Der Staubschleier von NGC 6357

Eine kürzlich von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt den Emissionsnebel NGC 6357. Auf der Infrarotaufnahme ist eine Vielzahl von leuchtenden Gaswolken in der Umgebung junger Sterne zu erkennen, welche rankenartig von dunklem Staubschleiern durchzogen werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, VVV Survey, D. Minniti. Acknowledgement: Ignacio Toledo
Die aktuelle Aufnahme des VISTA zeigt den Emissionsnebel NGC 6357 im infraroten Licht.
(Bild: ESO, VVV Survey, D. Minniti. Acknowledgement: Ignacio Toledo)

Der in einer Entfernung von etwa 8.000 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem im Sternbild Skorpion gelegene Emissionsnebel NGC 6357 wurde am 8. Juni 1837 von dem englischen Astronomen John Herschel entdeckt. Wegen seines Erscheinungsbildes im sichtbaren Spektralbereich des Lichts wird dieser Nebel gelegentlich auch als „Hummernebel“ bezeichnet. In dieser Himmelsregion befinden sich gewaltigen Gaswolken, welche rankenartig von dunklen Staubkonzentrationen durchzogen sind und in deren Inneren sich gerade neue Sterne bilden. Diese sehr jungen und massereichen Sterne strahlen im sichtbaren Spektralbereich in einem blau-weißlich Licht.

Die bereits am vergangenen Mittwoch von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme wurde aus Daten des VISTA-Teleskops, so die Kurzbezeichnung für das „Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy“, der ESO am Paranal-Observatorium in Chile erstellt. Der abgebildete Himmelsbereich zeigt einen kleinen Ausschnitt des Himmelsdurchmusterungsprojektes „VISTA Variables in the Vía Láctea“ (kurz „VVV“).

Bei dem VISTA-Teleskop handelt es sich um das derzeit größte und leistungsfähigste für Himmelsdurchmusterungen zur Verfügung stehende Teleskop. Es wird speziell für die Beobachtung des Himmels im infraroten Spektralbereich eingesetzt. Die VVV-Durchmusterung ist der Zentralregion unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, und einem Teilbereich der galaktischen Ebene gewidmet. Die im Rahmen dieser Kartografierung entstehenden Datensätze werden den Astronomen helfen, mehr über den Ursprung, die frühen Entwicklungsstadien und die Struktur unserer Heimatgalaxie in Erfahrung zu bringen.

Davide De Martin (ESA/Hubble), ESA/ESO/NASA Photoshop FITS Liberator & Digitized Sky Survey 2
Bei dieser Aufnahme von NGC 6357 handelt es sich um ein Mehrfarben-Komposit aus Daten des Digitized Sky Survey (DSS). Das Gesichtsfeld beträgt 3,8 x 3,3 Grad.
(Bild: Davide De Martin (ESA/Hubble), ESA/ESO/NASA Photoshop FITS Liberator & Digitized Sky Survey 2)

Teilbereiche von NGC 6357 wurden in der Vergangenheit bereits eingehend unter anderem mit dem Hubble-Weltraumteleskop oder dem Very Large Telescope (VLT) der ESO im sichtbaren Licht abgebildet. Durch die Infrarotbeobachtungen mit dem VISTA-Teleskop können jedoch auch Details enthüllt werden, welche auf Bildern, die im sichtbaren Licht aufgenommen wurden, unsichtbar bleiben. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das zu beobachtende Objekt sehr kalt oder von dichten Staubschleiern verdeckt ist.

Letzteres trifft auf NGC 6357 zu. Die Aufnahmen im sichtbaren Lichtspektrum zeigen einen breiten Strom aus Gas und feinen Staubpartikeln, welcher das Licht der dahinterliegenden Objekte weitgehend absorbiert. Dieser kosmische Staub, welcher noch „feiner“ ist als sein irdisches Pedant, besteht überwiegend aus Silikaten, Graphit und Wassereis. Diese Bestandteile wurden von früheren Sternengenerationen erzeugt und ins Weltall geblasen.

Ein Vergleich der früheren Beobachtungen mit dem neuen Infrarotbild offenbart den Astronomen dabei erstaunliche Unterschiede. Im Infraroten erscheinen die großen, rötlichen Wolken des Emissionsnebels wesentlich weniger auffällig als im sichtbaren Lichtbereich. Dafür sind auf den Infrarotaufnahmen eine Vielzahl von Ranken aus Gas und Staub erkennbar, welche sich von den leuchtenden Gaswolken in der Umgebung der heißen jungen Sterne ausgehend in verschiedene Richtungen erstrecken.

ESO, VVV Survey, Digitized Sky Survey 2, D. Minniti. Acknowledgement: Ignacio Toledo
Die linke Aufnahme zeigt NGC 6357 im sichtbaren Licht. Rechts die vergleichende VISTA-Aufnahme im Infrarotbereich.
(Bild: ESO, VVV Survey, Digitized Sky Survey 2, D. Minniti. Acknowledgement: Ignacio Toledo)

Im Inneren von NGC 6357 befindet sich der erst im Jahr 1959 entdeckte offene Sternhaufen Pismis 24. Die Mitglieder dieses Sternhaufens haben sich vermutlich alle zur gleichen Zeit vor erst wenigen Millionen Jahren aus der gleichen Gas- und Staubwolke gebildet, aus der sich der Emissionsnebel zusammensetzt. Die von den Sternen ausgehende intensive Ultraviolettstrahlung hat im Gas und Staub der Umgebung seltsame Hohlräume entstehen lassen.

Einer der hellen, jungen Sterne dieses Sternhaufens trägt die Bezeichnung Pismis 24-1 und galt eine Zeit lang als der massereichste bekannte Stern überhaupt. Anhand von Aufnahmen mit dem Hubble-Weltraumteleskop konnte jedoch mittlerweile ermittelt werden, dass es sich bei diesem Objekt um mindestens drei hellen Einzelsterne handelt, von denen jeder etwa 70 bis 100 Sonnenmassen aufweist. Aber auch damit gehören diese drei Einzelsterne immer noch zu den massereichsten Sternen in unserer Milchstraße.

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