Eines der auffälligeren Merkmale der Marsoberfläche sind die dort an vielen Orten befindlichen dunklen Sanddünen. Durch die Untersuchung vergleichbarer Dünen auf der Erde erhofft man sich Rückschlüsse auf die Entwicklungsgeschichte unseres Nachbarplaneten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2010, DLR.
Sanddünen finden sich an vielen Stellen auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten. Wie auch auf der Erde gehen ihre Entstehung und Form dabei auf die Einwirkung des Windes zurück. Besonders häufig lassen sich dabei Dünen mit einer auffallend dunklen Farbe erkennen. Diese „Dunklen Dünen“ stellen einen Großteil der äolischen, also durch Windeinflüsse entstandenen, Oberflächenformationen auf dem Mars dar. Mit Hilfe von spektroskopischen Messungen aus dem Marsorbit heraus kann die mineralogische Zusammensetzung der Dünen ermittelt werden. Hierzu empfängt ein Spektrometer, welches sich an Bord von einer den Mars umlaufenden Raumsonde befindet, das von der Planetenoberfläche reflektierte Licht. Die Wissenschaftler werten anschließend aus, wie viel Licht von der Marsoberfläche in welchen Wellenbereichen absorbiert wurde, und können aus den so gewonnenen Daten ableiten, aus welchen Mineralen sich die Oberfläche zusammensetzt.
Die Analysen haben bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sich die dunklen Dünen des Mars in erster Linie aus vulkanischer Asche und stark zerkleinertem vulkanischen Ergussgestein zusammensetzen, wobei es sich in erster Linie um Basaltgestein handelt. Ihre mineralogische Zusammensetzung zeigt das Vorhandensein der Minerale Olivin und Pyroxen, welche sich während des Abkühlungsprozesses der frisch ausgetretenen Vulkanlava gebildet haben. Aufgrund dieser Zusammensetzung werden die dunklen Dünen auch als dunkle, basaltische Dünen bezeichnet.
Auch auf der Erde finden sich vergleichbare dunkle Dünenfelder, auch wenn sie hier bedeutend seltener anzutreffen sind als auf dem Mars. Sie treten speziell in vulkanischen Regionen auf Grönland, auf Island, in den westlichen Gebieten der USA, in Peru und auf Hawaii auf. Laut früherer Analysen besteht das Material, aus welchem sich die dunklen Dünen in der Ka’u-Wüste auf Hawaii zusammensetzt, aus vulkanischer Asche und zerkleinertem pyroklastischen Material, welche ihren Ursprung im benachbarten Kilauea-Vulkan haben. Aufgrund der vergleichbaren Zusammensetzung und der in beiden Fällen gegebenen Verbindung von vulkanischer Aktivität und Dünenbildung stellen die Dünen der Ka’u-Wüste somit einen adäquaten Vergleich zu den dunklen Dünen des Mars dar. Ein genauerer Vergleich der dunklen Dünen auf Hawaii mit entsprechenden Dünen auf dem Mars sollte daher auch weitere Rückschlüsse auf die Entwicklungsgeschichte des Mars ermöglichen, so die Annahme der Wissenschaftler.
Dr. Daniela Tirsch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) begab sich deshalb im Sommer 2009 zu einer Feldstudie in die Ka’u-Wüste auf Hawaii und sammelte dort an verschiedenen Stellen Bodenproben von dunklen Dünen, welche jeweils über andere Oberflächenstrukturen und einen unterschiedlichen Bewuchs mit Vegetation verfügten. Das gesammelte Dünenmaterial wies eine dunkelgraue Farbe auf und bestand aus fein- bis grobkörnigem Sand. Nach der Entnahme wurden die Bodenproben in einem Labor des DLR mit verschiedenen Methoden ausgewertet und analysiert. Unter anderem wurden sie dazu mit einem ASD-Spektrometer untersucht, um einen Einblick in deren mineralogische Zusammensetzung zu gewinnen. Zusätzlich wurden Ascheproben von einem im Jahr 2008 erfolgten Ausbruch des Kilauea in die Untersuchungen einbezogen.
Im Anschluss an diese Analysen erfolgte ein Vergleich der Messdaten von den irdischen Proben mit den Spektraldaten des OMEGA-Spektrometers an Bord des von der Europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Mars-Orbiters Mars Express, welches die dunklen Dünen auf dem Mars zuvor im Nah-Infrarotbereich abgebildet hatte. Die Zusammensetzung der terrestrischen Proben zeigt dabei eine ähnliche Komposition wie die Sanddünen auf dem Mars. Auch in den Proben aus der Ka’u-Wüste konnten die Minerale Olivin und Pyroxen nachgewiesen werden, wobei die Pyroxenabsorption allerdings deutlich weniger offensichtlich ausgeprägt ist. Dies ergibt sich aus einer Veränderung der Silikatmaterialien, welche durch Umwelteinflüsse bedingt sind. Genauere Analysen kamen zu dem Ergebnis, dass diese Veränderung durch den Einfluss von Wasser herbeigeführt wurde.
Die Gesamtheit der terrestrischen Spektren zeigt eine basaltische Zusammensetzung des Sandes, welche dem Material der dunklen Marsdünen ähnelt. Diese Ähnlichkeit wird als ein Hinweis darauf gedeutet, dass die dunklen Dünen auf der Erde und auf dem Mars einen ähnlichen vulkanischen Ursprung haben. Der wesentliche Unterschied in den Dünen besteht in deren unterschiedlichem Grad der Verwitterung. Terrestrische Dünen absorbieren Wasser aus Niederschlägen, was zu einer Veränderung des Materials führt. Da solche Niederschläge auf dem Mars seit Jahrmillionen nicht mehr stattfinden, erfolgt auch keine nennenswerte chemische Verwitterung des Sandes. „Aus dieser nicht erfolgten Verwitterung können wir ableiten, dass die dunklen Dünen auf dem Mars zu einem Zeitpunkt entstanden sind, als das Wasser bereits verschwunden war“, so Dr. Tirsch zur Bedeutung der Untersuchungsergebnisse.
Durch weitere Analysen wollen die Wissenschaftler den eigentlichen Entstehungsprozess der Dünen entschlüsseln. Dazu sollen in erster Linie Größe und Form der einzelnen Sandkörner untersucht werden. Durch die Bestimmung der Größe kann eventuell der genaue Transportmechanismus nachvollzogen werden, welcher die einzelnen Körner an bestimmte Orte verfrachtet und dort zu Dünen anhäuft. Bisherige Vermutungen gehen dabei in die Richtung, dass das meiste Material in der Ka’u-Wüste durch äolische Prozesse, also durch den Einfluss von Wind, zu Dünen abgelagert wurde. Abflussrinnen in der Ka’u-Wüste legen allerdings auch den Einfluss von Wasser bei dem zugrunde liegenden Transportmechanismus nahe.
Die Anzahl der abgerundeten Sandkörner, welche durch Mikroskopanalysen zu bestimmen ist, wird einen Einblick darauf geben, in welchem Umfang dieser alternative Transportmechanismus zur Bildung der Ka’u-Dünen beigetragen hat. Mit diesen Mikroskopbildern wird auch die exakte Konzentration der individuellen Elemente der einzelnen Minerale noch näher bestimmt werden können. Die sich daraus ergebenden Resultate sollen in Zukunft dazu genutzt werden, die Spektraldaten der Marsorbiter zu überprüfen und deren Messungen noch weiter zu präzisieren.
Die hier kurz angerissenen Forschungsergebnisse wurden heute im Rahmen des diesjährigen European Planetary and Science Congress (EPSC 2010) in Rom vorgestellt.
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