Die ISS weicht Weltraumschrott aus

In dieser Woche hatte die Langzeitbesatzung 27 hauptsächlich Wartungs- und Forschungsaufgaben zu bewältigen. Weiterhin wurden erste Vorbereitungen auf die STS-134-Mission der Endeavour vorgenommen und einige Probleme bearbeitet. Heute morgen musste die Internationale Raumstation außerplanmäßig einigen Trümmerteilen ausweichen. (Newsbild: ATV 2 am Heck der ISS ist bereit)

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Raumfahrer.net, ESA. Vertont von Peter Rittinger.

NASA
Catherine Coleman arbeitet im Kibo-Modul
(Bild: NASA)

Nachdem am Montag, dem 28. März, das HTV 2 erfolgreich ausgesetzt wurde, gab es einige Tätigkeiten der Nachbereitung. So fuhren Paolo Nespoli und Catherine Coleman die Systeme der Arbeitstationen des Stationsarms in Cupola und Destiny herunter, deinstallierten ein DCP-Kabel sowie die Foto- und Videoausrüstung. Erst am Tag darauf verstaute Catherine Coleman die Kommandokonsole des Transporters, da das japanische Kontrollzentrum in Tsukuba einen neuen Transponder während der Abreise von HTV 2 überprüfen wollte. Am gleichen Tag, nach den morgendlichen Planungskonferenzen mit der Bodenkontrolle, richtete sie eine erste Testreihe des NANOSKELETON-2-Experimentes im Kibo-Modul ein. Dieses in der Zellbiologie-Vorrichtung durchgeführte JAXA-Experiment dient der Erforschung des Einflusses der Schwerkraft auf den Ölfluss plus die Ablagerung und Verbindung von Kristallen in der Schwerelosigkeit.

Auf der russischen Seite arbeitete Dmitri Kondratjew lange Zeit an der Wasserreinigungsanlage, er ersetzte dort routinemäßig einige Bauteile. Weiter betreute er die beiden Experimente RUSALKA und RELAXATION. Ersteres dient der Ermittlung des Methan- und Kohlenstoffdioxidgehaltes der Erde aus der Ferne, wobei auch eine Kamera und verschiedene Geräte zum Einsatz kamen. Bei RELAXATION, womit man Strahlenmuster der Erdionosphäre beobachtet, werden mit einem UV-Spektrometer die chemolumineszenten Reaktionen im Xenon-Plasma studiert, welche von Zündungen zweier Plasma-Kontaktor-Elemente am Z1-Gittersegment herrühren. Anschließend traf sich die Besatzung mit ihrem Kommandanten, um ein zweieinhalb Stunden dauerndes Onboard-Notfalltraining durchzuführen. Dabei geht es hauptsächlich um den Fall eines schnellen Druckverlustes im amerikanischen oder russischen Segment und die jeweiligen Verantwortlichkeiten der drei Besatzungsmitglieder. Die Ergebnisse wurden mit den Spezialisten am Boden besprochen und ausgewertet. Im Laufe des Tages entfernte Dmitri Kondratjew spezielle Thermalschutzkleidung aus Sojus-TMA 20 und verstaute sie im russischen Stationsteil. Diese Kleidung wird standardmäßig in den Rückkehrkapseln mitgeführt, falls eine Notevakuierung und Landung im Winter nötig würde.

ESA
Paolo Nespoli trainierte vor einigen Wochen auf dem Fahrradergometer CEVIS in Destiny.
(Bild: ESA)

Im Wochenverlauf nahmen Paolo Nespoli und Catherine Coleman an einer Live-Schaltung zur Abschlussfeier der „Mission X: Trainieren wie ein Astronaut“ im Astronautenzentrum (EAC) in Köln teil. Bei dieser Mission, wobei ESA-Astronaut Paolo Nespoli als Botschafter fungierte, ging es darum, Kindern und Schülern die Themen Gesundheit, Wohlergehen und Ernährung näher zu bringen. Initiiert durch die ESA und mehrere nationale Raumfahrtbehörden haben Kinder aus neun Ländern ab Januar 2011 mehrere Wochen lang gesunde und aktive Lebensweisen erlernt. Gruppen von Schülern (8-12 Jahre alt) studierten Grundsätze vom gesunden Essen, übten wissenschaftliches Denken und Zusammenarbeit. Dazu sollten sie an Schulungen mit praktischer Ausbildung teilnehmen, um Kraft, Ausdauer, Koordination, Gleichgewicht und Raumbewusstsein zu trainieren. Bei all diesen Aktivitäten konkurrierten sie um Punkte mit anderen Gruppen und sollten sich von den Perspektiven der Raumfahrt leiten lassen. Beide Astronauten gratulierten 100 anwesenden deutschen Schülern, aber auch insgesamt 3.800 Kindern weltweit zu ihrem Erfolg. An dem Programm beteiligten sich auch andere Astronauten aus den USA, Japan und Europa mit persönlichen Erfahrungsberichten.

