Der Strahlungsdetektor RAD

Nach seiner Landung auf dem Mars am 6. August 2012 soll der von der NASA betriebene Rover Curiosity sein Landegebiet, den Marskrater Gale, über einen Zeitraum von mindestens zwei Erdjahren mit seinen 10 wissenschaftlichen Instrumenten ausführlich untersuchen und dabei ermitteln, ob auf unseren Nachbarplaneten einstmals Bedingungen geherrscht haben, welche die Entstehung und Weiterentwicklung von Leben ermöglicht haben könnten. Aber bereits auf dem Flug zum Mars wurden für zukünftigen Marsmissionen wichtige Daten gesammelt.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter

Der Strahlungsdetektor RAD soll auf dem Mars unter anderem die Strahlungsdosis ermitteln, der zukünftige Raumfahrer auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten ausgesetzt sein werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Nach seiner Landung auf dem Mars wird der Rover Curiosity unseren Nachbarplaneten über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren mit seinen insgesamt 10 wissenschaftlichen Instrumenten ausführlich untersuchen und dabei diverse Daten sammeln. Dadurch erhoffen sich die an der Mission beteiligten Wissenschaftler unter anderem neue Erkenntnisse darüber, ob auf dem Mars einstmals „lebensfreundliche“ Bedingungen herrschten, welche die Entstehung von mikrobiologische Lebensformen ermöglichten und ob es vielleicht sogar denkbar ist, dass die aktuellen Bedingungen auf dem Mars auch noch in der Gegenwart die Existenz solcher Lebensformen ermöglichen könnten.

Eines der dabei zum Einsatz kommenden Instrumente ist ein Strahlungsdetektor mit der Bezeichnung „Radiation Assessment Detector“ (kurz „RAD“). Die Aufgabe dieses unter anderem an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel entwickelten Instrumentes besteht darin, auf dem Mars die in der Planetenatmosphäre und auf der Oberfläche auftretende Strahlung zu ermitteln. Im Gegensatz zur Erde verfügt der Mars über kein relevantes Magnetfeld, welches den Planeten ausreichend vor dieser Strahlung abschirmen könnte, so dass die aus dem Weltall einfallende Strahlung die ungeschützte Planetenoberfläche nahezu vollständig erreicht.

Diese die Marsatmosphäre durchdringende Strahlung besteht zum einen aus der galaktischen kosmischen Strahlung (GCR), welche ihren Ursprung außerhalb unseres Sonnensystems hat und zum Beispiel durch Sternexplosionen – sogenannte Supernovas – freigesetzt wird. Zum anderen besteht sie aus der solaren Strahlung, die bei bestimmten physikalischen Prozessen auf der Sonne freigesetzt wird. Diese Sonnenwinde sind auf der Erde unter anderem für die Entstehung der Polarlichter verantwortlich. Des weiteren beinhaltet die den Mars treffende Strahlung eine sekundäre Strahlungskomponente, welche durch eine Wechselwirkung der galaktischen Strahlung und der solaren Strahlung mit der Marsatmosphäre und der Oberfläche des Planeten entsteht.

Die teleskopähnliche Öffnung des lediglich 1.560 Gramm wiegenden und 10,3 x 12,2 x 20,4 Zentimeter abmessenden RAD-Instrumentes ist auf der vorderen linken Oberseite von Curiositys Roverdeck platziert und fängt die einfallende Strahlung in einem Messfeld von 65 Grad ein. Hierbei kommen drei siliziumbasierte Sensoren und zwei Szintillatoren zum Einsatz. Für den Betrieb benötigt das Instrument eine elektrische Leistung von 4,2 Watt.

Über die Bedeutung der vorgesehenen Messungen auf dem Mars äußert sich Prof. Dr. Robert Wimmer-Schweingruber vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Kiel folgendermaßen: „Das ist besonders wichtig, um bestimmen zu können, in welcher Bodentiefe eventuell frühere Lebensformen die unwirtliche Strahlungsumgebung des Mars überlebt haben oder überleben könnten.“ Anhand der Resultate kann so kalkuliert werden, ab welcher Tiefe unter der Marsoberfläche eine Suche nach mikrobischen Lebensformen oder deren Überresten sinnvoll ist.

Mit dem RAD sollen hochenergetische atomare und subatomare Partikel, speziell die Röntgen- und Gammastrahlung, sowie Neutronen und geladene Teilchen (Ionen und Elektronen), detektiert werden. Mit den so ermittelten Strahlungswerten lassen sich auch die bisherigen Modelle über die Wechselwirkungen der Strahlung mit der Marsatmosphäre und der Planetenoberfläche überprüfen. Dies ist wichtig, um Aussagen darüber zu tätigen, in welchem Grad die auf die Marsoberfläche auftreffende Strahlung für die Erosion der dort befindlichen Böden und Gesteine verantwortlich ist.

