Die erste Schwerkraftuntersuchung der Antarktis, die anhand von Daten der NASA/DLR-Mission Grace durchgeführt wurde, zeigt, dass die Masse des Eispanzers zwischen 2002 und 2005 merklich abgenommen hat.
Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: NASA/JPL. Vertont von Dominik Mayer.
Isabella Velicogna und John Wahr, beide von der University of Colorado, leiteten die Studie. Sie demonstrieren erstmals, dass der antarktische Eispanzer seit 2002 kleiner geworden ist. Der Masseverlust entspricht einem Anstieg des Meeresspiegels um 1,2 Millimeter. Das sind 13 Prozent der in diesem Zeitraum gemessenen Anhebung des Meeresspiegels. Der Eisverlust betrug jährlich durchschnittlich 152 Kubikkilometer zwischen April 2002 und August 2005.
Das entspricht in etwa dem Frischwasserverbrauch der USA innerhalb von drei Monaten. Der größte Teil des Masseverlustes betraf den Eispanzer der westlichen Antarktis.
„Die Antarktis ist der größte Frischwasserspeicher der Erde“, sagte Velicogna. Die Mission Grace ist einzigartig in ihrer Fähigkeit, die Masse ganzer Eispanzer zu messen und festzustellen, wie sich die Masseverteilung auf der Erde verändert. Da die Eispanzer eine unsichere Größe bei der Bestimmung von zukünftigen Schwankungen des Meeresspiegels sind, sind die Ergebnisse dieser Mission besonders wichtig, nicht zuletzt wegen ihrer wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Mit der Zeit werden weitere Messreihen der Grace-Mission zur Verfügung stehen, und damit können wir Aussagen über langfristigere Veränderungen der Schmelzrate der Antarktis machen.
Die Messungen der Veränderungen im Eispanzer der Antarktis sind aufgrund ihrer Größe und Komplexität schwierig. Grace löst dieses Problem durch die Messung des gesamten Kontinents. Grace beobachtet zudem das Massenverhältnis zwischen dem Inneren der Antarktis und ihren Küstengebieten.
Für frühere Schätzungen wurden verschiedene Techniken angewandt, jede mit eigenen Einschränkungen, Unsicherheiten und unfähig, die Gesamtheit des Eispanzers zu erfassen. Auch Studien, die Ergebnisse verschiedener Messungen kombinierten, wie zum Beispiel die Untersuchung des Intergovernmental Panel on Climate Change, fehlten Daten von wichtigen Regionen.
„Die Kombination von Grace-Daten mit denen anderer Instrumente wie dem Ice, Cloud and Land Elevation Satellite, Radar- und Höhenmessungen, die für die Vermessung einzelner Gletscher besser geeignet sind, sollte unser Verständnis verbessern für die Prozesse, welche die Veränderungen im Eispanzer steuern“, sagte Velicogna.
Der Masseverlust der Antarktis konnte gemessen werden, weil die beiden identischen Grace-Satelliten winzigste Veränderungen des Schwerkraftfeldes der Erde messen können. Massebewegungen von Eis, Wasser, Luft und Erdboden sind Spiegelbilder von Wetter, Klimawandel und sogar Erdbeben. Um diese Veränderungen zu verfolgen, misst Grace die winzigen Messunterschiede im Mikronbereich zwischen den beiden Satelliten, die 220 Kilometer voneinander entfernt fliegen.