen an, welche über einen Zeitraum von jeweils einer Minute belichtet wurden.

Gemini Observatory
Durch die Überlagerung der zuvor gezeigten 15 Einzelaufnahmen des Gemini-Süd-Observatoriums ergab sich dieses Bild des Kometen 67P. Hintergrundsterne erscheinen dabei unscharf und verzerrt, während der Komet zentriert dargestellt wird.
(Bild: Gemini Observatory)

Derartige aus großen Entfernungen gewonnene Aufnahmen können zwar keine geologischen Details auf der Oberfläche des Kometen enthüllen, sind aber trotzdem von großer wissenschaftlicher Bedeutung, da hierdurch die aktuelle Ausdehnung der den Kometen umgebenden Koma und die dadurch ableitbare Aktivität des Kometen dokumentiert werden kann. Auf lange Sicht ergeben sich dabei Einblicke in die auf einem Kometen ablaufenden Prozesse, welche bei der allmählichen Annäherung an das innere Sonnensystem ablaufen. Diese großskaligen Daten werden dazu in eine Verbindung zu den Daten gesetzt, welche die Raumsonde Rosetta derzeit aus Entfernungen von nur wenigen Dutzend Kilometern zu der Kometenoberfläche sammelt.

„Durch derartige vergleichende Studien können wir den gesamten Kometen aus unterschiedlichen Entfernungen untersuchen“, so Dr. Colin Snodgrass von dem in Göttingen beheimateten Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS). Speziell die Veränderungen in der Verteilung und Verbreitung der vom Kern des Kometen ausgehenden Staubpartikel und Gasmoleküle sind dabei von besonderem wissenschaftlichen Interesse.

Die von dem Gemini-South-Teleskop angefertigten Aufnahmen zeigen, dass die Koma von 67P am 12. November 2014 über eine Ausdehnung von mindestens 12.000 Kilometern verfügte. Weitere Aufnahmen von diesem und anderen Teleskopen, so die Planungen der Astronomen, sollen die zwischenzeitlich erfolgende weitere Ausdehnung dieser Koma dokumentieren.

„Amateurastronomen“ sind gefragt
Hierbei werden in den kommenden Monaten auch die mit einem auf die Beobachtung von Kometen spezialisierten Equipment ausgerüsteten Amateurastronomen eine immer bedeutende Rolle einnehmen. Beobachtungszeiten an professionellen Großteleskopen sind rar gesät, extrem teuer und müssen zudem im Normalfall mit einer langen Vorlaufzeit angekündigt und ‚gebucht‘ werden. Amateurastronomen sind in dieser Beziehung deutlich flexibler und können dabei trotz ihres bescheideneren Equipments trotzdem wissenschaftlich wertvolle Beiträge liefern.

Der Komet 67P wird sich der Sonne bis zum Sommer 2015 immer weiter annähern und dadurch bedingt auch eine immer größer werdenden Helligkeit erreichen. Zugleich bewegt sich der Komet dabei – von der Erde aus betrachtet – auch immer weiter in die Bereiche der nördlichen Himmelshemisphäre und kann somit von auf der nördlichen Erdhalbkugel gelegenen Beobachtungsstandorten aus immer besser betrachtet werden. Dadurch bedingt wird 67P in den kommenden Monaten ein Himmelsobjekt darstellen, welches auch von in Europa oder Nordamerika beheimateten Amateurastronomen ohne größere Probleme ‚erreicht‘ werden kann. Einen Beitrag über die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten finden Sie in diesem Blog-Eintrag der ESA zur Rosetta-Mission.

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