Die RAD-Messungen werden allerdings nicht ausschließlich bei der Beantwortung der Frage hilfreich sein, ob in der Gegenwart Mikroben auf dem Mars existieren könnten oder inwieweit die einfallende Stahlung zu einer chemischen Veränderung der Planetenoberfläche führt. Vielmehr dienen die zu gewinnenden Daten auch der Planung einer zukünftigen bemannten Mission zu unserem äußeren Nachbarplaneten. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen so auch dazu genutzt werden, um die zu erwartenden Strahlungsdosen zu ermitteln, denen die Raumfahrer bei zukünftigen Marsmissionen auf der Planetenoberfläche ausgesetzt sein werden. Hierfür wird RAD nach der Landung von Curiosity – abhängig vom aktuellen Energiestatus des Rovers – stündlich für etwa 15 Minuten aktiv sein und entsprechende Messungen vornehmen.

Der RAD-Strahlungsdetektor in einem Labor des JPL.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Allerdings beginnt die Messungen der Strahlungswerte nicht erst nach der erfolgreichen Landung des Rovers auf dem Mars. Vielmehr nutzten die an dem Instrument beteiligten Wissenschaftler bereits den etwa neun Monate dauernden Flug zum Mars, um Daten zu sammeln. Dabei sollen Daten über die Strahlungsmenge und die sich ergebende Intensität gesammelt werden, der interplanetare Raumfahrer auf dem Weg zum Mars ausgesetzt sein werden.

„Das RAD ist [in der Missionsphase des Fluges zum Mars] vergleichbar mit einem Stellvertreter für einen Astronauten in einem Raumschiff auf dem Weg zum Mars“, so die Erklärung von Dr. Donald Hassler vom Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado, dem für das RAD-Instrument verantwortlichen Wissenschaftler. „Das Gerät befindet sich tief im Inneren der Raumsonde, vergleichbar mit der Position eines Astronauten bei einer bemannten Mission. Zu sehen, wie die Raumsonde das Strahlungsfeld beeinflusst, wird uns wichtige Informationen darüber liefern, wie man ein Raumschiff für eine zukünftige Reise zum Mars am besten konstruieren muss.“

Bisher hatten die Wissenschaftler diese im freien Weltall auftretende hochenergetische Partikelstrahlung ausschließlich mit Instrumenten messen können, welche unmittelbar an oder nahe der Außenhaut von diversen Raumsonden angebracht waren. Das RAD-Instrument wird dagegen auf dem Flug zum Mars durch verschiedenen Komponenten der Cruise Stage von der direkten Einwirkung der Weltraumstrahlung abgeschirmt. Solche Abschirmungen könnten aber eventuell auch die Entstehung von sekundären Strahlungspartikeln begünstigen, welche sich bilden könnten, sobald Partikel der kosmischen Strahlung mit der Hülle der Raumsonde kollidieren. Diese Sekundärpartikel, so die Einschätzung der Fachleute vom JPL, sind für die Crew einer bemannten Mission unter Umständen gefährlicher als die ursprünglich auftretenden Strahlungsteilchen.

Das RAD-Instrument nahm den Betrieb bereits am 6. Dezember 2011 auf und ist das einzige Instrument von Curiosity, welches bereits während des Hinfluges zum Mars wissenschaftliche Daten liefert. Hierbei wurden alle 24 Stunden wissenschaftliche Daten des Instruments an das in Pasadena/Kalifornien befindliche Kontrollzentrum der Mission übermittelt. Seit der Aktivierung des RAD wurde die Cruise Stage von Curiosity mehrmals von den Ausläufern von Sonnenstürmen getroffen. Die dabei auftretenden Teilchenschauer konnten mit dem Instrument eindeutig nachgewiesen werden. „Die ersten Datenpakete von RAD sehen vielversprechend aus“, so Dr. Donald Hassler. „Wir erkennen darin einen starken Fluss an Strahlung, welcher etwa vier mal höher ausfällt als die Strahlung, welche von dem RTG [der atomaren Energiequelle des Rovers] auf der Startrampe erzeugt wurde. Es ist sehr aufregend, den Beginn der wissenschaftlichen Mission des Rovers mitzuerleben.“

Die Sammlung von wissenschaftlichen Daten durch das RAD-Instrument während der Cruise-Phase zum Mars dauerte bis zum 13. Juli 2012 an. An diesem Tag wurde das Instrument – wie bereits zuvor vorgesehen – vorerst deaktiviert, da der Zeitpunkt der Landung Curiositys immer näher rückte und verschiedene Software-Updates an den Rover übermittelt werden mussten. Nach einer erforderlichen Konfiguration der RAD-Betriebssoftware wird das Instrument den erneuten wissenschaftlichen Betrieb erst nach der erfolgreichen Landung auf dem Mars wieder aufnehmen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist als Partner der NASA an der Curiosity-Mission beteiligt. Es förderte die Entwicklung der Sensoreinheit des RAD-Instruments an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR in Köln. Die Entwicklung der Sensoren erfolgte dabei in enger Kooperation mit der in München ansässigen Firma Kayser-Threde. Die Entwicklung wurde zudem durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Die finanzielle Gesamtsumme des Kieler Projektes beläuft sich auf rund 1,3 Millionen Euro. Für die Entwicklung der Elektronikeinheit von RAD war dagegen das Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder, Colorado verantwortlich.

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