Vorbereitend auf die geplante STS-134-Mission der Endeavour im April, begann Paolo Nespoli damit, die benötigten Ausrüstungsgegenstände und Frachtanteile zum Rücktransport zusammenzustellen. Insgesamt sind elf Stunden für Packarbeiten im Rahmen der Frachtrückführung durch STS 134 geplant. Ein Großteil der Fracht wird sich in sogenannten CTBs (Cargo Transfer Bags) befinden und wurde zwischenzeitlich im Harmony-Knoten gestaut. Catherine Coleman befand sich derweil in der Luftschleuse Quest. Dort arbeitet sie an den US-Raumanzügen, wobei sie Batterien lud, die Funkausrüstung prüfte, Helme tauschte, die Wassertanks der Anzüge entleerte und wieder befüllte. In den nächsten beiden Wochen sind täglich weitere zwei Stunden eingeplant, vorbereitende Arbeiten zu STS 134 durchzuführen. Dabei werden auch die Werkzeuge für Außeneinsätze gesichtet sowie Wartungs- und Kontrollarbeiten an den US-Raumanzügen durchgeführt.

NASA
Die Toiletten- und Hygiene-Abteilung WHC im US-Segment
(Bild: NASA)

In dieser Woche gab es erneut ein Problem mit der Toiletten- und Hygiene-Abteilung WHC (Waste & Hygiene Compartment) im amerikanischen Segment. Mehrere Versuche der Besatzung den Spülwassertank zu befüllen, schlugen fehl. Entsprechende Daten zeigten an, dass es eine Verstopfung zwischen Tank und dem Wasserliefersystem gibt. Im Moment ist allerdings noch genügend Spülwasser im System und einen Reparaturversuch wird es am kommenden Montag geben. Sollte dieser scheitern, wird die NASA eine Anfrage starten, die Toilette im russischen Segment benutzen zu dürfen. Das in der letzten Woche stillgelegte Fahrradergometer CEVIS konnte bisher nicht wieder in Betrieb gehen. Die Mannschaft führte daher eine Audio/Video Aufzeichnung bei einem Test des Gerätes durch. Die Techniker am Boden erhoffen sich davon eine Identifizierung des ORU (Orbital Replacement Unit), welches die Geräusche verursacht haben könnte.

Heute morgen musste die ISS wegen einer möglichen Gefährdung durch Weltraumschrott ein Ausweichmanöver durchführen. Seit vorgestern beobachteten die Bodenstationen Trümmerstücke, welche aus der Kollision eines russischen Satelliten Kosmos 2.251 mit dem Iridium-33-Satelliten im Februar 2009 hervorgegangen sind und die Station in einer Entfernung von zehn Kilometern passieren könnten. Gestern Abend entschloss man sich, ein DAM (Debris Avoidance Maneuver) genanntes Manöver durchzuführen und informierte die Besatzung der ISS. Während der Schlafperiode der drei Raumfahrer wurden die Triebwerke von ATV 2 um 04:36 Uhr MESZ gezündet. Das Delta-v betrug dabei 0,5 Meter pro Sekunde, die Triebwerke des Swesda-Moduls übernahmen die Gier- und Nick-Kontrolle und Progress-M 09M sorgte für die Kontrolle des Rollens. Um Schwingen an der Station vor dem DAM zu vermeiden, wurde ein geplanter Effizienztest der russischen Solarpanele abgesagt.

Mittlere Bahnhöhe der ISS am 30.03.2011: 352,0 km bei einem Höhenverlust von 205 Metern in den letzten 24 Stunden

Zukünftige Ereignisse:

  • 07. April, Sojus-TMA 21 erreicht die ISS
  • 21. April, Endeavour erreicht die ISS (geplant)

Raumcon:

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